Beim zweiten Blitzmarathon erwischt die Stuttgarter Polizei deutlich mehr Autofahrer, die zu schnell sind. Ein Grund dafür ist das gute Wetter. Bei der ersten Auflage der Präventionsaktion im Herbst 2013 regnete es.

Stuttgart - Gelassen lehnt sich Domenico P. an den Kofferraum seines Alfa Romeo. Die Polizei hat ihn beim Blitzmarathon an der Neuen Weinsteige erwischt. „Ist jetzt halt so. Ich bin ja selber schuld“, sagt der 44-jährige Cannstatter. Er fahre gerne schnell, erzählt Domenico P., während die Beamten seine Personalien aufschreiben. „Normal fahr ich dort schnell, wo es erlaubt ist“, fügt der Alfa-Fahrer hinzu.

 

Der Cannstatter ist einer von zwei Autofahrern, die am Donnerstagnachmittag an der Weinsteige rausgezogen werden. Dort ist eine der zwölf Kontrollstellen, welche die Stuttgarter Polizei im Rahmen des bundesweiten Blitzmarathons von Donnerstagmorgen bis 6 Uhr am Freitag eingerichtet hat. Mit 66 Stundenkilometern war er unterwegs, erlaubt sind 50. Ein 28-jähriger Golffahrer ist mit Tempo 69 an der Kontrollstelle vorbei. An der B 14 zwischen Heslacher Tunnel und Schattenring waren 36 Autos zu schnell, an der Hedelfinger Filderauffahrt 20. Am Donnerstagnachmittag hatte die Polizei in Stuttgart mehr als 3500 Autos angemessen und dabei 68 Verstöße festgestellt – das ist einer weniger als im vergangenen Jahr in 24 Stunden. Das könnte am Wetter liegen, sagt der Polizeisprecher Jens Lauer. Dieses Jahr war das Wetter gut, 2013 regnete es den ganzen Tag über. „Bei Regen fahren die Leute viel vorsichtiger“, erklärt Lauer.

In der Stadt passieren Unfälle aus anderen Gründen

In der Stadt ist jedoch die Geschwindigkeit keine Hauptunfallursache. Auf den vorderen Plätzen in der Unfallstatistik liegen Fahrfehler beim Abbiegen oder Wenden, das Missachten von Vorfahrtsregeln und Rotlichtverstöße spielen große Rollen. Das zu schnelle Fahren nimmt mit nur rund fünf Prozent den fünften Platz der Unfallursachen in der Verkehrsunfallstatistik der Stuttgarter Polizei ein. Deswegen konzentriert sich die Verkehrspolizei in der Landeshauptstadt bei ihren Kontrollen auf die Hauptunfallursachen. In diesem Jahr kontrollieren die Beamten verstärkt an Ampeln – und ertappen prompt auch mehr Autofahrer, die bei Rot weiterfahren, als in den Vorjahren.

Außerhalb geschlossener Ortschaften ist die zu hohe Geschwindigkeit Unfallursache Nummer eins – und das ist auch der Anlass für den Blitzmarathon. Im Bereich des Polizeipräsidiums Ludwigsburg, das für die Kreise Böblingen und Ludwigsburg zuständig ist, starben in der ersten Jahreshälfte neun Menschen bei Unfällen, zu denen es wegen zu hoher Geschwindigkeit gekommen war. Im Kreis Ludwigsburg wurde unter anderem zwischen Bietigheim-Bissingen und Löchgau geblitzt. Die kurvige Landstraße gilt als Unfallschwerpunkt. Hier haben schon mehrere Menschen ihr Leben verloren – zuletzt vor einem Jahr eine 21-Jährige bei einem Frontalzusammenstoß in einer Kurve.

Die Polizei will möglichst wenig Autofahrer erwischen

An einer Bushaltestelle hat die Polizei ihren Einseitensensor – im Volksmund „Lichtschranke“ – aufgebaut. 2400 Fahrzeuge kamen zwischen 6 und 10 Uhr an der Kontrollstelle vorbei, 14 Mal hat die Kamera ausgelöst. Der Schnellste war mit 98 Stundenkilometern unterwegs – bei erlaubten 70. „Arg viel ist hier nicht los“, kommentiert Peter Widenhorn, Sprecher des Polizeipräsidiums Ludwigsburg, an der Kontrollstelle. Von Enttäuschung jedoch keine Spur. „Unser größter Erfolg wäre, wenn wir so wenige wie möglich erwischen“, sagt Widenhorn. Schließlich gehe es darum, dass die Leute sich mit der Gefahr des zu schnellen Fahrens auseinandersetzten. Er hofft zudem, dass der bremsende Effekt des Blitzmarathons möglichst lange anhält.

Die Erfahrung der Verkehrsüberwachung in Stuttgart zeigt, dass sich Autofahrer langfristig umgewöhnen. Das zeigt etwa ein Blick auf die Zahlen der in der Cannstatter Straße gemessenen Verstöße. Dort wird zwar nicht zur Unfallvermeidung geblitzt, sondern um das Tempolimit wegen der Schadstoffreduzierung durchzusetzen. Im Jahr 2011 fuhren dort 131 344 Autos zu schnell vorbei, 2013 nur noch 59 304. „Man kann ablesen, dass sich die Autofahrer umgewöhnen“, sagt Joachim Elser, Leiter der Verkehrsüberwachung bei der Stadt.