Eine pflegebedürftige Frau ist vermutlich schon am Montagabend in Neuhausen auf den Fildern (Kreis Esslingen) ermordet worden. Manche Zeichen deuten auf einen Raubmord hin.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Neuhausen - Eine 84 Jahre Frau ist vermutlich am Montagabend in ihrer Wohnung in Neuhausen auf den Fildern (Kreis Esslingen) umgebracht worden. Entdeckt wurde das Verbrechen am Dienstag von der Mitarbeiterin eines Pflegedienstes. Es gibt Indizien, die auf einen Raubmord hindeuten. Zwar wurden nach Angaben der Polizei keine Einbruchsspuren gefunden, aber die gesamte Wohnung war durchwühlt. Die Fakten sind dürftig, „wir haben einfach noch nicht mehr“, sagt Michael Schaal, der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen. Er war extra vor Ort in das Gebäude Lindenstraße 74 gekommen, um Auskunft zu geben über eines der schlimmsten Verbrechen, das in den letzten Jahren im Bereich des Präsidiums Reutlingen begangen wurde. Sicher ist: „Der Täter kann nur über das Treppenhaus oder den Balkon gekommen sein“, sagt Michael Schaal.

 

Gleich nachdem der Pflegedienst die Leiche gefunden hatte, waren mehr als 20 Polizeibeamte vor Ort gefahren. Nachdem der Gerichtsmediziner den Tod festgestellt hatte, wurde das Haus gesperrt, damit die Spurensicherung ungestört arbeiten konnte. Ebenfalls hat die Polizei eine Sonderkomission gebildet mit dem Namen „Soko Linde“, die in Esslingen sitzt.

Die Polizei bildet eine Sonderkommission

Unterdessen waren die ersten Trupps von Polizeibeamten wieder losgefahren, um Freunde und Verwandte der 84 Jahre alten Frau zu befragen. Nach unbestätigten Angaben war sie geschieden, lebte allein und hatte zwei Kinder. Zur gleichen Zeit klopfte die Polizei das Wohnumfeld ab und befragte Nachbarn. Eine Physiotherapeutin, die zufällig an diesem Tag ins Haus wollte, berichtete den Beamten, wer alles Zugang zur Wohnung hatte, Putzfrau, Pflegedienst und andere.

Den ganzen Vormittag über versammelten sich die Bewohner des Mehrfamilienhauses auf der Straße, weil sie wegen der Spurensicherung nicht in ihre Wohungen konnten. „Mein Gott“, sagte eine kleinere ältere Frau nur, um dann eilig aufzubrechen, um Bekannte des Opfers zu besuchen und zu trösten. „Das sind keine Menschen, das sind Tiere, die so etwas machen“, schimpfte ein anderer Nachbar, „die alte Frau, die hat doch nichts besessen.“

Den genauen Todeszeitpunkt kennt die Polizei noch nicht, und die Todesursache gibt sie nicht bekannt, um nicht Wissen zu veröffentlichen, das nur der Täter haben kann. Dieses Täterwissen, das nur die Polizei und der Täter besitzt, kann helfen, einen Verdächtigen zu überführen.

Eine Nachbarin hatte am Montag gegen 21.30 Uhr ein lautes Türenknallen gehört, doch hatte sie aus Angst die Wohnung nicht verlassen. Außerdem wollte sie bei ihrem fünf Monate alten Baby bleiben. Als ihr Mann gegen 22 Uhr heimkam, fiel ihm auf, dass in der Wohnung des Opfers kein Licht brannte, obwohl die Frau nie vor 1 Uhr schlafen gegangen sei. Es sei ihm zwar verdächtig vorgekommen, aber kein Grund gewesen, die Polizei zu holen.

Die Nachbarn sind schockiert

Die alte Frau war in der Straße beliebt und galt als vertrauensselig. Die Lindenstraße ist ein gutbürgerliches Wohnviertel in Neuhausen. Von dort ist man schnell auf der Autobahn 8, die Auffahrt ist 450 Meter Luftlinie entfernt. Ein Eldorado für Einbrecher, die sofort nach der Tat über die Autobahn verschwinden wollen.

Schon vor drei Jahren waren verschiedene Bewohner der Lindenstraße Opfer von Betrügern geworden. Damals hatten sich Unbekannte als Mitarbeiter der städtischen Wasserversorgung ausgegeben. Eine ältere Frau berichtet, die Männer hätten geklingelt, seien in die Wohnung gegangen und hätten ihr 55 Euro „Ablesegebühr“abgenommen. Wie die Polizei inzwischen ermittelte, hat auch das Mordopfer damals die Männer in die Wohnung gelassen. Bei ihr war der Schaden jedoch größer. Ein Mann hatte sie abgelenkt, ein anderer hatte ihren Schmuck gestohlen.

Jetzt ist die Polizei auf Zeugen angewiesen. Insbesondere fragen die Ermittler, wer in der Lindenstraße am Montagabend oder in der Nacht zum Dienstag verdächtige Wahrnehmungen gemacht hat und wem Personen aufgefallen sind, die das Gebäude Nummer 74 betreten haben. Die Ermittler sind unter der Nummer 0711 / 39 90 174 rund um die Uhr erreichbar.