Abgeordnete aus der Region äußern sich zur Diskussion um das Meldegesetz.

Die Debatte um das neue Meldegesetz schlägt Wellen. Hochbrisant: es sieht vor, dass Behörden persönliche Daten der Bürger an Firmen verkaufen dürfen. Außerdem steht die Abstimmungspraxis in der Kritik. Bei der Abstimmung am 28. Juni waren gerade einmal zwei Dutzend Abgeordnete im Plenarsaal des Bundestages anwesend; außerdem gab es keine parlamentarische Debatte – nach gerade einmal 57 Sekunden war das Meldegesetz beschlossen.

 

Der Bundestagsabgeordnete Florian Toncar aus dem Wahlkreis Böblingen kann die Aufregung nicht recht nachvollziehen. Die Gesetzesänderung sei keineswegs heimlich entschieden worden. Im zuständigen Ausschuss haben die Abgeordneten darüber beraten, so Toncar. Zudem sei das neue Gesetz sei für die Bürger in jedem Fall eine Verbesserung. Auch sein Fraktionskollege Erik Schweickert (Enzkreis) hält die Überführung des Melderechts in Bundeskompetenz grundsätzlich für eine gute Sache. „Bisher obliegt die Frage der Herausgabe von Meldedaten den Ländern und ist kaum gesetzlich geregelt“, sagt der verbraucherschutzpolitische Sprecher seiner Fraktion. Für die Äußerungen aus den Reihen der CSU hat Schweickert wenig Verständnis. Es sei befremdlich, wenn die Fraktion zunächst im parlamentarischen Verfahren Druck für die Abschwächung des Datenschutzes gegenüber dem Regierungsentwurf mache, um im Nachhinein den entsprechenden Beschluss zu kritisieren. Seine Fraktion nehme indes erfreut zur Kenntnis, dass die Union nun doch folgender Änderung zustimmen wolle: Bürger, die bereit sind, ihre Daten zu verkaufen, müssten ihre Einwilligung dafür geben. Der Böblinger CDU-Abgeordnete Clemens Binninger war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Abgeordneten der Oppositionsparteien sehen das neue Meldegesetz kritisch. Der grüne Enzkreis-Abgeordnete Memet Kilic kritisiert, er sei selbst als Mitglied des Innenausschusses – der das Gesetzt vorbereitet hat – nicht rechtzeitig über die letzten Änderungen informiert worden. „Anfangs sollte das neue Meldegesetz dabei helfen, den Datenschutz zu verbessern, nun ist im letzten Moment eine Datenschleuder daraus geworden“, betont der gelernte Jurist. „Man muss nun aktiv widersprechen – das aber kann man den Bürgern nicht zumuten, es ist kompliziert und zeitaufwendig.“ Die Politik sei dafür da, die Bürger zu schützen, nicht dafür, Datenhändler zu unterstützen. Als „Katastrophe für den Datenschutz“ bezeichnet Richard Pitterle, der Linken-Abgeordnete des Wahlkreises Böblingen und Fachanwalt für Arbeitsrecht, das neue Meldegesetz. „Eine staatsbürgerliche Pflicht wird dafür genutzt, dass Unternehmen Geld verdienen und gezielt werben können.“

Katja Mast, SPD-Abgeordnete des Enzkreises, haut in die selbe Kerbe. „Ich bin entsetzt, dass das Meldegesetz den Behörden die Möglichkeit gibt, Adressen zu verkaufen“, sagt sie. Zwar sei das Meldegesetz grundsätzlich eine gute Sache. „Aber ich gehe davon aus, dass meine Partei ihre Mehrheit im Bundesrat nutzt, um diese Möglichkeit zu blockieren und das Gesetz noch einmal in den Vermittlungsausschuss zu bringen.“