Die Bluttat an einer Schule in Lünen hat viele Menschen erschüttert. Der Kriminologe Christian Pfeiffer spricht jedoch von einem extremen Einzelfall.

Hannover - Der Kriminologe Christian Pfeiffer sieht in dem gewaltsamen Tod eines 14-jährigen Schülers in Lünen einen extremen Ausnahmefall. Alle Statistiken zeigten, dass Gewaltdelikte an Schulen und auch Tötungsdelikte von Jugendlichen extrem rückläufig seien. Daran werde auch die Tat in Lünen nichts ändern, sagte Pfeiffer der Deutschen Presse-Agentur.

 

Im aktuellen Fall steht ein 15-Jähriger im Verdacht, seinen Mitschüler getötet zu haben. Man werde vermutlich sehr auf den individuellen familiären Hintergrund des mutmaßlichen Täter achten müssen. „Mit der Schule dürfte das wenig zu tun haben, eher mit dem Elternhaus.“

Pfeiffer verwies darauf, dass die Zahl der Kinder, die an Schulen so schwer verletzt würden, dass sie ins Krankenhaus müssten, von 1997 bis 2016 um 64 Prozent gesunken sei. Diese Daten würden exakt erfasst. Zudem sei seit 1993 generell die Zahl der Tötungsdelikte von Jugendlichen (14 bis 18 Jahre) um 47 Prozent zurückgegangen. „Egal welche Statistik wir nehmen: Wir gelangen zu der Einschätzung, dass Tötungsdelikte durch junge Menschen eine extreme Ausnahme werden.“

Erziehungskultur ändert sich

Für diese Entwicklung gebe es stabile Hintergrundfaktoren, so Pfeiffer, der auf den drastischen Rückgang des elterlichen Schlagens verwies. Seien in den 1950er, 1960er bis in die 1970er Jahre noch 20 Prozent der Kinder misshandelt worden, liege dieser Wert heute bei fünf Prozent. „Die elterliche Liebe hat sich deutlich erhöht. Je jünger eine Altersgruppe desto stärker ist der Rückgang der Gewalt. Die Jüngsten profitieren am stärksten vom Wandel der Erziehungskultur: mehr Liebe, weniger Hiebe.“