Dieser Tage erst haben die beiden Autokonzerne eine Kooperation bei Mobilitätsdiensten angekündigt. Nun folgt der Schulterschluss beim autonomen Fahren und bei Roboterautos.

München/Stuttgart - Es ist nicht lange her, dass zwischen BMW und Daimler Eiszeit herrschte: 2017 etwa hatten die Stuttgarter per Selbstanzeige bei Kartellhütern wegen vermeintlich allzu enger Zusammenarbeit BMW in die Bredouille gebracht. Jetzt verstehen sich die Konzerne und ihre Chefs immer prächtiger. Gerade erst haben Daimler-Boss Dieter Zetsche und sein BMW-Pendant Harald Krüger eine globale Kooperation bei Mobilitätsdiensten verkündet, folgt der nächste Schulterschluss von potenziell noch größerer Reichweite. Es geht um die gemeinsame Entwicklung von Roboterautos der übernächsten Generation für alle Märkte der Welt. Die soll noch vor 2025 verfügbar sein, haben die Premiumhersteller jetzt in einer Absichtserklärung verkündet.

 

Geplant ist der Aufbau einer nicht exklusiven Technologieplattform

„Wir bringen die Kompetenz von zwei Technologieführern zusammen“, erklärte BMW-Entwicklungschef Klaus Fröhlich. Was BMW und Daimler gemeinsam zum Fahren bringen wollen, sind Fahrzeuge, die auf Autobahnen bis zum Autonomie-Level 4 hin unterwegs sein können. Das sind Autos, bei denen zwar noch ein Fahrer an Bord sein muss. Der kann aber E-Mails schreiben, Zeitung lesen oder einen Film anschauen, während er sich fahren und den Wagen auch automatisch einparken lässt. Geplant ist der Aufbau einer nicht exklusiven Technologieplattform, die auch für andere Partner offen ist, betont Daimler-Forschungschef Ola Källenius, der in Stuttgart als Nachfolger Zetsches in den Startlöchern steht. Technologisch „individuelle Insellösungen“ würden beim revolutionären Trend autonomes Fahren nicht weiterhelfen. Man wolle autonom fahrende Autos zusammen „mit den richtigen Partnern“ auf die Straße bringen, wobei Sicherheit an erster Stelle stehe. Einige dieser Partner bieten sich geradezu an. Denn Daimler kooperiert beim autonomen Fahren seit 2017 mit dem Zulieferriesen Bosch. BMW wiederum hat dazu seit 2016 mit dem US-Chipkonzern Intel und dem Kameraspezialisten Mobileye ein Netzwerk an Firmen aufgebaut, das möglichst technologische Weltstandards für Roboterautos setzen soll. Teil dieser Allianz sind mittlerweile der Autobauer Fiat-Chrysler, die Autozulieferer Continental, Magna und Aptiv (ehemals Delphi) sowie die Software-Experten Kpit und TTTech.

Bosch zeigte in einer ersten Reaktion keine Berührungsängste

Sichtbarstes Element dieser Allianz, die ihrerseits als offen für andere Partner ins Leben gerufen wurde, ist der BMW-Campus für autonomes Fahren in Unterschleißheim vor den Toren Münchens. Rund 1300 Experten aller Partnerfirmen arbeiten dort im Start-up-Stil an der Zukunft des Automobils ohne menschlichen Fahrer. Ausgelegt ist der Campus auf 1800 Personen. Es ist noch Platz – und der dürfte sich füllen. Zwischen BMW und Daimler angedacht sei eine gemeinsame Entwicklung mit gegenseitigem Austausch von Expertenteams an zwei Standorten und zwar Sindelfingen sowie Unterschleißheim, erklärte eine Daimler-Sprecherin. Da auch die bestehende Kooperation von Daimler und Bosch als offen für andere Partner angelegt ist, spricht viel dafür, dass in absehbarer Zeit alle Münchner und Stuttgarter Kooperationsnetzwerke gemeinsam an einem Strang ziehen werden und darüber hinaus auch noch weitere Dritte dazustoßen können.

Bosch zeigte in einer ersten Reaktion keine Berührungsängste, Teil auch der neuen Allianz mit Daimler und BMW zu sein. „Wir sind offen für Partnerschaften aller Art“, sagte eine Sprecherin. Bei den bestehenden BMW-Partnern dürfte es kaum anders sein. Denn der Vorteil möglichst breiter Bündnisse liegt auf der Hand. Milliardenaufwendungen zur Entwicklung von immer autonomer fahrenden Autos lassen sich so auf viele Schultern verteilen. Für den Einzelnen wird es billiger. Zudem kann schneller entwickelt werden. Schnelligkeit und Kosten sparen, sind entscheidend, wenn man bei Roboterautos technologisch die Nase vorne haben und das Geschäft mit der Mobilität auch selbst in der Hand behalten will. Denn neue Rivalen wie der US-Fahrtenvermittler Uber oder der Internetriese Google mit seiner Roboterauto-Tochter Waymo drohen zu enteilen.

Autonomie-Levels 5 soll folgen

Speziell Waymo habe technologisch einen Vorsprung von ein bis zwei Jahren auf traditionelle Autobauer, hatte VW-Chef Herbert Diess jüngst bedauert. Je breiter eine Partnerschaft ist, desto unwahrscheinlicher ist auch, dass Kartellhüter etwas dagegen haben könnten. Die jetzt geplante Kooperation von Daimler und BMW betrifft nicht die aktuell mit jeweiligen Partnern entstehende Generation autonom fahrender Autos, stellt das Duo klar. BMW bringt also sowohl den für 2021 geplanten iNext davon unberührt auf die Straße wie auch Mercedes die zusammen mit Bosch in Entwicklung stehenden autonom fahrenden Modelle. Für spätere Generationen autonom fahrender Autos wollen dann BMW und Daimler gemeinsam Taktgeber der Entwicklung sein. Deshalb stehen beide in weiterführenden Gesprächen zur Entwicklung von Autos des Autonomie-Levels 5 auch für urbane Gegenden und Städte. Das sind Robotertaxis, die ohne Fahrer und überall unterwegs sein können. Daimler und BMW meinen es also anscheinend ernst.