Bodelschwingh-Schule Frust über fehlende Lehrer und unfertige Containerschule
Die Göppinger Bodelschwingh-Schule ist überbelegt, deshalb wurden Klassen in Container im Stauferpark ausgelagert. Die Kritik an den Zuständen dort ist aber groß.
Die Göppinger Bodelschwingh-Schule ist überbelegt, deshalb wurden Klassen in Container im Stauferpark ausgelagert. Die Kritik an den Zuständen dort ist aber groß.
Über dem Göppinger Stauferpark hängen graue Wolken. In der Wilhelm-Fein-Straße am westlichen Rand des Industriegebiets, wo früher unter der Ortsangabe Geisrain Obdachlosenunterkünfte lagen, stehen jetzt die Klassenzimmer-Container der Bodelschwingh-Schule, einem Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Zehn Klassen wurde hier hin ausgelagert. Das soll im hoffnungslos überbelegten Hauptbau hinter dem Landratsamt den nötigen Platz schaffen. Jetzt gibt es dort wieder Fachräume und Differenzierungsräume.
Rund um das Provisorium im Stauferpark sieht es jedoch nicht besonders einladend aus. Elternvertreterin Andrea Brennenstuhl nennt die Gegend „trostlos“. Das größte Problem ist aber, dass die Interims-Schule zum Schuljahresbeginn nicht fertig war – und im Außenbereich immer noch nicht ist. Bei ihr hätten sich sehr viele Eltern gemeldet, die die Zustände für untragbar halten, erzählt Brennenstuhl.
In der ersten Schulwoche musste Unterricht ausfallen, weil es durch das Dach geregnet habe, es gab Probleme mit der Heizung und der Küche. Und Mobiliar war großteils nicht vorhanden. Die Lehrer mussten es zusammenklauben, berichtet Brennenstuhl, wobei sie die Pädagogen ausdrücklich lobt. Dennoch: „Für alle Kinder, die da oben sind, ist das nicht lustig.“ Schulleiterin Ulrike Löffler bestätigt den schwierigen Start mit viel Zwang zum Improvisieren. „Unsere Kolleginnen arbeiten dort am Limit und versuchen so gut es geht, den Unterricht aufrechtzuerhalten“, erklärt Löffler. Neben dem eigentlichen Unterricht sei viel Organisatorisches umzusetzen, das eigentlich in den Ferien geplant war. „Wir gehen davon aus, dass die Arbeiten zügig fertiggestellt werden und sich so nach und nach eine Entspannung einstellt.“ Mit geeigneten Pausenflächen und Spielbereichen im Freien könne die Schule jedoch wahrscheinlich erst im neuen Jahr rechnen. Jürgen Henzler, der Leiter des Staatlichen Schulamts Göppingen, lobt den Einsatz der Lehrkräfte: „Eine räumlich bedingte Auslagerung eines Teils der Schule in dieser Größenordnung ist für alle Beteiligten eine immense Herausforderung.“
Grundsätzlich steht Schulleiterin Löffler hinter dem Provisorium: „Im Prinzip sind wir sehr froh, dass sich durch die Containeranlage mit zehn Klassenzimmern eine Entlastung im Haupthaus ergibt“, sagt sie. Und: „Dass für den Landkreis, der finanziell nicht gut aufgestellt ist, dieses Projekt eine große Herausforderung ist, ist uns sehr wohl bewusst.“
Neben Platz mangelt es an der Schule für Kinder mit Behinderung seit langem auch eklatant an Sonderpädagogen. „Die Personalsituation an der Bodelschwingh-Schule ist nach wie vor sehr angespannt“, sagt die Schulleiterin. „Inzwischen arbeiten wir mit über einem Drittel Lehrpersonal ohne Lehrerausbildung.“ Man habe ein schulinternes Einarbeitungskonzept entwickelt. „Trotzdem können wir nicht von einer ausreichenden Versorgung sprechen.“
Elternvertreterin Andrea Brennenstuhl berichtet, dass die Schule immer wieder abfrage, welche Familien an bestimmten Tagen auf Unterricht verzichten und die Kinder zuhause betreuen können. „Das sorgt natürlich für Ärger“, erzählt Brennenstuhl. Vor allem für berufstätige Eltern sei es ein Unding. Nicht alle Arbeitgeber akzeptierten, dass Eltern fehlen, weil sie ihre gehandicapten Kinder nicht ohne Betreuung lassen können. Die Folge: „Es ist schwierig, einem geregelten Arbeitsverhältnis nachzugehen“.
