Das Kernkraftwerk Neckarwestheim geht am Samstag vom Netz. Das bringt Veränderungen mit sich.

Ludwigsburg: Andreas Hennings (hen)

Der 15. April 1989, dieser Samstag vor 34  Jahren ging auf tragischste Weise in die Geschichte ein: Mit der Hillsborough-Katastrophe im englischen Sheffield geschah eine Tragödie, bei der im Gedränge im völlig überfüllten Stadion 96 Fußballfans starben. Die meisten waren noch keine 30 Jahre alt. Über 750 Menschen wurden verletzt. Vor zwei Jahren erlag eine weitere Person den Langzeitfolgen. Bis heute wird in England Jahr für Jahr der Opfer gedacht und die Erinnerung hochgehalten. Der FC Liverpool erweitere sein Vereinswappen dafür eigens um den Titel „You’ll never walk alone“. Ein Lied, das dort seither umso mehr für Zusammenhalt und Hoffnung steht.

 

Abschaltung am Jahrestag

Derselbe, in England so tragische Tag war auch hier in der Region ein besonderer: Auf dem Gelände des Atomkraftwerks Neckarwestheim ging der Block II in Betrieb, zwölf Jahre nach Block I. 34 Jahre lang tat der Meiler seither zuverlässig seinen Dienst und produzierte Unmengen an Strom, allein 2022 knapp elf Milliarden Kilowattstunden – ehe er an diesem Samstag, just am Jahrestag seiner Inbetriebnahme, abgeschaltet wird. Mit den beiden anderen verbliebenen in Deutschland. Eine Ära endet.

Das Für und Wider des Atomausstiegs ist hinreichend diskutiert worden. Die einen befürchten, dass mehr Strom aus dem Ausland importiert werden muss, die anderen freuen sich über den Fortschritt bei der Energiewende. Für diesen Samstag, dem Tag der Abschaltung, laden Atomkraftgegner sogar zu einer Feier und Kundgebung beim Gelände des Atomkraftwerks ein.

Der Abbau dauert bis zu 15 Jahre

Wie auch immer man zu dem Thema steht: Es wird ein neuer, schöner Anblick sein, wenn aus dem Kühlturm in Neckarwestheim kein Wasserdampf mehr säulenartig in die Höhe steigen wird. Wenn ein wolkenfreier Himmel auch über dem nördlichen Kreis Ludwigsburg tatsächlich ein wolkenfreier Himmel sein wird. Dazu dürfte die Befürchtung, dass in Neckarwestheim einmal ein schlimmes Unglück passieren könnte, mit der Abschaltung nachlassen. Klar, „Tschüss Kernkraftwerk“ heißt es damit noch lange nicht. Der Abbau soll bis zu 15 Jahre dauern. Die Brennelemente müssen über Jahre gekühlt werden und ein Endlager für sie gibt es noch nicht – solange werden sie in Neckarwestheim bleiben.

Der 15. April 1989, er wird also auch hierzulande weiterhin nachhallen. Und gewissermaßen passt dazu auch der besagte Song „You’ll never walk alone“, der immer wieder in besonderen Situationen gespielt wird. 2020 etwa zeitgleich von Radiostationen in ganz Europa, als die Coronapandemie die Menschen zum Daheimbleiben verdammte. Besungen wird im Liedtext schließlich ein goldener Himmel, der kommen wird. Über Neckarwestheim bewahrheitet sich das jetzt.