Aus der Privatinitiative einiger Landwirte ist ein Netzwerk geworden, das die Schwäbische Alb mit einem Blütenteppich überzieht. Bunte Blühstreifen entlang der Felder bieten Insekten Schutz und Nahrung.

Erkenbrechtsweiler - Als eine Handvoll Landwirte auf der Reutlinger Alb im Frühjahr das Projekt „Blühende Alb“ ausgerufen haben, hat noch eine gehörige Portion Vorstellungskraft dazu gehört, um vor dem geistigen Auge blühende Landschaften entstehen zu sehen. Inzwischen ist die Saat aufgegangen – und das gleich in doppelter Hinsicht. Kilometer lang ziehen sich bunte Blühstreifen entlang der Ackerflächen und Maisfelder über die karge Albhochfläche, und immer mehr Bauern werten ihre Äcker ökologisch auf, indem sie an deren Ränder vorbereitete Blühmischungen ausbringen. Die zwischen 2,5 und sechs Meter breiten Flächen bieten einer ganzen Reihe von Insekten Schutz und Nahrung. Zudem werden sie gerne von Honigbienen angeflogen.

 

„Wenn wir die Streifen alle aneinanderlegen würden, dann kämen wir inzwischen mit einem 2,5 Meter breiten Blütenteppich schon bis nach Stuttgart hinein“, sagt Peter Werner, der die private Initiative gemeinsam mit seinem Kollegen Christoph Loser vor gerade mal einem halben Jahr ins Leben gerufen hat. Die beiden Landwirte aus Böhringen-Strohweiler (Landkreis Reutlingen) können für sich mittlerweile in Anspruch nehmen, nicht nur die Reutlinger Alb, sondern auch die Vordere Alb über Erkenbrechtsweiler bis hinunter ins Lenninger Tal zum Blühen gebracht zu haben.

Mehr als 100 Landwirte machen inzwischen mit

Rund 100 Landwirte sind inzwischen im Boot, und es sollen noch mehr werden. „Jetzt haben die Kollegen draußen alle Hände voll zu tun. Aber über die Wintermonate wollen wir weiter auf Informationsveranstaltungen für unser Projekt werben“, sagt Werner. Das Bild von der Blütenautobahn von der Schwäbischen Alb bis nach Stuttgart hinunter mag anschaulich sein, wichtiger ist den Initiatoren jedoch die Vernetzung zwischen den einzelnen Parzellen. „Die Streifen ziehen sich beinahe nahtlos inzwischen von Hayingen am äußersten Zipfel des Kreises Reutlingen bis hinunter ins Lenninger Albvorland“, freut sich der Landwirt.

Aktuell zieht Phacelia, auch bekannt unter den Bezeichnungen Büschelschön und Bienenfreund, einen zarten Violettrahmen um die Felder. Vor mehr als 100 Jahren aus dem Südwesten der USA als Wildpflanze eingeschleppt, gedeiht die Pflanze auf mageren Böden, wie sie das Karstgebirge zuhauf zu bieten hat. Auch benötigt sie wenig Wasser, was auf der Schwäbischen Alb ebenfalls nicht von Nachteil ist. Phacelia gilt zudem als hervorragende Bienenweide und ist für die Insekten ein willkommenes Zubrot in einer Zeit, in der die meisten Trachtpflanzen auf der Alb schon lange verblüht sind.

Die „Blühende Alb“ ist auch eine Werbung für den Berufsstand

Der Erkenbrechtsweiler Landwirt Heiko Heinsch ist einer der Blühstreifen-Pioniere im Landkreis Esslingen. Einer der von ihm angelegten Blühstreifen zieht sich entlang eines Maisfeldes, das auf Höhe des Schotterwerks Bauer an der Uracher Straße zwischen Erkenbrechtsweiler und dem Burrenhof liegt.

„Hier, wo viele Spaziergänger und Radfahrer vorbeikommen, macht es mehr Sinn, als an Stellen, wo alle Schaltjahre mal ein Wanderer vorbeikommt“, sagt er. Die „Blühende Alb“ müsse auch für den Verbraucher sichtbar sein. „Das tut auch dem zuletzt arg strapazierten Image der Landwirtschaft gut“, sagt Heinsch, der nicht nur einen schmalen Streifen, sondern einen ganzen Acker mit der insektenfreundlichen Pflanzenmischung angelegt hat. Gemeinsam mit einem zweiten Hof in der Gemeinde Erkenbrechtsweiler hat er auf einer ökologischen Vorrangfläche von sechs Hektar eine Mischung aus Phacelia, Ringelblume, Klatschmohn, Sonnenblume, Öllein und Kornblumen ausgebracht. „Da blüht es dann bis in den Herbst hinein“, sagt der Landwirt.