Ein ägyptischer Mönch hat den Mord an einem Bischof gestanden. Die Bluttat offenbart innere Zerwürfnisse in der sonst sehr verschlossenen Koptischen Kirche des Landes.

Kairo - Das düstere Geschehen könnte aus einem der Thriller von Dan Brown stammen. Früh am Morgen legt sich der Mörder im Kloster auf die Lauer. Dreimal schlägt er mit einer Eisenstange zu, als das ahnungslose Opfer auf dem Weg zum Sonntagsgottesdienst vorbeikommt. Doch die Szene stammt nicht aus einem Buch – das Verbrechen erschüttert gerade die Koptische Kirche Ägyptens in ihren Grundfesten.

 

Das Opfer ist der 64-Jährige Abt des Makarios-Klosters. Einige Mönche fanden Bischof Epiphanius mit zertrümmertem Schädel in einer Blutlache. Die Polizei ist sich sicher, dass ein weiterer Mönch der Täter ist. Die Ermittler sagen, Bruder Isaiah habe das Verbrechen gestanden. Sein Motiv? Darüber schweigen Justiz und Kirchenführung weitgehend. Die Staatsanwaltschaft erklärte lediglich, der Festgenommene habe von „Differenzen“ mit dem Ordenschef gesprochen.

Der Beschuldigte stand im Konflikt mit dem Bischof

Das Makarios-Kloster ist eine der ältesten Gründungen der Koptischen Kirche und liegt mit drei weiteren in der Oase Wadi Natrun 90 Kilometer nördlich der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Die Ordenshäuser waren Anfang der sechziger Jahre nahezu verwaist. Unter dem koptischen Papst Shenouda III., der bis zu seinem Tod 2012 gut 40 Jahre an der Spitze der Kirche stand, erlebte das Mönchtum eine fulminante Renaissance. Heute leben in der Oase wieder rund 1000 Mönche, in ganz Ägypten sind es etwa 2000. Der Getötete stammte aus der Stadt Tanta im Nil-Delta, studierte Medizin und gehörte mehr als 30 Jahren zum Kloster Makarios, wo ihn seine 140 Mitbrüder 2013 zum Abt wählten. Drei Jahre später wurde er zum Bischof geweiht.

Die Ermittlungen zum Tod von Bischof Epiphanius ergaben, dass er seinen späteren Mörder im Februar aus dem Kloster verbannen wollte. Isaiah habe sich den üblichen Arbeiten verweigert und Stimmung gegen die Ordensleitung gemacht, lauteten die Vorwürfe. Der Beschuldigte jedoch konnte einige Klosterbrüder überreden, für ihn zu intervenieren und gelobte Besserung, so dass der Rauswurf zunächst unterblieb. Im Juli jedoch geriet er erneut mit seinem Oberen in Konflikt, was offenbar die Bluttat auslöste.

Mönche müssen Internet-Accounts schließen

Der Mord ist weit mehr als ein schreckliches Einzelereignis. Er brachte gravierende Defizite bei der Klosterdisziplin ans Tageslicht genauso wie innere Zerwürfnisse, die die nach außen verschwiegene Koptische Kirche offenbar seit Jahren plagen. Als Konsequenz verfügte Papst Tawadros II. für sämtliche Klöster einen Aufnahmestopp. Alle Mönche müssen ihre Internet-Accounts schließen und bisher unabhängige Wüstenklöster sich der Kirchenleitung unterstellen.

In seiner Trauerpredigt sprach der Patriarch erstmals die Spaltung der Koptischen Kirche an, die fast schon Züge der Gehorsamsverweigerung gegenüber dem Papst trägt. Die alte Garde seines Vorgängers überzieht im Internet reformoffene Kleriker, zu denen der jetzige Papst und der ermordete Bischof gehören, mit einem Dauerfeuer der Kritik. Streitpunkte sind unter anderem Pläne, mit den westlichen Kirchen gemeinsame Termine für Weihnachten und Ostern zu verabreden und die Einigung mit Papst Franziskus, die Taufen von Katholiken und Kopten gegenseitig anzuerkennen.

Die Traditionalisten nennen sich „Beschützer des Glaubens“ und werfen Tawadros II. und dessen Gefolge vor, sie setzten die Grundsätze des Glauben aufs Spiel. Am Sarg von Epiphanius trat das Kirchenoberhaupt nun seinen Widersachern entgegen und sagte: „Der christliche Glaube wird vom Herrn bewacht und braucht keine anderen Beschützer.“