Die Integration der Jugendlichen gestaltet sich schwieriger als gedacht. Probleme gibt es bei der Wohnungssuche, mit dem Asylrecht und dem Einstieg in eine Ausbildung.

Böblingen - Seit Jahren ist der Mangel an Heimplätzen für Jugendliche, die nicht bei ihren Familien leben können, ein Thema im Landkreis. Im Jahr 2015 kamen auch viele minderjährige Flüchtlinge ohne Eltern in die Region. Und die Jugendhilfeträger bauten in Windeseile neue Kapazitäten auf. Doch mittlerweile wurde die Balkanroute für Flüchtlinge geschlossen, nur noch wenige unbegleitete Minderjährige kommen hier an. Was soll nun mit den vielen neuen Betreuungsplätzen geschehen? Mit dieser Frage beschäftigten sich am Montag die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses des Kreistags,

 

Zunächst werde sich wenig ändern, erklärte Sarah Hauser von der Einrichtung Waldhaus in ihrem Gesamtüberblick über die Situation der minderjährigen Flüchtlinge, im Fachjargon Umas genannt, im Landkreis Böblingen. „Auch wenn sie volljährig werden, bleiben die meisten jungen Leute noch in den Betreuungsgruppen der freien Träger.“ Zurzeit sind 281 Jugendliche bei den drei Trägern Waldhaus, Stiftung Jugendhilfe aktiv und Verein für Jugendhilfe untergebracht.

Selbstständige Jugendliche erhalten nur zehn Stunden Betreuung pro Woche

Dabei gibt es verschiedene Betreuungsformen. Es gibt sogenannte vollstationäre Wohngruppen, in denen vor allem jüngere Jugendliche rund um die Uhr betreut werden. In Verselbstständigungsgruppen haben diese jungen Leute einige Stunden am Tag Ansprechpartner im Haus, nicht aber am Wochenende. Sehr selbstständig leben die Jugendlichen im betreuten Wohnen. Dabei versorgen sie sich selbst, gehen einkaufen, putzen und kochen. Zehn Stunden in der Woche sind Sozialarbeiter für sie da.

Für die Integration am besten wären gemischte Gruppen, in denen einheimische Jugendliche und junge Flüchtlinge zusammenleben. Doch wegen der großen Zahl von Flüchtlingen, die auf einmal kamen, gebe es viele reine Flüchtlingsgruppen, berichtet Sarah Hauser.

Vorrangiges Ziel sei es, dass die jungen Leute Deutsch lernten und für eine Berufsausbildung fit gemacht würden. Doch dies gelinge nicht so schnell wie erhofft. „Viele Jugendliche sind als Analphabeten zu uns gekommen. Bis sie ausreichend Deutsch können, dauert es“, sagt Hauser. Hans Artschwager, der Geschäftsführer des Waldhauses, der als SPD-Kreisrat im Ausschuss sitzt, bemängelt fehlende Arbeitsangebote für junge Flüchtlinge, die sich schwer mit dem theoretischen Lernen tun, aber handwerklich begabt sind.

Erst mit 18 Jahren stellen sie einen Asylantrag

Ein weiteres Problem sei der Wohnungsmarkt, sagte Sarah Hauser. „Wenn die Jugendlichen 19, 20 und damit selbstständig werden, ist es sehr schwer, Wohnungen für sie zu finden.“ Hinzu komme für viele die rechtliche Unsicherheit. Denn erst, wenn sie 18 Jahre alt werden, können die Flüchtlinge einen Asylantrag stellen. „Im Moment begleiten wir viele unserer Schützlinge zur Anhörung“, so Sarah Hauser. Bis deren Status aber geklärt sei, gehe viel Zeit ins Land.

Die Kreisverwaltung möchte 38 der neu geschaffenen Betreuungsplätzen in vollstationären und Verselbstständigungsgruppen dauerhaft erhalten. Diese würden im Kreis dringend gebraucht, auch wenn die Flüchtlinge längst erwachsen und den Gruppen entwachsen seien.