Das Ausweichquartier für die Landwirtschaftliche Schule in der Vaihinger Industriestraße, das zu Ostern bezogen werden sollte, entspricht nicht den Brandschutzanforderungen. Jetzt muss nachgerüstet werden – und das dauert.

Stuttgart - Neue Hiobsbotschaft für die landwirtschaftliche Schule: der angepeilte Teilumzug der Berufsschule in städtischer Trägerschaft, ohnehin bereits um Monate verzögert, verschiebt sich erneut. Der Grund: die als Ersatz für die mittlerweile geräumten Außenstellen der Schule im Raum Plieningen/Hohenheim ins Auge gefasste Gewerbeimmobilie an der Vaihinger Industriestraße ist brandschutztechnisch nicht für einen Schulbetrieb ausgelegt und müsste mit erheblichem finanziellem Aufwand nachgerüstet werden. Davon betroffen ist auch die dort bereits untergebrachte Altenpflegeschule, die zum städtischen Eigenbetrieb Leben und Wohnen gehört.

 

Jetzt ist erst einmal guter Rat teuer – zumal andere in Frage kommende Standorte wie etwa die Technische Oberschule oder das Gebäude der früheren Hedwig-Dohm-Schule inzwischen anderweitig belegt sind. „Wir prüfen, ob und wie wir das Gebäude Industriestraße 28 brandschutztechnisch ertüchtigen können“, so Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) auf Anfrage der StZ. Klar ist aber schon jetzt: mit dem für Ostern angepeilten Umzugstermin aus Hohenheim nach Vaihingen wird es nichts – und das Vorhaben kostet die Stadt deutlich mehr Geld als bisher veranschlagt.

Zur Erinnerung: im Juli 2015 hatte eine deutliche Gemeinderatsmehrheit aus CDU, Grünen, SPD und Freien Wählern gegen den Willen von Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) beschlossen, die Räume in Vaihingen für die landwirtschaftliche Schule anzumieten. Schon damals hatte Eisenmann dezidiert auf Risiken bei der Baugenehmigung und beim Brandschutz hingewiesen, war aber von der Ratsmehrheit ausgekontert worden. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, so CDU-Stadträtin Iris Ripsam damals.

OB-Büro: Gebäude ist für Schulnutzung nicht geeignet

Noch vor der Entscheidung hatten Ripsam sowie ihre Stadtratskolleginnen Marita Gröger (SPD), Anna Deparnay-Grunenberg (Grüne) und Rose von Stein (Freie Wähler) eigenmächtig Verhandlungen mit einem Vertreter des Vermieters und einem beauftragten Makler aufgenommen, um Fakten zu schaffen. Das trug dem Damenquartett wenig später einen Rüffel von OB Fritz Kuhn (Grüne) ein. In einem Schreiben an die Stadträtinnen ließ der Rathauschef wenige Wochen später verlauten, es gehöre nach der Gemeindeordnung „nicht zu den Aufgaben von Stadträten, Mietvertragsverhandlungen mit Eigentümern oder Maklern zu führen“. Dies obliege allein der Verwaltung. Kuhn kritisierte, dass damit in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt worden sei, das Gebäude könne problemlos und sofort umgebaut werden.

Das ist, wie die Prüfung der städtischen Baubehörden ergab, definitiv nicht der Fall. „Die Annahme, man könne eine Schule in das Gebäude bringen, da ja schon die Altenpflegeschule dort drin ist, war falsch“, heißt es in einer Mail aus dem OB-Büro an die Fraktionen.Das gelte rückwirkend auch für die Altenpflegeschule, die ohne baurechtliche Genehmigung in dem Gebäude residiere. Der Umbau der Räume zu Klassenzimmern mache eine Brandmeldeanlage für das gesamte Gebäude sowie den Einbau zusätzlicher Fluchtwege unumgänglich. Den Maßnahmen müssen freilich zunächst auch die Nachbarn der Schulen zustimmen – vom Vermieter ganz zu schweigen.

Kosten- und Zeitplan für Umzug nicht mehr haltbar

Schulbürgermeisterin Eisenmann erklärte ebenfalls auf Anfrage der StZ, es bedürfe eines grundsätzlichen Brandschutzkonzepts für das Gebäude, von dem auch andere Mieter betroffen seien. Notwendig sei nach der Arbeitsstättenverordnung in jedem Fall der Bau neuer Außentreppen, da die bestehenden Wendeltreppen im Brandfall als Fluchtweg für die rund 600 Berufsschüler (landwirtschaftliche Schule und Altenpflegeschule zusammengerechnet) nicht ausreichend dimensioniert seien.

Die Stadt warte seit etwa einem Monat vergeblich auf eine Rückmeldung des Eigentümers, so Eisenmann. Unabhängig davon rechne sie – „bei optimalem Verlauf“ und das Einverständnis aller Betroffenen vorausgesetzt – für die Einreichung eines neuen Baugesuchs sowie Ausschreibung und Planung mit einer Zeitdauer von etwa einem halben Jahr. Bis dahin müsste die landwirtschaftliche Schule also mit den prekären Platzverhältnissen in Hohenheim nach dem Wegfall der Außenstellen klarkommen. Eines steht für Eisenmann schon fest: „Die eine Million Euro, die der Rat für die Planungen bewilligt hat, lässt sich nicht mehr halten.“

Die Altenpflegeschule darf in dem Gebäude weiter unterrichten, muss aber einen Bauantrag nachreichen und in den Brandschutz investieren. „Wir werden die notwendigen Maßnahmen aus unserem Budget finanzieren, ohne dass es zu Lasten anderer Einrichtungen geht“, sagt die Geschäftsführerin des Eigenbetriebs Leben und Wohnen, Sabine Bergmann-Dietz. Wo das Geld herkommen soll, sagt sie nicht.