Lehrer in Baden-Württemberg erhoffen sich von der Landesregierung ein Signal für ein langfristiges Bleiberecht der Roma aus dem Kosovo.

Tübingen - Die im Netzwerk rassismuskritische Migrationspädagogik zusammengeschlossenen Lehrer aus Baden-Württemberg setzen große Hoffnungen auf die grün-rote Landesregierung. "Von Baden-Württemberg dürfte ein Signal ausgehen, dem andere Landesregierungen folgen sollten", sagt Andreas Foitzik als Vertreter des Netzwerks, das seit 2009 besteht. Die Pädagogen lehnen die Abschiebung von Roma ab und fordern aus pädagogischen Gründen ein dauerhaftes Bleiberecht für langzeitgeduldete Familien.

 

Seit 2009 können Roma ins Kosovo abgeschoben werden. In Baden-Württemberg hat die Regierung die Abschiebung im August 2011 ausgesetzt. Sie wollte abwarten, bis sich der Petitionsausschuss des Landtags ein Bild vor Ort gemacht hat. Die Ausschussmitglieder sind inzwischen aus dem Kosovo zurück. Ihren Bericht haben sie noch nicht abgegeben. Danach steht jedoch eine endgültige Entscheidung an.

Teil der deutschen Gesellschaft

Das Netzwerk hofft auf Bleiberecht für die Roma. Die Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) hat Zeichen in diese Richtung gesendet. Bei der Präsentation ihrer Schwerpunkte für das Jahr 2012 kündigte sie unlängst einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik an. "Wir wollen weg vom bisherigen Leitmotiv der Abschreckung hin zu einer Aufnahme- und Unterbringungspraxis, die an den Bedürfnissen der Flüchtlinge ausgerichtet ist", erklärte Öney.

Ungeachtet der Erkenntnisse des Ausschusses haben die Pädagogen einen öffentlichen Aufruf gegen die Abschiebung gestartet. Roma im Kosovo seien diskriminiert, das wisse man auch ohne Landtagsvisite. Die Lehrer haben besonders die Kinder im Blick. "Für die meisten Kinder bedeutet die Abschiebung das Ende der Bildungskarriere", betont Foitzik. Nach Darstellung von Unicef ist für drei von vier Kindern von Minderheiten, die ins Kosovo zurückgeführt wurden, der Schulbesuch faktisch unmöglich.

Foitzik hebt hervor, Kinder und Jugendliche, die fast ihr komplettes Leben in Deutschland verbracht hätten, würden im Heimatland ihrer Eltern selten Fuß fassen. Sie hätten dort keine Perspektive. Vielmehr seien sie Teil der deutschen Gesellschaft. Foitzik verweist auf eine Familie aus Gomaringen, deren Abschiebung zwar nicht verhindert werden konnte, deren Kinder aber dank eines eigens gegründeten Unterstützerkreises nun zum Studium nach Sigmaringen zurückkehren konnten.

Seit zehn oder mehr Jahren in Deutschland

Ohne die Hilfe aus Gomaringen hätten sie im Kosovo nicht die Schule besuchen können, berichtet die Tochter. Im Südwesten leben nach Angaben des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg 9450 Menschen mit Duldung. 1200 von ihnen sind Roma, wiederum die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche. Etwa ein Drittel der Romafamilien lebt in Freiburg. In Tübingen sind 15 Familien mit 48 Kindern derzeit von der Abschiebung bedroht, sagte Angela Zaschka vom Asylzentrum Tübingen.

Viele der Roma sind bereits seit zehn und mehr Jahren in Deutschland. Sie hatten laut Flüchtlingsrat besonders unter den Kriegen im zerfallenden Jugoslawien zu leiden, in Deutschland erhielten sie aber keinen Flüchtlingsschutz, lediglich ihre Abschiebung wurde ausgesetzt. Dem Aufruf der Pädagogen haben sich neben dem Flüchtlingsrat auch die Gewerkschaften Verdi und GEW angeschlossen.