Pegida geht in Dresden zum 200. Mall auf die Straße. Mit dabei ist auch Björn Höcke von der AfD. In seiner Partei spürt der nur noch wenig Gegenwind - obwohl der Verfassungsschutz seinen „Flügel“ verdächtig findet.

Dresden/Erfurt - Für Björn Höcke läuft es im Moment richtig gut. Die Thüringer AfD-Landtagsfraktion steht geschlossen hinter ihm, dem Vorsitzenden. Nach der Landtagswahl bestätigten die 22 Abgeordneten den Mann aus Nordrhein-Westfalen einstimmig als Fraktionschef. Auch außerhalb von Thüringen finden sich kaum noch AfD-Funktionäre, die Lust haben, sich offen mit Höcke und seinem rechtsnationalen „Flügel“ anzulegen. Eine der wenigen Ausnahmen ist Frank-Christian Hansel, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, der sich mit Inbrunst an Höcke abarbeitet.

 

Thüringen-Coup brachte Höcke Respekt ein

Dass der Thüringer AfD-Chef jetzt einer Einladung von Pegida-Organisator Lutz Bachmann gefolgt ist, ärgert zwar einige Parteifreunde - darunter auch Hamburger Wahlkämpfer. Viel Gegenwind gibt es aber nicht. Das liegt vor allem daran, dass Höckes Schachzug bei der Ministerpräsidenten-Wahl in Erfurt vielen AfD-Politiker Respekt abgenötigt hat. Und zwar auch solchen, die sich vom völkischen Pathos seiner Reden sonst eher abgestoßen fühlen.

Dass die AfD bei der Wahl des Regierungschefs von Thüringen Anfang Februar erst einen eigenen parteilosen Kandidaten aufstellte, um dann - für die anderen Fraktionen wohl überraschend - ihre Stimmen dem FDP-Politiker Thomas Kemmerich zu geben, mögen andere für destruktiv halten. In der AfD kam diese Aktion, die heftige Stürme in CDU und FDP nach sich zog, sehr gut an. „Wir gratulieren der AfD Thüringen zu ihrem umsichtigen politischen Verhalten“, sagte Parteichef Tino Chrupalla. Vor diesem Hintergrund kann sich Höcke einen Auftritt bei den selbst ernannten „Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes“ leisten, ohne größeren Ärger befürchten zu müssen.

Höcke-Besuch ist für Pegida ein Geschenk

Für die islamfeindliche Pegida-Bewegung ist Höckes Besuch in Dresden, der bundesweite Aufmerksamkeit verspricht, ein Geschenk. Denn mehr als fünf Jahre nach ihrer Gründung hat die Bewegung viel an Zuspruch eingebüßt. In Dresden stoßen die Kundgebungen, die nicht mehr jeden Montag stattfinden, nur noch gelegentlich auf zählbares Interesse. Anderswo ist die Bewegung komplett eingeschlafen. Für viele Anhänger ist die Luft offenbar raus.

Zum fünften Geburtstag von Pegida im vergangenen Herbst hatte der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer die Bewegung als „Stammtisch auf der Straße“ charakterisiert. Er sagt, Pegida sei zu einem „Ritual verkommen“, das sich verselbstständigt habe. Die Bedeutung der Bewegung sei dramatisch gesunken, der Fokus liege nun auf der AfD. Ihren Höhepunkt hatte Pegida am 12. Januar 2015 erreicht. Damals kamen 25 000 Anhänger in der Innenstadt von Dresden zusammen.

Höcke, der auch Parteivorsitzender in Thüringen ist, hat immer wieder deutlich gemacht, dass er die ausländerfeindliche Pegida-Bewegung schätzt. 2016 sagte er in einer Parteitagsrede: „Ohne sie wäre die AfD nicht, wo sie ist. Ich sage danke.“

Mehr Applaus bei Hetze

Bachmann hat nach der Spaltung des ursprünglichen Pegida- Organisationsteams einen strammen Rechtskurs eingeschlagen. Den meisten Applaus erhalten er und seine Gesinnungsgenossen, wenn ordentlich gehetzt wird. Vieles ähnelt einer Inszenierung. Wenn ein Redner auf die Medien zu sprechen kommt, kommt von den Anhängern als Echo „Lügenpresse“ zurück. Wird Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwähnt, ertönt der Ruf „Volksverräter“. Das war auch so, als Höcke im Mai 2018 erstmals bei Pegida in Dresden zu Gast war. Von den Anhängern wurde er damals wie ein Heilsbringer gefeiert, obwohl sich viele vom Thüringer AfD-Rechtsaußen wohl mehr Deftiges erwartet hatten.

Höcke rechnete damals mit Merkel ab, ohne ihren Namen nennen zu wollen: „Sie ist nicht würdig, und sie ist es nicht wert, dass wir ihren Namen aussprechen“, sagte er. Das allerdings stellte die Pegida-Anhänger vor eine schwierige Situation. Denn der „Merkel-muss-weg“- Sprechchor ist nun einmal ihr Lieblingsspruch.