Das Gericht wertet die Bluttat von Iserlohn und Süßen als Totschlag. Keiner der Beteiligten ist mit dem Urteil zufrieden.

Süßen/Iserlohn - Mit einer Verurteilung zu 13 Jahren Haft ist am Dienstag der Prozess gegen den 35-jährigen Murat I. (alle Namen geändert) zu Ende gegangen, der seine Lebensgefährtin Funda G. in Iserlohn mit einem Schal erdrosselt und ihren Leichnam dann vor dem Haus ihrer Familie in Süßen (Kreis Göppingen) ablegt hat. Das Hagener Landgericht wertete die Tat als Totschlag. Der Vorwurf hatte ursprünglich Mord gelautet. Die Atmosphäre im Hagener Schwurgerichtssaal ist auch am letzten Verhandlungstag angespannt. Mehrfach wird Murat I. von den Hinterbliebenen verflucht. Und: sie bitten den Richter, eine Stellungnahme der Familie zu verlesen, ein Schreiben, das gleichzeitig Abrechnung und Hilferuf ist.

Aus ihrer Sicht handelt es sich bei der Tat um einen Mord. Murat I. habe ein Leben in Freiheit nicht mehr verdient. "Eine Frau zu erwürgen, ist schon eine abscheuliche Tat. Allein der Gedanke, dass meine Schwester die ganze Zeit über um Luft und um ihr Leben gekämpft hat, lässt mir keine Ruhe. Was hat die Arme in diesen letzten Minuten nur gedacht? An ihre Kinder, denke ich", schreibt die Schwester. "Bitte berücksichtigen Sie, dass unsere Schwester 32 Jahre alt war, drei Kinder hatte und das ganze Leben noch vor sich hatte", heißt es weiter.

Angeklagter entschuldigt sich vor Gericht


Ähnlich sieht es der Anwalt der Hinterbliebenen. In seinem Plädoyer zeigt er sich davon überzeugt, dass Murat I. schon länger vorgehabt habe, seine Freundin zu töten. Er habe seine Tat auf grausame Weise begangen. "Auge in Auge drückt man zu - minutenlang. Irgendwann treten Blutspritzer aus Augen und Nase." Er beantragt eine lebenslange Freiheitsstrafe. Doch der Staatsanwalt wertet die Tat als Totschlag, fordert elf Jahre und sechs Monate Haft. Er spricht von einem Motivbündel, skizziert die angespannte Situation des Paares, das sich einer Trennung näherte. "Der Angeklagte ist nach außen einverstanden, innerlich aber völlig zerrissen."

In diesem Kontext erinnert er an eine Drohung von Murat I.: "Du gehörst mir oder der Erde." In der Tatnacht sei es zum Streit gekommen. Der Angeklagte habe sein Opfer lange gewürgt. Heute, das glaube er ihm, tue ihm die Tat leid. Aber: "Er hat ein Menschenleben vernichtet" Murat I. formuliert schließlich sein Bedauern: "Ich bitte die Familie hundert Mal um Entschuldigung." Er erntet Hohn. Als das Urteil dann verkündet wird, wirkt Murat I. wie erstarrt, blickt auf die Tischplatte vor sich. Ihm gegenüber sitzt die Familie seines Opfers: Der Blick der Angehörigen geht ins Leere, auf ihren Gesichtern zeichnet sich Resignation ab.

Verurteilter will in Revision gehen


Mit den 13 Jahren geht die Schwurgerichtskammer über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus. In der Begründung des Urteils befasst sich der Richter mit der Frage nach dem Auslöser der Tat: "Es liegt nichts näher, als eine sich zuspitzende Diskussion über das Generalthema. Eine Situation, die die Aussichtslosigkeit der Beziehung vor Augen geführt hat." Er spricht von einer tragischen Konstellation: "Man kann es nicht ertragen, von der Frau verlassen zu werden, für die man alles aufgegeben hat."

Zuletzt betont er: "Wir denken, dass 13 Jahre Ihrer Schuld und Ihrer Tat angemessen sind. Ich möchte wissen, ob der Angeklagte das anders sieht." Tatsächlich scheint er das anders zu sehen. Auf Nachfrage kündigt sein Verteidiger, der zehn Jahre Haft beantragt hatte, an, dass er in Revision gehe.