Schneesturm „Juno“ legt den Nordosten der USA lahm. Schulen und Büros bleiben geschlossen, Züge fahren nicht, Autofahren ist verboten. New Yorks Bürgermeister Bill De Blasio warnt: „Bereitet euch auf Schlimmeres vor, als wir je gesehen haben.“
Washington - Ein bisschen war es wie immer, wenn in den USA ein Sturm ansteht. Die auf Wetternachrichten spezialisierten Fernsehstationen überschlugen sich schnell mit alarmistisch klingenden Bewertungen. Von „Snowmaggedon“ war schnell die Rede, von gefährlichen Blizzards, von noch nie erreichten Schneehöhen, von einem Wetter, dass in die Geschichtsbücher eingehen werde. Und doch es war es anders als manches Mal, wenn die TV-Meteorologen nach ersten aufgeregten Meldungen verschämt erklären, die Realität sei offenbar nicht der Vorhersage gefolgt.
Dieses Mal sah es tatsächlich nach einem Wetter aus, wie es die Menschen entlang der Atlantikküste von Philadelphia bis hinauf nach Maine noch selten erlebt haben. Der erste große Schneesturm des Jahres 2015 war kein Medienereignis allein. Sturmtief „Juno“ legte den Nordosten der USA regelrecht lahm, die Straßen von New York waren menschenleer. 6000 Flüge fielen bis Montagabend aus, weitere 4200 Flüge sollten am Dienstag nicht stattfinden. In Metropolen wie New York und Boston wurde Privatleuten das Autofahren verboten, Züge blieben stehen, die U-Bahn in New York fuhr nicht. Schulen und Büros wurden geschlossen.
Zuvor hatte sich der für gewöhnlich besonnene Bürgermeister von New York, Bill De Blasio, außergewöhnlich deutlich geäußert und erklärt: „Meine Botschaft an alle New Yorker ist: Unterschätzt das bitte nicht. Bereitet euch auf Schlimmeres vor, als wir je gesehen haben.“ 60, vielleicht 90 Zentimeter waren für die größte US-Stadt für Dienstag vorhergesagt. Das wäre knapp unter dem Rekordwert von 68 Zentimetern aus dem Jahr 2006, oder aber sogar deutlich darüber.
Privater Autoverkehr untersagt
In den Chor der Warner und Mahner stimmte am Montagabend auch der Gouverneur des Bundesstaates New York, Andrew Cuomo, ein, als er Fahrverbote für einige Regionen verkündete, die vom Sturm „Juno“ ganz besonders betroffen waren. Wer das Fahrverbot missachte, müsse mit Geldstrafen von bis zu 300 US-Dollar rechnen, sagte Cuomo. Privater Autoverkehr war auch in den Bundesstaaten New Jersey, Connecticut, Rhode Island und Massachusetts ganz oder zumindest in küstennahen Region untersagt.
„Juno“ ist ein sogenannter „Nor’easter“. Das ist ein Sturmtief, dass sich bildet, wenn im Nordosten der USA vor der Küste warme Luft aus dem Golf von Mexiko auf sehr kalte Luft aus Kanada trifft. Was „Juno“ nach Ansicht von Meteorologen besonders gefährlich macht, ist die Kombination von schwerem Schneefall, hohen Windgeschwindigkeiten von bis zu 120 Stundenkilometern und der damit verbundenen Möglichkeit, dass es zu Sturmfluten an der Küste kommt. Im Laufe der Nacht zu Dienstag schien sich abzuzeichnen, dass die Großstadt Boston stärker unter dem Sturm zu leiden hat als New York.
Batterien und Schneeschaufeln ausverkauft
Noch bevor der Sturm so richtig ausbrach, wurden bereits Hunderttausende von Menschen vorsorglich gewarnt, dass der Strom ausfallen könnte. Der Grund dafür sind die in den USA weit verbreiteten überirdisch verlegten Leitungen, die schon geringen Schneemassen nicht standhalten. Aus vielen Supermärkten wurden Hamsterkäufe gemeldet. Vielerorts waren Batterien, Schneeschaufeln und Lebensmittel in Dosen bereits nach wenigen Stunden ausverkauft.
Auch die Hochkultur litt. Ein für Montagabend angesetzter Auftritt der Star-Sopranistin Anna Netrebko in der New York Metropolitan Opera wurde gestrichen. Und selbst der 380 Kilometer südlich von New York gelegenen Hauptstadt Washington brachte „Juno“ ungeahnte Veränderungen. Das US-Parlament etwa verschob Abstimmungen über einige Gesetze, mit denen der Menschenschmuggel an der Südgrenze zu Mexiko bekämpft werden soll. Dutzende von Abgeordneten aus dem Nordosten des Landes konnten am Montag, dem traditionellen Anreisetag, nicht nach Washington fliegen.