Das Blumhardt-Gemeindehaus wird abgerissen, die Mitglieder gehören nun zur Martin-Luther-Kirche. Es bleiben viele schöne Erinnerungen und die Aussicht auf eine sinnvolle neue Nutzung: Auf dem Gelände entsteht ein Haus der Caritas mit vielen sozialen Diensten.

Bad Cannstatt - Es ist ein weinendes und ein lachendes Auge, das bei so manch einem ehemaligen Mitglied der Blumhardt-Gemeinde bleibt, wenn es an den bevorstehenden Abriss des einst mit Leben gefüllten Gemeindehauses denkt. Weinend, weil mit dem Abriss des Gemeindehauses an der Heinrich-Ebner-Straße eine Ära nun endgültig zu Ende geht. Und lachend, weil an selber Stelle ein Haus der Caritas mit vielen sozialen Diensten entsteht. Der alte Treffpunkt für die Menschen im Veielbrunnenviertel hat sich schon längst in den Stadtteiltreff an der Morlockstraße verlagert.

 

Bleibend sind die Erinnerungen an das Blumhardt-Gemeindehaus: „Hier sind meine Kinder getauft und konfirmiert worden“, sagt Ursula Bickelhaupt. „Hier haben wir uns getroffen, hier haben wir schön gefeiert oder unsere Kinder abgegeben“, sagt Andrea Knieß. Zum Abschied von dem 1965 eingeweihten Gemeindehaus hat das Stadtteilbüro nun eine Erinnerungswoche in dem Gebäude organisiert. „Wir haben ein Erinnerungscafé und einige Bilder-Shows auf die Beine gestellt“, sagt Gemeinwesenarbeiterin Antje Hofer.

Jugendgruppen und Gemeindefeste

Auch ein kleines Erinnerungsbuch haben Hofer und ihr Kollege Klaus Kurzweg ausgelegt, in dem die ehemaligen Gemeindemitglieder verewigt haben, was sie mit dem Haus verbindet – und auch, wie sie zum Abriss stehen: „Ich finde es sehr schade, dass das Haus abgerissen wird“, hat eine Frau in dem Buch hinterlassen. Ihr Sohn sei hier 2007 getauft worden. Eine andere Frau erinnert sich an Pfarrer Thomas Fritz: „Mir hat es sehr gefallen, dass der Pfarrer Fritz, wo er seine Blumen gegossen hat, auch die Kinder im Sommer nass gemacht hat“, schreibt sie. Traurig blickt ein älterer Mann zurück: „Das Blumhardt-Gemeindehaus kenne ich, wie es gebaut wurde. Und jetzt muss ich leider auch sein Ende erleben. Ich verbinde mit dem Haus viele Erinnerungen – Jugendgruppen, Fernsehen im Clubraum und viele Gemeindefeste.“

Ursula Bickelhaupt und Andrea Knieß erinnern sich gern an ihre Zeit in der Blumhardt-Gemeinde. Beide leben seit langem – Knieß seit Anfang der 80er und Bickelhaupt sogar seit 1950 – im Veielbrunnenviertel. „Es war immer viel los in der Gemeinde“, erzählt Ursula Bickelhaupt. Im Februar gab es immer das Kirchweihfest, im Herbst einen Bazar vor dem ersten Advent. Auch die Bastelfrauen haben sich regelmäßig im Gemeindehaus getroffen und gemeinsam gestrickt, gehäkelt und genäht. „Ich habe schöne Erinnerungen an das Gemeindehaus und das Leben darin“, sagt Bickelhaupt. Dazu gehört auch die Goldene Hochzeit ihrer Eltern, die ihr großes Fest 1974 im Gemeindehaus gefeiert haben.

Treff- und Angelpunkt im Stadtteil

Andrea Knieß kam in den 1980ern zur Blumhardtgemeinde, als sie in das Veielbrunnenviertel zog. „Hier habe ich meine Familie gegründet“, erzählt die heute 56-Jährige. Immer montags habe sie sich unten im Clubraum mit anderen Frauen aus dem Viertel getroffen. Zwei Mütter haben dann auf die kleinen Kinder aufgepasst, während die anderen in Ruhe Besorgungen machen konnten. „Da kamen alle Kinder aus der Gegend, auch die katholischen“, erzählt Knieß: „Das Gemeindehaus war Treff- und Angelpunkt für den Stadtteil.“ So kamen auch die Mitglieder der Bürgerinitiative am Veihelbrunnen (BIV) zu ihren regelmäßigen Sitzungen in das Haus. Auch der Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe Bad Cannstatt hat sich fast 20 Jahre lang hier getroffen.

Diese Zeiten sind vorbei. Seit 2011 ist die Blumhardt-Gemeinde Geschichte. Die Mitglieder gehören nun zur Martin-Luther-Kirche. „Der Treffpunkt für den Veielbrunnen ist inzwischen bei uns in der Morlockstraße im Stadtteiltreff“, sagt Antje Hofer.

Im Spätsommer oder Herbst soll das Blumhardt-Gemeindehaus abgerissen werden. Die Caritas erstellt einen Neubau und bündelt dort viele Dienste unter einem Dach, so auch die Schulsozialarbeit, Erziehungshilfen und eine psychologische Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern. Auch eine Wohngruppe für bis zu acht Kinder und Jugendliche sowie fünf Plätze für betreutes Wohnen für junge Mütter mit Säuglingen oder unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden in dem neuen Gebäude an der Heinrich-Ebner-Straße entstehen.