Die Zahl der mit Aufnahmen aus den stationären Blitzern an der Autobahn 8 geahndeten Tempoverstöße ist 2015 ein Drittel niedriger als im Vorjahr ausgefallen. Dadurch wurden vier Millionen Euro weniger an Bußgeld eingenommen.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Es hat sich herumgesprochen: Zwischen dem Flughafen und Leonberg nehmen immer mehr Autofahrer den Fuß vom Gas. Dort stehen seit Sommer 2013 drei stationäre Blitzer, ein vierter kam im Mai 2015 dazu. Im Jahr 2015 wurden etwa ein Drittel weniger Tempoverstöße in diesem Bereich geahndet als im Jahr 2014, obwohl in acht Monaten mit vier statt drei Geräten wie im Vorjahr überwacht wurde. 561 176 Raser hatten 2014 eine Verwarnung oder einen Bußgeldbescheid erhalten, wenn sie an einer der Anlagen aufgenommen wurden. 2015 waren es 375 078.

 

„Man kann schon von einer gewissen Gewöhnung sprechen“, sagt Wilfried Schramm, der Leiter der zentralen Bußgeldstelle des Landes beim Regierungspräsidium Karlsruhe. Der Nebeneffekt – die gesunkenen Einnahmen – nehme man gern in Kauf, schließlich habe man die Anlagen aufgestellt, um einen der stauanfälligen und unfallträchtigsten Abschnitte der A 8 sicherer zu machen. Mehr als 7,1 Millionen Euro nahm das Land ein, 2014 waren es rund elf Millionen Euro.

Hauptunfallursachen: zu schnell und zu wenig Abstand

Der Trend, dass sich die Zahl der schweren Unfälle verringert, wenn die Geschwindigkeit überwacht wird, hatte sich Mitte 2015 bestätigt: Die Zahl war um 30 Prozent gesunken, als die Polizei im vergangenen Mai auf Anfrage der Stuttgarter Zeitung eine erste Auswertung der Zahlen veröffentlichte. Im Jahr 2015 ist die Zahl der Unfälle in diesem Bereich laut dem Innenministerium wieder gestiegen, von 501 (2014) auf 612, das sind 22 Prozent mehr. Eine Auswertung der Unfallursachen gibt es nicht. „Wir können aber sagen, dass auf der Autobahn die Unfallursachen zu geringer Abstand und zu hohe Geschwindigkeit gleichauf liegen“, sagt ein Sprecher des Innenministeriums. Beide Verstöße verursachten je zwischen 43 und 45 Prozent der Unfälle. Die meisten Verletzten gebe es bei Karambolagen, die wegen zu hoher Geschwindigkeit passierten.

Warum eine Anlage am Straßenrand steht, beschäftigt den Autofahrer, der erwischt wird, zunächst nicht so sehr wie die Auswirkungen auf den eigenen Geldbeutel. Dabei klingelt es nicht jedes Mal, wenn es blitzt, in der Staatskasse: Nur etwa die Hälfte der Fotos können verwertet werden. Laut der Behörde in Karlsruhe sei diese Quote normal, denn es gibt zahlreiche Faktoren, welche die Diskrepanz zwischen „Treffer“ und eingeleiteten Verfahren erklären. Die Quote lag im Jahr 2015 bei 48 Prozent, als nur knapp die Hälfte der Auslöser bescherte den Fahrern Post vom Amt.

Nicht jedes Foto zieht ein Verfahren nach sich

Bei ungeduldigen Fahrern liege es zum Beispiel nahe, dass sie nicht nur zu schnell fahren, sondern unterwegs auch langsamere beziehungsweise das Limit einhaltende Fahrer überholen. Wenn nun ein Fahrer just in dem Moment überholt, wenn er zu schnell an einem Blitzer vorbeifährt, dann schießen die Überwachungsanlagen von ihm zwei Fotos, so er mit dem Wagen je zur Hälfte auf einer Spur fährt. „Es lösen dann die Anlagen für beide Spuren aus, auf denen er in dem Moment fährt“, so Schramm.

Die Hitliste der gelöschten Treffer – die also nicht geahndet werden konnten – führen mit 35,5 Prozent die Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen an. Ausgenommen sind Raser aus Österreich, der Schweiz, Frankreich, Belgien und Luxemburg. Das Problem sei, dass die Schreiben ins Ausland in der Landessprache verfasst sein müssen. Da tue man sich bei manchen Sprachen leicht, aber beispielsweise bei Rumänisch komme das Team von der Bußgeldstelle an seine Grenzen. Auf Platz zwei der nicht verwertbaren Fotos liegen diejenigen, bei denen der Fahrer nicht erkennbar ist, weil er einen Gegenstand vorm Gesicht habe. Die jahrelang unter jungen, wilden Autofahrern als Geheimtipp gehandelte CD am Rückspiegel sei nicht das Problem – sie sollte nach Ansicht der Raser den Blitz reflektieren und so die Aufnahme verfremden. Auch Kaffeebecher habe kaum jemand vor der Nase. Eher handele es sich um Navigationsgeräte, die in einem für die Kamera ungünstigen Winkel an der Scheibe hängen. In 49,5 Prozent der Fälle waren Fahrzeuge aufgrund ihres Gewichts falsch eingeordnet: Das Gerät, das mit einer Schleife im Boden operiert, löst in diesem Fall bei Wohnmobilen oder Omnibussen aus, wenn diese schneller als 80 Stundenkilometer fahren, was Lastwagen untersagt ist – dabei gilt für diese Fahrzeuge das gleiche Limit wie für Autos. Das Foto zeigt den Irrtum der Anlage und wird gelöscht.

So viele Fahrer zahlen Verwarnungen und Bußgelder