Mehrkosten von 100 Millionen. Grundstein für Strahlentherapiezentrum wird bald gelegt. 

Böblingen/Leonberg - Mit Superlativen geizten die Akteure nicht, als sie jetzt die Vorplanung für die Flugfeldklinik präsentierten. „Wir planen kein Nullachtfünfzehn-Krankenhaus, sondern eine der bedeutendsten Klinikbauten im Land“, sagte Landrat Roland Bernhard. „Eines der besten Krankenhäuser Deutschlands“ will der Architekt Ralf Landsberg „auf die grüne Wiese stellen“.

 

Ehrgeizig sind die Ziele, innovativ die Methoden. Als bundesweit eines der ersten Krankenhäuser wird die Flugfeldklinik komplett von Anfang bis Ende mit der digitalen BIM-Methode geplant. Dabei wird die Klinik sozusagen zweimal gebaut: erst virtuell, dann real.

Entsprechend präsentierten die Architekten Landsberg und Albrecht Randecker von den Büros HDR und h4a auch Visualisierungen im Drei-D-Format. Schon jetzt können künftige Patienten einen virtuellen Spaziergang durch die sogenannte Magistrale machen – der Hauptgang, der die Klinik erschließt.

Ein Krankenhaus der kurzen Wege soll es werden. „Einmal um die Ecke biegen und dann ist man schon da“, formulierte Landsberg das Ziel. So gelangt man vom Haupteingang, der in Richtung Stadt und Bahnhof liegt, direkt in diesen Gang, der eine Verlängerung der Elly-Beinhorn-Straße darstellt. Von da aus sind es nur wenige Meter zur Notaufnahme und Radiologie auf der rechten Seite und zu den Ambulanzen der Fachkliniken gegenüber. In der darüberliegenden Etage sind die Intensivstationen, darüber die Patientenzimmer – sie alle sind ausgerichtet zur grünen Mitte und dem Langen See.

Gebaut wird die Klinik aber nicht als großer Block. Fingerförmig reichen die drei Bettenbauten in die Landschaft hinein. Dazwischen gibt es begrünte Innenhöfe. Der erste quadratische Bau beim Haupteingang ist das Eltern-Kind-Zentrum. Hier sollen die Frauen- und Kinderklinik unterkommen. Fünf Stockwerke hoch sind die drei Bettengebäude, vier das gegenüberliegende Gebäude mit der Notaufnahme. Die Magistrale in der Mitte verbindet beide Teile. Obwohl der Flur 220 Meter lang ist, ist er nicht dunkel, sondern wird durch Lichthöfe und ein Glasdach erhellt.

Die Verwaltung und die Akademie des Klinikverbunds werden in einem 48 Meter hohen Hochhaus untergebracht. Dafür hat der Landkreis ein weiteres Grundstück gekauft. Der bisher für die Verwaltung vorgesehene Platz dient nun als mögliche Erweiterungsfläche. Die oberen Stockwerke des Hochhauses sollen laut dem Landrat an „gesundheitsaffine Dienstleister“ vermietet werden. Denkbar sei etwa der Einzug von Rehapraxen oder einer Kurzzeitpflege.

Das Ganze hat freilich seinen Preis. So wird der Neubau wesentlich teurer als bisher geplant. Bei 450 Millionen Euro lag die Höchstgrenze, nun spricht der Landrat von 550 Millionen Euro. Dies sei vor allem den um zehn Prozent gestiegenen Baupreisen geschuldet. 70 Millionen Euro mehr mache das aus, sagte Bernhard. Hinzu kommen 30 Millionen Euro für zusätzliche Wünsche wie das Erweiterungsgrundstück und weitere 400 Parkplätze auf dem Areal.

Der kaufmännische Geschäftsführer Martin Loydl ist trotzdem optimistisch. Er rechnet mit höheren Zuschüssen des Landes. „Bisher gingen wir von 43 Prozent Förderung aus, jetzt können wir mit 50 Prozent rechnen.“ Zudem seien die Zinsen für die Finanzierung deutlich niedriger als noch vor zwei Jahren. Dies würde die höheren Baukosten so gut wie ausgleichen, hofft der Landrat. Eine Zusage des Landes hat er aber noch nicht. „Das werden wir zu gegebener Zeit verhandeln.“ Wichtig sei, möglichst schnell zu bauen, um weitere Preissteigerungen zu vermeiden. Volle Unterstützung für sein Großprojekt hat der Landrat von den dortigen Oberbürgermeistern. „Die Entwicklungen im Gesundheitswesen bestätigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind mit einem Flaggschiff auf dem Flugfeld“, sagte der Sindelfinger OB Bernd Vöhringer. Sein Böblinger Kollege Stefan Belz lobte die Pläne. „Die Klinik fügt sich gut in die Umgebung ein.“

Auch in Leonberg tut sich was. Dort legen Oberbürgermeister Martin Kaufmann und der Investor Josef Hoen in einer Woche den Grundstein für ein privates Strahlentherapiezentrum. Interessanterweise laden zur Feierstunde ausschließlich der OB und der Bauherr ein, obwohl das Gelände dem Kreis gehört. Mediziner sehen die Strahlentherapie als ideale Ergänzung für die Innere Klinik im Krankenhaus.

Klinik doppelt so groß wie Olga-Hospital

Zahlen

15 000 Quadratmeter groß ist das Grundstück, das bebaut wird. Das entspricht einer Fläche von 15 Fußballfeldern. Das gesamte Krankenhaus hat später in den vier bis fünf Stockwerken 120 000 Quadratmeter. „Das ist viermal die Fläche des Langen Sees auf dem Flugfeld und damit ist das Haus doppelt so groß wie das Olga-Hospital in Stuttgart“, sagt der Projektleiter Harald Schäfer.

Fakten

Sieben Monate dauert die Vorplanung, dessen Ergebnisse dem Planungs- und Bauausschuss des Böblinger Kreistags am 18. Juni vorgelegt werden. „Da sind wir mit einem rasanten Tempo unterwegs“, meinte der Projektleiter Schäfer. Bis Frühjahr 2019 soll der fertige Entwurf vorliegen. Dieser ist dann Grundlage für den Baubeschluss. 2024 soll die Klinik in Betrieb gehen.

Zukunft

Momentan werden die Patienten in den Krankenhäusern Böblingen und Sindelfingen versorgt. Diese bilden eine Klinik, liegen aber Luftlinie drei Kilometer voneinander entfernt. Wenn die Flugfeldklinik eröffnet wird, sollen die bestehenden Häuser schließen. Was dann mit ihnen geschieht, steht noch nicht fest. Die Kliniken in Leonberg und Herrenberg sollen erhalten bleiben.