Die ITK-Branche in Deutschland wächst nur halb so kräftig wie in den USA. Warum das so ist, zeigt eine aktuellen Studie des Branchenverbands Bitkom.

München - Informationstechnologie und Telekommunikation (ITK) haben ihre Rolle als Taktgeber des deutschen Wirtschaftswachstums verloren. Zwar sollen die Umsätze der Zukunftsbranche dieses Jahr um 1,7 Prozent und 2017 um weitere 1,2 Prozent auf gut 162 Milliarden Euro zulegen, sagt deren Verband Bitkom voraus. Das entspricht aber nur den prognostizierten Wachstumsraten für die gesamte deutsche Wirtschaft, räumte Bitkom-Chef Thorsten Dirks zur Präsentation von Branchendaten ein.

 

Klar wurde dabei, dass die Branche zweigeteilt ist. Auf der einen Seite stehen Boombereiche. So soll der Absatz mit Software-Produkten hierzulande 2016 um gut sechs Prozent auf rund 22 Milliarden Euro zulegen. Rückläufige Erlöse müssen aber Netzbetreiber und Hersteller von Smartphones (minus 1,5 Prozent auf 10,4 Milliarden Euro) verkraften. Bei Mobiltelefonen geht das auf Preisverfall zurück, während die Branche nach Stückzahlen weiter wächst. Angespannter ist die Lage von Telefonica (Marke O2), Deutscher Telekom & Co. Die Netzbetreiber leiden zum einen unter sinkenden Preisen für ihre Dienste.

Breitbandziele sieht Bitkom nicht in Gefahr

Auf das Gesamtjahr 2016 gerechnet scheinen die dafür vom Bitkom errechneten minus 0,3 Prozent auf rund 49 Milliarden Euro nicht dramatisch. Aber zum einen sagt der Verband für 2017 hier einen doppelt so starken Rückgang von 0,6 Prozent voraus, auch weil die Politik im Mobilfunk EU-weit Roaminggebühren abgeschafft hat. Zum anderen müssen die Diensteanbieter hierzulande viele Milliarden in den Breitbandausbau investieren. Deutsche Telekom & Co werden so in einen Spagat aus sinkenden Einnahmen und steigenden Ausgaben gezwungen, stellte Dirks klar.

Als Telefonica-Deutschlandchef mit der hierzulande marktführenden Marke O2 weiß er Manager aus eigenem Erleben, wovon er spricht. Die Breitbandziele der Bundesregierung sieht er dennoch nicht in Gefahr. Allen deutschen Haushalten sollen demnach im Internet 2018 Übertragungsraten von minimal 50 Megabit pro Sekunde zur Verfügung stehen. „Das schaffen wir mit großer Sicherheit“, beruhigt Dirks. Andererseits könne das nur eine Etappe sein, stellte er klar. Schon heute seien vielerorts bis zu achtfach höhere Übertragungsraten üblich.

Deutschland droht, abgehängt zu werden

Zudem wachse die ITK-Branche getrieben von Digitalisierung in Wettbewerbswirtschaften wie den USA aktuell doppelt so schnell. Deutschland droht, abgehängt zu werden. „Wir brauchen mehr Investitionen in die digitalen Technologien, wenn die digitale Transformation gelingen soll“, betonte Dirks. So sei speziell die öffentliche Verwaltung in Deutschland„analog, unvernetzt und ineffizient, eher 1996 als 2016“, kritisierte er. Statt eine beispielgebende Vorreiterrolle zu übernehmen, erweise sie sich als Hemmschuh.

Seitens der Wirtschaft sei vor allem der heimische Mittelstand digital noch zu zögerlich. Hier erkennt der Bitkom Eigenverantwortung und sucht nun Kontakt mit Mittelständlern, um sie von Segnungen der Digitalwirtschaft zu überzeugen. Sollte es gelingen, das hier schlummernde Potential zu wecken, dürfte das auch den Arbeitsmarkt stimulieren.

Trotz verhaltenem Wachstum baut die ITK-Branche dieses Jahr hierzulande mindestens 20.000 Hightech-Stellen auf, erklärte Dirks. Damit wären dort 1,03 Millionen Menschen beschäftigt. Das ist kaum weniger als im Maschinenbau, der beschäftigungsintensivsten Industrie Deutschlands. Auch die viel gerühmte Automobilindustrie kommt hierzulande „nur“ auf rund 700.000 Beschäftigte. Um auch künftig genug Personal zu haben, sei es aber unter anderem nötig, Informatik als Pflichtfach ab der 5. Klasse einzuführen und schon Schulanfängern Englisch zu lehren, fordert der Bitkom.