Die 25 Beiträge des ersten Smartphone Filmfestivals haben eine breite Themenpalette transportiert. Der goldene „Bobilo“ ging an einen Münchener Regisseur.

Böblingen - Draußen liegt über dem Brauereihof ein Hauch von Curry in Luft, der von einem Imbisstand herüberweht. Drinnen im ehemaligen Werkstattraum der Böblinger Schönbuch Braumanufaktur machen die Organisatoren des ersten Smartphone Filmfestivals den Gästen die 25

 

Wettbewerbsbeiträge schmackhaft. Die Besucher wollen vor allem den Siegerstreifen sehen. „Das erste Mal“ hat ihn der Münchener Leon Herres betitelt und greift damit das Festivalmotto auf. In Abwesenheit hat er am Samstag den ersten „Bobilo“ verliehen bekommen, die vergoldete Trophäe für den ersten Platz, den ihm die Juroren einstimmig zugeteilt haben. Mit ihm ist eine Reise nach Paris verbunden und ein Handgeld von 300 Euro.

Auch Siebtklässler haben einen Beitrag eingereicht

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben. Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten“ – die Hesse-Sentenzen sind dem Jury-Mitglied Mauro Nardin wohlbekannt und umschreiben in etwa das, was in dem dunklen Vorführraum passiert. Leon Herres erzählt in seinem knapp zweiminütigen Beitrag – länger durften auch die anderen Smartphone-Werke nicht sein – wie er täglich in dieselbe S-Bahn steigt, am liebsten immer und immer wieder Spiegeleier isst, sein Zimmer aufräumt und bei elektronischen Einladungen stets den Button „Nehme nicht teil“ anklickt, bloß um kein Risiko des Unbekannten einzugehen. „Ich habe Angst vor Veränderungen“, lässt er seinen Protagonisten sagen – oder ist er es am Ende selbst, um den es in dem Film geht? Mit dem jungen Mann nimmt es schließlich eine Wendung – er klickt den Button „Nehme teil“ an, um doch noch etwas Neues kennenzulernen.

Mauro Nardin, der italienische Organisator des Kurzfilmfestivals in Venedig, und Jogi Hild, der Holzgerlinger Kommunikationsdesigner, die beide das Festival aus der Taufe gehoben haben, wissen von ihren Teilnehmern nicht viel, gerade mal ihr Alter und wo sie herkommen. Etwas anderes ist es im Fall der drei Siebtklässler des Goldberggymnasiums, die zu der Preisverleihung erschienen sind, mit ihrem Beitrag aber leer ausgehen. Dabei haben aber auch die 13-Jährigen eine interessante Story umgesetzt: Einer von ihnen verliert auf seinem I-Phone ein Spiel, sein virtueller Gegner wird auf einmal lebendig und verfolgt ihn im wirklichen Leben. „Die große Einbildung“ nennen die drei Nachwuchsfilmer ihren Beitrag, die Kameraführung ist allerdings noch nicht ganz ausgereift.

Mit einer ausgereiften Technik und zahlreichen Apps überzeugt dagegen José Marquez in seinem experimentellen Animationsfilm, dessen Inhalt jedoch wiederum weite Interpretationsspielräume eröffnet. Marquez aus Venezuela erhält – ebenfalls in Abwesenheit – den silbernen „Bobilo“. Die Statuen hat im übrigen der Böblinger Künstler Alfredo Pucci vom Kulturnetzwerk Blaues Haus aus Fimo-Knete hergestellt. Sie bestehen aus einem nachempfundenen Kopf des aus der Böblinger Sage bekannten räuberischen Ritters Bobilo, der aus einem Handy herauswächst.

Ebenfalls einen Preis hat eine siebenköpfige Filmergruppe um den 25 Jahre alten Böblinger Axel Ganz für „Zivilcourage“ gewonnen. Es geht um einen leblosen Mann, der auf der Straße liegt und an dem Passanten vorbeilaufen. Andere Teilnehmer halten mit ihrem Handy auf erschreckende Weise ihre Gewaltfantasien fest, wie sie mit imaginären Waffen Gleichaltrige abknallen. „Das ist ein Film, bei dem wir nicht wussten, wie wir damit umgehen sollen“, bekennt Hild. Auch die Kunst des Skateboardfahrens hat die Nachwuchsregisseure gereizt, etwas ältere I-Phone-Filmer setzten sich poetisch mit der Kampfsportart Aikido auseinander. „Wir müssen beim nächsten Mal Alterskategorien bilden“, sagt Hild. Beiträge von Neunjährigen seien nun einmal anders zu bewerten als von 40-Jährigen.

Trotz der sehr unterschiedlich ausgefallenen Resultate wollen die Festivalmacher nächstes Jahr wieder an den Start gehen. 10 000 Euro haben sie dieses Mal zusammengekratzt, 5000 Euro erhielten sie als Landeszuschuss, der Rest sind Sponsorengelder. Auch bei der Besucherresonanz ist noch Luft nach oben. Zum Festival am Wochenende kamen rund 300 Gäste. „Wir betreten hier beim bisher einzigen Festival dieser Art in Süddeutschland in jeder Hinsicht Neuland“, erklärt Jogi Hild.