Die Stadt Stuttgart hat eine erste Bilanz der neuen Blitzer auf der Theodor-Heuss-Straße gezogen. Erwartungsgemäß blitzt es dort vor allem nachts, wenn auf Stuttgarts Partymeile Tempo 30 herrscht.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die städtische Verkehrsüberwachung hat nun die erste Auswertung der neuen Blitzer an der Partymeile vorliegen. Mit bemerkenswerten Zahlen: in der Zeit vom 23. bis zum 31. Mai haben die Anlagen in der Friedrichstraße und der Theodor-Heuss-Straße insgesamt 3600 mal ausgelöst. Dabei stellt der Blitzer am unteren Ende der Partymeile in der Friedrichstraße seinen Bruder auf Höhe der Gymnasiumstraße in den Schatten: Er ist für 3500 der Schnappschüsse wider Willen für die Autofahrer verantwortlich. Wenig verwunderlich ist dabei, dass die meisten Raser nachts erwischt werden.

 

Nachts gilt von 22 Uhr an auf dem Großteil der Verbindungsstrecke zwischen Hauptbahnhof und Rotebühlplatz Tempo 30, tagsüber die normale innerstädtische Begrenzung auf 50 Stundenkilometer. Das nächtliche Limit hatte die Stadt Anfang Mai eingeführt, gut drei Wochen später kamen die Blitzer dazu. Sie wurden am 23. Mai scharfgeschaltet. Die neue Regelung soll vor allem nachts für mehr Sicherheit auf der Theo sorgen. Die Stadt reagiert damit auf die mitunter mehr als abenteuerlichen Zustände auf der Partymeile an Wochenenden: In den zurückliegenden Jahren ist es unter Freunden aufgemotzter Autos beliebt geworden, dort Schaufahrten mit Motorgeheule zu veranstalten. Im November war ein Unfall geschehen, bei dem zwei Fußgänger am Straßenrand der Theo verletzt wurden. Der Fahrer flüchtete, die Polizei konnte ihn aber später in der Nähe des Bahnhofs schnappen.

Nachts erfassten die Anlagen 2570 Verstöße. Von den geblitzten Autofahrern müssen 45 mit einem Fahrverbot rechnen, da sie mehr als 31 Stundenkilometer zu schnell waren. 276 Fahrern flattert voraussichtlich ein Bußgeldbescheid in den Briefkasten, weil sie 21 Stundenkilometer zu schnell waren. Die meisten Fahrer lagen bis zu 20 Punkte über Tempo 30 und kommen mit einer Verwarnung davon. Tagsüber lösten die Anlagen 1030 mal aus, davon liegen 997 Fälle im Bereich der Verwarnungsgelder, und 33 im Bußgeldbereich. Immerhin vier Fahrern dräut ein zeitweiser Entzug ihrer Fahrerlaubnis wegen des Verstoßes.

Die Wirkung kann man nicht in Zahlen messen

Die Verkehrsüberwacher können nur vermuten, warum der Standort näher am Bahnhof die größere Laserfalle ist. Dort steht der Blitzer etwa auf Höhe des Fußgängerstegs, der in der Vergangenheit beim nächtlichen Schaufahren mitunter auch als Zuschauertribüne für das Partyvolk dient: Offenbar ist diese Blitzsäule in der Friedrichstraße weniger gut zu sehen als jene, die näher am Rotebühlplatz auf Höhe der Gymnasiumstraße steht. Überrascht sei man bei der Stadt von dem Ergebnis allerdings nicht. Ein Blitzer habe jedoch dann seine Aufgabe erfüllt, wenn er möglichst selten auslöse. „Es geht uns nicht um die Einnahmen, sondern um die Verkehrssicherheit“, betont Pressesprecher Sven Matis.

Die Wirkung für den Verkehr und die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer kann man nicht in Zahlen messen, daher geben die Verkehrsüberwacher ihren Eindruck wieder: Seit die Blitzer auf der Partymeile stehen, sei der Verkehrsfluss auf der Theo und der Friedrichstraße gerade nachts ruhig und gleichmäßig, sagen die Experten in der zuständigen Abteilung. Die vergleichsweise niedrigen Auslöser seien ein Anzeichen dafür, dass es tagsüber kein Problem mit Rasern gebe – was unter anderem am stets dichten Verkehr liegen könnte.

Neue Blitzanlagen bescheren den Verkehrsüberwachern in der Anfangszeit immer Rekordergebnisse. Elser verweist auf die Anlage in der Cannstatter Straße, die dort zu Luftreinhaltung errichtet wurde. Diese Säulen lösten in den ersten vier Wochen nach ihrer Inbetriebnahme mehr als 28 000 mal aus. Inzwischen hat sie sich auf etwa 1300 Tempoverstöße pro Monat eingependelt.

Überwachung der Partymeile genießt höchste Priorität

Die Auswertung der Blitzerfotos sei eine aufwendige Angelegenheit. Die Überwachung der Partymeile genieße derzeit höchste Priorität bei der Verkehrsüberwachung. „Wir müssen jeden Verstoß einzeln prüfen, deswegen konnten wir bislang nur den Mai auswerten“, sagt Joachim Elser, der Chef der Verkehrsbehörde. Geblitze Polizei- oder Feuerwehrfahrzeuge würden natürlich keine Post vom Rathaus bekommen. Er rechne damit, dass die Zahl der Verstöße zurückgehe, wenn sich die Fahrer an die Anlagen gewöhnt hätten – wie immer bei neuen Blitzern. Für die Polizei sei es noch zu früh zu bewerten, ob sich die Raserszene verändert hat. „Das kann man erst nach mehreren Wochenenden sagen, wenn es mal wieder richtig warm ist“, sagt der Polizeisprecher Olef Petersen.

Die Stadt hat nicht nur mit den Rasern auf der Partymeile vor allem an den Sommerwochenenden in der Vergangenheit Ärger gehabt und zahlreiche Beschwerden von Wirten kassiert. Viele PS-Fans nutzen auch die umliegenden Straßen, etwa die Bolzstraße, für Schaufahrten. Dort hat die Stadt Bodenschweller anbringen lassen. „Wir merken schon eine deutliche Verbesserung“, heißt es aus Carls Brauhaus. Nicht so zufrieden sind hingegen Gäste und Mitarbeiter des Lokals Fünf, das von der Königstraße aus gesehen vor den Schwellern liegt: „Bei uns geben alle wieder Gas.“