Häufiges Frauenleiden Blasenentzündungen: Das bringt eine Impfung

Insbesondere Frauen leiden häufiger unter einer Blasenentzündung. Foto: KI/Midjourney/Montage: Sebastian Ruckaberle

Vor allem Frauen werden von Blasenentzündungen geplagt. Dabei gibt es Impfungen dagegen. Ein Experte erklärt, wann diese helfen und ob man die Harnwegsinfektion damit los wird.

Gesundheit für Menschen in Stuttgart: Carolin Klinger (klic)

Ein ständiger Druck auf der Blase und ein höllisches Brennen beim Wasserlassen – eine Blasenentzündung ist unangenehm und kann Betroffene mehrmals im Jahr heimsuchen. Ein Leiden, das vor allem Frauen betrifft. Im Interview gibt Bastian Amend, Chefarzt in der Urologischen Klinik der Kreiskliniken Reutlingen, Tipps zur Vorbeugung und verrät, wann eine Impfung sinnvoll sein könnte und was Patientinnen davon erwarten dürfen.

 

Viele Frauen leiden unter ständig wiederkehrenden Blasenentzündungen. Dabei gibt es Impfungen dagegen. Diese scheinen jedoch bei den Patientinnen eher unbekannt zu sein. Woran liegt das?

Die Impfungen sind genauer gesagt Immunstimulanzien. Sie funktionieren nicht wie Corona- oder Grippeimpfungen, sondern regen das Immunsystem an. Diese Impfungen sind auch nicht so etabliert, dass sie Kassenleistungen sind.

Impfungen gegen Blasenentzündung übernimmt die Krankenkasse nicht

Die Patientin muss die Impfung also selbst bezahlen?

Tatsächlich ist es so, dass die Kosten für Antibiotika, das bei Harnwegsinfektionen oft verschrieben wird, von gesetzlichen und privaten Krankenkassen übernommen werden, während alle Prophylaktika, die man vorbeugend nehmen kann, nicht übernommen werden. Das liegt daran, dass die Studienlage bei den Prophylaktika noch dünn ist, während es zu Antibiotika sehr professionelle Studien auf hohem wissenschaftlichem Niveau gibt. Es ist aber schon ein bisschen traurig, da es sinnvoll wäre, auf Antibiotika, wenn möglich, zu verzichten. Wenn ich Patienten berate, was sie vorbeugend tun können, muss ich ihnen also dazu sagen, dass sie das ein oder andere aus eigener Tasche bezahlen müssen.

Bastian Amend ist Chefarzt in der Urologischen Klinik der Kreiskliniken Reutlingen. Foto: Daniel Fischer

Raten Sie Betroffenen denn trotzdem zu den Impfungen?

Bei den unkomplizierten Harnwegsinfektionen ohne Vorerkrankungen, wie sie bei den meisten Patientinnen vorkommen, erkläre ich ihnen schon, was sie präventiv machen können. Allerdings wäre eine Impfung nicht der erste Schritt.

Frauen in den Wechseljahren sind häufiger betroffen

Was sind die ersten Schritte, wenn eine Patientin zu Ihnen kommt?

Zunächst muss ich herausfinden, ob die Person genügend trinkt. Man kann zwar nicht pauschal dazu raten, mehr zu trinken, weil beispielsweise eine ältere Frau mit einer Herzerkrankung nicht so viel schaffen würde. Doch bei den meisten Patientinnen ist es wichtig, dass sie ausreichend trinken. Eine zweite Möglichkeit, um einer Blasenentzündung vorzubeugen, wäre Mannose. Das ist im Prinzip ein Kohlenhydrat, also eigentlich ein Nahrungsergänzungspräparat und kein chemisches Medikament. Es wird mit dem Urin ausgeschieden und bindet die Bakterien an sich. Dadurch können sie nicht mehr an der Blasenwand anhaften. Ein weiterer Punkt, der besonders für ältere Patientinnen in den Wechseljahren relevant ist: Wenn das Östrogen im Körper sinkt, sind sie empfänglicher für Entzündungen. Da können eine Östrogensalbe oder Zäpfchen helfen.

Beim Thema Blasenentzündungen wird oft auch Cranberrysaft ins Spiel gebracht. Helfen die knallroten Beeren wirklich?

Cranberries gibt es auch in Kapseln oder Pulvern, die sind empfehlenswerter als der zuckerhaltige Saft. Es gibt Studien, die für eine Wirksamkeit sprechen und Studien, die dagegen sprechen. Aber das Risiko-Nutzen-Verhältnis ist gut, es hat keine großen Nebenwirkungen. Als Arzt versuche ich, alle Register zu ziehen, um meinen Patientinnen helfen zu können. Warum sollte ich es also nicht empfehlen.

Der nächste Schritt wären dann die Impfungen.

Genau, es gibt zwei Immuntherapeutika, die in Deutschland verfügbar sind. Dann wird in den Leitlinien noch ein weiteres aufgeführt, das in Deutschland keinen Vertrieb hab. Das könnte eine Apotheke jedoch gegebenenfalls trotzdem besorgen. Gängiger in Deutschland ist Uro Vaxom. Das ist eine Kapsel, in der abgetötete Coli-Bakterien enthalten sind, die dann im Darm ihre Wirkungen entfalten. Das heißt, das Immunsystem im Darm wird so sensibilisiert, dass es die Coli-Bakterien als fremd erkennt. Und verstärkt dann sozusagen die Antwort des Immunsystems im Bereich Harnblase und Harnwege. Man nimmt drei Monate lang täglich eine dieser Kapseln ein. Wenn man eine Reduktion der Entzündungen feststellt, kann man nach ein paar Monaten eine Boosterung machen, also noch einmal für einen bestimmten Zeitraum die Kapseln einnehmen.

Ist man dann die Blasenentzündung endgültig los?

Die Erwartungshaltung darf nicht zu hoch sein. Manche Patienten sind enttäuscht, wenn sie nach 14 Tagen wieder eine Entzündung haben. Aber erst nach den drei Monaten ist eine Verbesserung möglich. Wenn man sich die Verbesserungsraten in den Studien anschaut, liest man, dass es sich um 29 bis 60 Prozent verbessern kann. Das ist natürlich eine sehr große Bandbreite. Dass die Entzündungen ganz ausbleiben, passiert nur bei wenigen Patientinnen. Doch wenn jemand bisher sechs bis zehn Blasenentzündungen im Jahr hatte und nach der Einnahme von den Uro Vaxom-Kapseln nur noch zwei, wäre das auch schon ein Erfolg.

Außerdem gibt es noch eine zweite Möglichkeit?

Ja, es gibt noch die Impfung mit Stro Vac. Das ist eine klassische Injektion – drei Impfungen im Abstand von ein bis zwei Wochen, die bei gutem Ansprechen nach einem Jahr auch mit einer Booster-Impfung jährlich verbessert werden können.

Sind die beiden Impfungen von der Wirksamkeit her vergleichbar?

Das kann ich nicht seriös beantworten, weil es keine Studien gibt, die die Wirkstoffe miteinander vergleichen. Ich persönlich bin froh, dass ich aus einem Köcher schöpfen kann und verschiedene Möglichkeiten habe, die die Patientinnen ausprobieren können. Manche sprechen auf das eine besser an, manche auf das andere. Viele Patientinnen sind wirklich geplagt und sehr dankbar, wenn sie vorbeugend etwas gegen die wiederkehrenden Harnwegsinfektionen machen können.

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