Für den eklatanten Mangel an Sonderpädagogen sieht die Elternvertreterin keine Lösung. Den Einsatz von Quereinsteigern bewertet sie mit gemischten Gefühlen. Zum einen gebe es viele positive, neue Impulse durch diese fachfremden Lehrer. Zum anderen brauchten sie aber viel Einarbeitungszeit. Und sie habe den Eindruck, dass der Lehrplan oft zu kurz komme, sagt die Elternvertreterin. „Das bedeutet für die Kinder: Betreuung statt Beschulung.“
Schulleiterin Löffler bestätigt außerdem, dass der Ganztagsunterricht um zwei Stunden gekürzt werden musste und dass bei Krankheitswellen keine Vertretung mehr zur Verfügung steht und der Unterricht für einzelne Schülerinnen oder ganze Klassen entfallen muss. Eine weitere Erhöhung des ohnehin hohen Klassenteilers sei aufgrund der Raumgröße nicht mehr möglich.
Schulamtsleiter Henzler sagt hingegen: „Aktuell konnten beide Bodelschwingh-Schulen ausreichend mit Personal versorgt werden. Besonders hilfreich dabei war es, dass eine beträchtliche Anzahl an Verträgen mit Personen aus verwandten Berufen geschlossen werden konnten.“ Henzler ist für die Einarbeitung der fachfremden Mitarbeiter dankbar. Mittelfristig hält er eine Entspannung des landesweit herrschenden Mangels an ausgebildeten Sonderpädagogen für möglich. Kurzfristig fürchtet Schulleiterin Löffler jedoch eher noch eine Verschärfung: „Aus Erfahrung kann ich sagen, dass sich die Situation im Laufe des Schuljahres nicht bessert, da oft noch Ausfälle durch langfristige Erkrankungen oder Schwangerschaften dazu kommen.“
Und wie geht es mit dem drastischen Platzmangel weiter? Schulamtsleiter Jürgen Henzler sagt: „Als Schulträger der beiden Bodelschwingh-Schulen ist der Landkreis Göppingen beständig dabei, die räumlichen Bedarfe der beiden Schulen bestmöglich zu decken.“ Konkret: Am Standort Geislingen entstehen durch den Neubau der Bodelschwingh-Schule zusätzliche Raumkapazitäten. Der Landkreis arbeite derzeit an einer Machbarkeitsstudie zur Weiterentwicklung des gesamten SBBZ-Campus Göppingen. „In diesen Prozess sind sowohl das Staatliche Schulamt als auch die Schulleitung der Bodelschwingh-Schule Göppingen kontinuierlich eingebunden.“ Angesichts der Finanzlage des Kreises ist mit einem Bau in den kommenden Jahren aber wohl nicht zu rechnen.
Zuwachs
Die Schülerzahlen an den Sonderpädagogischen Bildungszentren im Landkreis Göppingen sind im Vergleich zum vergangenen Schuljahr erneut gestiegen. Den höchsten Anstieg verzeichnen die beiden Bodelschwingh-Schulen in Geislingen und Göppingen (SBBZ für geistige und körperlich-motorische Entwicklung). Sie verzeichnen jeweils einen Zuwachs von einer (Geislingen) beziehungsweise drei (Göppingen) Klassen. Die Bodelschwingh-Schule in Göppingen ist etwa dreimal so groß wie ihr Pendant in Geislingen.
Außenklassen
Aktuell verfügt die Bodelschwingh-Schule Göppingen neben dem Hauptstandort über mehrere ausgelagerte Klassen sowie kooperative Organisationsformen an verschiedenen Schulen im Landkreis: Standorte sind im Stauferpark, in Ursenwang, Hieberschule Uhingen, Haierschule Faurndau, Albert-Schweitzer-Schule und Mörike-Gymnasium in Göppingen. Die Bodelschwingh-Schule Geislingen kooperiert mit der Grundschule Eybach und hat ausgelagerte Klassen in Deggingen.