Noch bis Sonntag zeigen über 200 Aussteller aus dem In- und Ausland in der Stuttgarter Liederhalle neue Trends und innovative Ideen in Sachen Design, Mode und Schmuck.

Lokales: Sybille Neth (sne)
 

Stuttgart - Lässig auf dem Skateboard lümmeln – und das im durchaus gepflegten Wohnzimmer. Das macht Florian Bürkle möglich. Recycling und Zweckentfremdung werden großgeschrieben auf der 22. Blickfang-Messe in der Liederhalle. Bürkle hat in seinem Loungesessel gleich beides vereint. Der Stuttgarter reiht Skateboards aneinander, polstert sie und überspannt alles mit Leder: Fertig ist der Loungesessel. An das Ausgangsmaterial erinnern nur die gebogenen Seitenteile von Sitzfläche und Rückenlehne.

Bürkle ist einer der fünf „Locals“ bei der Messe, die von der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart unterstützt werden und hier die Chance haben, ihre innovativen Ideen dem Publikum vorzustellen. So wie Hannah Steinmetz, Philip Andris und Felix Fuchs. Alle drei studieren an der Kunstakademie Industriedesign und zeigen unter anderm Spieltische aus Beton. Auch Alexander Klein und Penghao Shan studieren an der Akademie und präsentieren Tische mit zierlichen Beinen aus Metallstreben.

Ebenfalls puristisch sind die Lampen des Quereinsteigers Robert Manner. „Ich bin eigentlich Industrieelektroniker“, sagt er. „Aber ein bisschen hat das ja immer noch damit zu tun.“ Zum Design kam er durch Zufall, und jetzt zeigt er bunte, pulverbeschichtete Lampenschirme, die dem Licht der Glühbirne fast nichts in den Weg stellen, weil sie nur aus einem Gerippe bestehen. Ebenfalls aus Stuttgart kommt der mit vielen Preisen ausgezeichnete Pino, alias Helge Ulrich. Er präsentiert biologisch abbaubares Geschirr aus Bambus. Das darf zwar in die Spülmaschine, nicht aber in die Mikrowelle – und wenn der Benutzer Lust auf Neues hat, kann das Bambusgeschirr auf den Kompost.

Umweltverträglichkeit und faire Produktionsbedingungen

Die Modedesigner, die wieder stark vertreten sind, achten auf Umweltverträglichkeit und faire Produktionsbedingungen. „Wir wollen hier nicht irgendetwas zeigen, sondern Dinge, die bei der Produktion und für die Umwelt etwas verbessern“, charakterisiert Blickfang-Geschäftsführerin Jennifer Reaves das Ziel, das hinter dem schönen Schein der Ausstellungsstücke steckt. Die fügt an: „Diese Nischenprodukte brauchen eine Messe wie die Blickfang, um ihr Publikum zu erreichen.“

Die Brüder Ramon und Raphael Büsser aus St. Gallen haben es schon geschafft, denn sechs Jahre nach Gründung ihres Labels sind sie mit ihren „Hemden für Helden und Heldinnen“ so weit, dass sie davon leben können. Auf der Blickfang zeigen sie als Neuheit Sonnenbrillen aus Bambusholz. Geschafft hat es dank seiner Präsenz auf den verschiedenen Blickfang-Messen auch der Küchendesigner Kilian Schindler. Vor zwei Jahren stellte er noch den Prototyp seiner Modulküchenmöbel auf Rollen vor und fand so einen Produzenten.

Bei der diesjährigen Messe rückt die Küche erstmals als Schwerpunkt in den Fokus, betont Projektleiterin Barbara Leippold. Küche und Kochen zeigen sich auf einer gesonderten Ausstellungsfläche: von der Möblierung über eine atemberaubende, fünf Meter lange Grillstation mit Spüle und Anrichtefläche aus Edelstahl bis zum Geschirrhandtuch mit dem aufgedruckten Bekenntnis: „Ich wasch’ eh lieber ab.“ Daneben Geschirr mit humorigem Schriftzug wie „Alles in Butter“ auf der Dose für eben diese. Auch das Essen kommt nicht zu kurz. Aus Mössingen bei Tübingen kommen die Lieferanten italienischer Feinkost, und aus Hamburg ist Simone Becker mit ihren dekorativ in Milchflaschen geschichteten Backmischungen zum Beispiel für Apfel-Cranberry-Kekse angereist.

Vor zwei Jahren hat sich die Messe bis in den Beethovensaal ausgedehnt. „Wir haben uns damit um 50 Prozent vergrößert“, rechnet Jennifer Reaves vor, und die Modedesignerin Anja Milli Monka aus München lobt das Stuttgarter Publikum. „Hier gibt es keine gestressten Schnäppchenjäger mit Rollkoffer, sondern hierher kommen wirklich interessierte Besucher“, sagt sie.