Blutspende in Höfingen „Ein Joghurt hält länger durch als eine Blutkonserve“

In der Höfinger Strohgäuhalle sind alle Vorbereitungen getroffen – das Blutspenden kann beginnen. Foto: Geronimo Schmidt

Blutkonserven sind knapp, die Nachfrage steigt – doch immer weniger Menschen spenden regelmäßig. In Höfingen haben sich rund 100 Spendewillige eingefunden, um mit einem kleinen Piks Großes zu bewirken.

Pünktlich um 14.30 Uhr bildet sich in der Vorhalle der Strohgäuhalle im Leonberger Stadtteil Höfingen eine kleine Schlange. Ein leises Stimmengewirr liegt in der Luft, Menschen füllen Formulare aus. Sie alle sind hier, um Blut zu spenden. Einer von ihnen ist Sebastian Martin aus Heimsheim. Der 29-Jährige kennt den Ablauf gut, heute ist er zum zwölften Mal dabei. „Beim ersten Mal war ich echt nervös, aber inzwischen ist es Routine. Irgendwie tut mir das gut“, sagt er und lächelt.

 

Organisiert hat den Termin der Ortsverband Leonberg des Deutschen Rote Kreuzes. Es wurden mehrere Liegen aufgestellt, medizinisches Personal und Ehrenamtliche sind im Einsatz. Vor der Spende füllen alle einen Gesundheitsfragebogen aus, dann werden Blutdruck, Puls und Körpertemperatur gemessen. Zu guter Letzt wird in einem Gespräch mit einem Arzt des Blutspendedienstes geklärt, ob eine Spende möglich ist. Dann geht es an die Nadel. Als Sebastian an der Reihe ist, bekommt er einen kleinen Piks in den Finger. Danach verschwindet er hinter einem Vorhang, wo er mit einer Ärztin spricht. Normalerweise würde es danach direkt auf die Liege gehen: ein Piks in die Armvene, etwa zehn Minuten Blut fließen lassen, danach noch zehn Minuten zur Sicherheit ruhen. Doch für Sebastian läuft es heute anders. Er kommt mit einem Kopfschütteln hinter dem Vorhang hervor. „Ich darf heute nicht spenden“, sagt er enttäuscht. „Mein Hämoglobinwert ist zu hoch.“

Nicht immer kann Blut gespendet werden

Nicht jeder, der spenden möchte, darf es auch. Zu hohe oder zu niedrige Hämoglobinwerte, eine kürzlich überstandene Krankheit, eine frische Tätowierung oder ein längerer Auslandsaufenthalt können der Grund sein, weshalb man vorübergehend kein Blut spenden darf. Auch bestimmte Medikamente, insbesondere Antibiotika, oder hohes Fieber führen zu einer Sperre von mehreren Woche. Gerade deshalb ist es umso wichtiger, dass alle, die spenden dürfen, es auch tun. In Deutschland sind Blutkonserven ein knappes Gut, der Bedarf ist groß. Jeden Tag werden 15 000 Konserven für die medizinische Versorgung benötigt – und Blut lässt sich nicht künstlich herstellen. Auch die heute gespendeten Konserven werden nicht lange gelagert, sondern schnell gebraucht. „Man könnte sagen, selbst ein Joghurt im Kühlschrank hält länger durch als eine Blutkonserve“, erklärt Michaela Kuch, Referentin des DRK. Neben Sebastian sind an diesem Tag viele weitere Spenderinnen und Spender gekommen. Rund 100 Personen werden erwartet, alle mit einem im Voraus vereinbarten Termin. „Ein Überbleibsel aus der Coronazeit, das sich als äußerst praktisch erwiesen hat“, erklärt Danny Rapp vom DRK-Ortsverband Leonberg.

Vor der Blutspende erfolgt hinter dem Vorhang ein kurzes Gespräch mit einem Arzt. Foto: Geronimo Schmidt

Einer der Spender ist Andreas, ein Höfinger, der schon mehrfach gespendet hat. Beim ersten Mal begleitete er mit etwa 30 Jahren seinen Vater zur Blutspende. „Inzwischen bin ich ein Profi. Ich versuche, so oft wie möglich zu spenden“, sagt er, während er im Wartebereich Platz nimmt. Nach der Spende muss jeder noch einige Minuten warten und beobachtet werden. „Jeder Körper reagiert anders“, erklärt Danny Rapp. „Auch bei erfahrenen Spendern kann es vorkommen, dass der Kreislauf kippt. Deshalb gehen wir auf Nummer sicher.“ Nach zehn bis fünfzehn Minuten darf auch Andreas den Wartebereich verlassen. „Jetzt fühle ich mich gut, ich habe mein Soll erledigt“, sagt er zufrieden.

Das Generationenproblem bei der Blutspende

Blutspendeaktionen wie die in Höfingen sind von großer Bedeutung, da die Zahl der Spender stark schwankt. Das DRK nennt Urlaubszeiten, Krankheiten und schlichtweg Vergesslichkeit als Gründe für Engpässe. Doch es gibt auch ein grundlegendes Problem: die Altersstruktur der Spendenden. Eine große Basis gehört der Babyboomer-Generation an und wird in den kommenden Jahren aus Altersgründen wegfallen. Jüngere hingegen spenden seltener.„In Deutschland werden deshalb immer mehr junge Menschen gebraucht, die Verantwortung als Blutspender übernehmen“, heißt es auf der DRK-Website. Auch in Leonberg versucht man, insbesondere Erstspender anzusprechen – eine besonders schwierige Zielgruppe. Ohne vorherige Berührungspunkte durch Familie oder Freunde kommen vielen gar nicht die Idee, Blut zu spenden, so Danny Rapp. Durch Schulbesuche und andere Veranstaltungen möchte der Ortsverband vor allem junge Menschen erreichen und sie für das Blutspenden gewinnen. „Viele denken, es ist selbstverständlich, dass es im Krankenhaus immer genug Blut gibt“, sagt Danny Rapp. „Aber das funktioniert nur, wenn genug Menschen regelmäßig spenden.“

Weitere Themen