Wegen einer verstopften Erdwärmesonde sind die Arbeiten unterbrochen worden. Fieberhaft wird nach einer Lösung gesucht. Bisher sind 13 von 17 schadhaften Bohrungen repariert.
Böblingen - Unweit der Martin-Luther-Kirche in Böblingen, in der Achalmstraße, reiht sich ein Bauwagen an den nächsten. Eine riesige
Hochdruckpumpe ist aufgebaut, in einem der Containerwagen befindet sich eine Injektions- und Steuerungslage. Zement wird mit deren Hilfe durch Schläuche gepumpt, die bis in den nahegelegenen Schliffkopfweg führen.
Dort, im kleinen Vorgarten der Hausnummer 6, wird der Füllstoff bis in 80 Meter Tiefe gepumpt. Experten waren dort auf eine von insgesamt 17 Geothermiebohrungen gestoßen, die für Erdhebungen im Süden Böblingens verantwortlich gemacht werden. Doch bei dieser schadhaften Sonde kommen die Arbeiter bisher nicht weiter. Eine Sanierung ist nicht möglich, weil „zähflüssiges Material aus dem Erdreich in die Sondenschläuche gedrungen ist“, erklärt Dusan Minic, der Pressesprecher des Böblinger Landratsamtes.
Eine Lösung des Problems ist noch nicht gefunden
Sämtliche Versuche, den Zement in Hohlräume zu pressen, sind gescheitert. Über die eingedrungene Substanz lägen bisher noch keine näheren Erkenntnisse vor, teilt das Landratsamt mit. An einer Lösung des Problemes werde seit Tagen gearbeitet. Daran beteiligt sind Fachleute aus dem Wasserwirtschaftamt, Spezialisten der Sanierungsfirma Keller und das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB) in Freiburg. Die Firma Keller sei mit Versuchen beauftragt worden, erklärt Minic, „um mit einem modifizierten Verfahren die Arbeiten wieder aufnehmen zu können“. Dies habe sich nun aber verzögert. Die Firma Keller benötige mehr Zeit, denn das Problem sei schwieriger als erwartet. Möglicherweise werde sich die Suche nach einer Lösung noch länger hinziehen, sodass erst Ende dieser Woche, vielleicht gar erst nach Ostern die Arbeiten fortgesetzt werden könnten. Keller erprobe größere Schlitze, um den Zement einbringen zu können, und versuche, durch höheren Druck zum Erfolg zu kommen.
„Wir liegen dann immer noch im Zeitplan“, versichert Minic, „wir wollen keinen Schnellschuss.“ Allen Beteiligten sei bewusst, „dass wir mit dem Sanierungsverfahren in weiten Teilen Neuland betreten“. Es sei daher nie auszuschließen gewesen, dass es im Laufe der Sanierungsarbeiten zu Störfällen kommen könne. Das Ziel sei es immer noch, bis zur Sommerpause alle Bohrlöcher repariert zu haben.
Bisher 35 000 Liter Zement in den Boden gepresst
Die Arbeiten sind bis vor Kurzem noch ohne jegliche Komplikationen erledigt worden. Die Sanierung hatten im Oktober 2014 begonnen. Zunächst wurden zwei Erdwärmesonden im nördlichen Bereich Böblingens – im Gebiet der Siemens- und der Altinger Straße – in Angriff genommen. Sie reichten bis in eine Tiefe von 130 Metern. Elf offenbar fehlerhafte Bohrungen, die in den Jahren 2007 und 2008 von der Renninger Firma Gungl im südlichen Hebungsgebiet ausgeführt worden waren, sind bisher mit Zement gefüllt worden. Dabei sind insgesamt 35 000 Liter in die 13 Löcher gepumpt worden. Sie waren nicht dicht gewesen, wodurch Wasser hatte eindringen und in Gipskeuper gelangen können. Wenn dieser nass wird, reagiert er wie ein Schwamm: Er saugt sich voll – und die Erde hebt sich.
Das Landratsamt spricht von rund 200 Hausbesitzern, die Schäden gemeldet haben. Risse durchziehen zum großen Teil sämtliche Stockwerke der Häuser, sie reichen vom Keller bis unter das Dach. Bisweilen sind sie zweieinhalb Zentimeter breit. Fast alle betroffenen Eigentümer schlossen sich in der Interessengemeinschaft Erdhebungen Böblingen zusammen, die von dem Freiburger Rechtsanwalt Eberhard Haaf beraten wird. Der Jurist hat in Staufen (Breisgau) die ebenfalls von Erdhebungen betroffenen Hausbesitzer vertreten, die teilweise entschädigt wurden. Die Böblinger Eigentümer hingegen warten noch immer auf ein Signal von den insgesamt drei Versicherungen, bei denen die Firma Gungl während der Bohrarbeiten in Böblingen unter Vertrag stand. Weshalb die Firma die Versicherung zweimal wechselte, ist bisher nicht bekannt geworden.
Außergerichtliches Schiedsverfahren
Jedenfalls wollen die Allianz, die Württembergische Versicherung und der Versicherungskonzern American International Group (AIG) bereits seit einem halben Jahr in einem außergerichtlichen Schiedsverfahren klären, wer für welche Schäden zuständig ist. Von der in die Insolvenz gegangenen Firma Gungl ist so gut wie nichts zu holen. Laut dem Rechtsanwalt Eberhard Haaf könnte der Gesamtschaden an den Böblinger Häusern zwischen 50 bis 60 Millionen Euro liegen.