Für den Kreis Böblingen wird es schwierig, bei dem Ex-Betriebshofchef des Abfallwirtschaftsbetriebes Geld zu holen. Die beiden Parteien trafen sich jetzt vor dem Landesarbeitsgericht in Stuttgart wieder.

Böblingen - Das ist komplett falsch, das ist Quatsch“, ruft der ehemalige Betriebshofleiter des Böblinger Abfallwirtschaftsbetriebs quer durch den Saal des Landesarbeitsgerichts. In der Stuttgarter Börsenstraße trifft er auf einen seiner ehemaligen Chefs. Die Atmosphäre zwischen dem Ex-Kreismitarbeiter und seinem Arbeitgeber ist nachhaltig gestört. Das macht die zivilrechtliche Aufarbeitung der Betrügereien bei der kreiseigenen Tochter nicht einfacher. Bei der Verhandlung geht es um rund 205 000 Euro Schadensersatz, die der Abfallwirtschaftsbetrieb von seinem einstigen Mitarbeiter haben will.

 

Die Materie ist verzwickt – und die Verfahrensbeteiligten nicht gut aufeinander zu sprechen. Souverän und sachlich führt Eberhard Natter, der Präsident des Landesarbeitsgerichts, durch die mehrstündige Berufungsverhandlung. Sie dreht sich um zwei Komplexe, die schon vor dem Stuttgarter Arbeitsgericht verhandelt worden sind. Dessen Entscheidungen aber fochten die Prozessgegner an.

Unterlagen fehlen

Bei dem einen drehte es sich um Rechnungen für Zubehör von Mülltonnen wie etwa spezielle Schlösser und von Müllfahrzeugen wie etwa Rückfahrkameras. Es gebe einige Positionen bei denen streitig sei, ob sie tatsächlich auch geliefert worden seien, so der Eberhard Natter. „Es ist auffällig, dass Unterlagen fehlen“, sagt der Jurist an die Adresse des Ex-Betriebshofleiters. Daneben gebe es Produkte, die zwar an den Abfallwirtschaftsbetrieb gingen, aber die Frage nicht geklärt sei, wer sie geliefert habe und ob sie überhaupt notwendig gewesen seien, so der Richter. In jedem Fall will der Kreis Böblingen dafür über 180 000 Euro von dem Ex-Betriebshofleiter zurück.

Dazu kommen noch fast 25 000 Euro für zwei spezielle Schüttungen, also Aufsätze für Müllfahrzeuge. In dem Fall glaubt der Abfallwirtschaftsbetrieb etwas bezahlt zu haben, was zur Ausstattung zweier neuer, bei einer Messe in Florenz bestellten Müllfahrzeuge bereits gehörte. Das sei auch so, erklären der Ex-Betriebshofleiter und sein Anwalt. Die Rechnungen seien für die Neuanschaffungen gesplittet worden, um so den Werksausschuss zu umgehen. Bei Ausgaben von 120 000 Euro und mehr muss er eingeschaltet werden. „Die Sache ist dubios.“ Zu dem Schluss kommt der Landesarbeitsgerichtspräsident fast am Ende der Verhandlung. Sie endet ohne ein Urteil. Denn Natter will den Fall mit seinen Beisitzern noch einmal beraten, auch will er den Ausgang eines anderen Verfahrens in dem Zusammenhang abwarten.

Der ehemalige Kreismitarbeiter ist „finanziell am Ende“

Auf einen Vergleich haben sich die Prozessgegner nicht einigen können. „Mein Mandant ist finanziell am Ende“, sagt der Rechtsanwalt des einstigen Betriebshofsleiters, den der Kreis nach Bekanntwerden der Unregelmäßigkeiten im Jahr 2011 vor die Tür setzte. Dieser war im vergangenen Dezember vom Stuttgarter Landgericht wegen Betrugs, Untreue und Vorteilsnahme zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil er und die Staatsanwaltschaft Stuttgart in Revision gegangen sind.

Mit auf der Anklagebank saß damals unter anderem ein Ehepaar, das eine Scheinfirma in Cuxhaven betrieb und die mutmaßlich fingierten Rechnungen ausstellte. Mit ihm hat der Kreis Böblingen einen Vergleich geschlossen. 56 000 Euro soll das Paar bereits an Schadensersatz nach Böblingen überwiesen haben. Ob dessen Zahlungen auf die Forderungen des Kreises an den Ex-Betriebshofleiter angerechnet werden können, ist eine der Fragen, die Eberhard Natter mit seinen Beisitzern noch klären will.