Ein 19-Jähriger tötet in Florida mit einem Sturmgewehr mindestens 17 Menschen. Der Täter war als Waffennarr bekannt. Doch an den laxen Waffengesetzen in den USA dürfte sich kaum etwas ändern

Parkland - Melissa Falkowski mühte sich spürbar, die Fassung zu wahren, als sie dem Fernsehsender MSNBC die schrecklichen Ereignisse schilderte. Am Mittwoch um 14.30 Uhr (Ortszeit) war in der Marjory Stoneman Douglas High School der Feueralarm losgegangen. Erst glaubte die Lehrerin an einen Probealarm und leitete ihre Schüler über die Nottreppe in Richtung Ausgang. Doch eilig wurde sie von Sicherheitsleuten in den Klassenraum zurückgeschickt, wo sie sich bange 30 Minuten lang mit den Jugendlichen in einem Wandschrank verschanzte. Draußen auf dem Flur nahm das Gemetzel seinen Lauf.

 

Als Falkowski mit ihrer Klasse endlich das Versteck verließ, sah sie die Leichen. „Wir wussten, was in einer solchen Situation zu tun ist.“ Die Lehrerin kämpft im Fernsehen mit den Tränen. „Wir haben das mit den Schülern alles geübt. Und trotzdem sind 17 Menschen tot. Ich finde das total unakzeptabel. Es ist Zeit, dass der Kongress und die Regierung etwas tun.“

Der Tatort ist 40 Meilen entfernt von Donald Trumps Luxusanwesen

Etwas muss passieren. Darin ist sich die geschockte US-Öffentlichkeit einig, nachdem ein 19-Jähriger am Valentinstag, dem Fest der Liebe, in Florida nur 40 Meilen von Donald Trumps Luxusanwesen Mar-a-Lago entfernt ein blutiges Massaker angerichtet hat. Das Örtchen Parkland, berichtet die Bürgermeisterin, sei erst im vergangenen Jahr zur „sichersten Gemeinde in Florida“ gewählt worden.

Nun rangiert die örtliche High School, ein riesiger dreigeschossiger Zweckbau mit Platz für 3000 Schülern, in einer Horror-Liste mit den Schulen von Columbine (1999) und Sandy Hook (2012), wo ebenfalls zahlreiche Schüler und Lehrer ihr Leben verloren. Das Gemetzel in Parkland zählt mit dem Massaker von Las Vegas im vergangenen Oktober, bei dem 58 Menschen ihr Leben verloren und dem Blutbad in der Kirche von Sutherland Springs vom November mit 26 Opfern zu den zehn tödlichsten Massenschießereien in der US-Geschichte.

Doch bereits die ersten Reaktionen machen deutlich, wie unterschiedlich das grausame Ereignis bewertet wird. Während demokratische Politiker in Washington nach schärferen Waffengesetzen riefen, kamen von Republikanern vor allem Klagen über das Böse in der Welt. Präsident Donald Trump trat am Abend der Tat nicht vor die Kameras, sondern beschränkte sich auf zwei Tweets.

Der 19-Jährige galt als Einzelgänger und unberechenbarer Waffennarr

Der Todesschütze soll, mit einem halbautomatischen Sturmgewehr vom Typ AR-15, einer Gasmaske und Rauchgranaten bewaffnet, zunächst drei Menschen außerhalb des Schulgebäudes erschossen haben. Dann löste er den Feueralarm aus. Offenbar wollte er damit seine Opfer aus den Klassenräumen locken. In die allgemeine Panik feuerte er 40 Schuss ab. Zwölf Menschen starben. Zwei weitere erlagen bis zum Redaktionsschluss im Krankenhaus ihren Verletzungen.

Nicht nur die Videoaufnahmen, die Schüler mit ihren Handys von dem Geschehen machten, sind zutiefst verstörend. In höchstem Maße erschreckend sind auch die Details aus dem Leben des von der Polizei gefassten mutmaßlichen Täters. So galt der 19-Jährige als Einzelgänger und unberechenbarer Waffennarr. In den sozialen Medien postete er Fotos von seinem Waffenarsenal. Nachdem er aus disziplinarischen Gründen bereits von zwei Privatschulen geflogen war, wurde er im vergangen Jahr auch von der Marjory Stoneman Douglas verwiesen – angeblich, weil er mit Messern auf dem Campus herumlief. Zu dieser Zeit lebte der Jugendliche noch bei seiner Adoptivmutter, die mehrfach die Polizei rief, um ihren Sohn zu bändigen.

Trump twittert, der Täter sei wohl geistig krank

Nach dem Tod der Mutter lebte der Teenager bei Freunden, die von seinem halbautomatischen Gewehr wussten. Die AR-15 hatte er nach Angaben der Behörden vor einem Jahr legal erworben. Florida gehört zu den Bundesstaaten mit besonders laxen Waffengesetzen. Trump twitterte am Donnerstag, es habe viele Anzeichen gegeben, dass der Täter geistig krank sei: „Solche Beobachtungen müssen den Behörden unbedingt gemeldet werden!“, forderte er die Bevölkerung auf.

Allerdings hatte der Präsident auf Wunsch der Waffenlobby als eine seiner ersten Amtshandlungen den unter seinem Vorgänger Barack Obama eingeführten Rückgriff auf die Krankenversicherungsunterlagen bei der obligatorischen Sicherheitsüberprüfung vor einem Waffenkauf abgeschafft. Entsprechend frustriert äußerte sich auch der demokratische Kongressabgeordnete Jim Himes nach dem Parkland-Massaker: „Alle werden ihr Gedenken und ihre Gebete anbieten. Aber der Kongress wird absolut nichts tun.“