Die Verwaltung sucht nach Wegen, um die Tiere vom Oberen See fernzuhalten. Ein Vorschlag: Ihnen soll der Brutplatz genommen werden.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - In etwa vier Monaten werden die Zugvögel wieder in Böblingen landen. Rund 100 Graugänse und ihre Verwandten, die Nil- und Kanadagänse, tummelten sich im vergangenen Jahr am Oberen See – mit der Folge, dass ihre Hinterlassenschaften das Ufer, die Wiesen und Wege übersäten und das Wasser verschmutzen. Das Umwelt- und Grünflächenamt hat bereits viel ausprobiert, um die Vögel zu verjagen. Aber weil die Böblinger sie offenbar fleißig füttern, beharren sie hartnäckig auf ihrer Sommerresidenz. „Alle Städte kämpfen mit dem gleichen Problem, niemand hat eine Lösung“, sagt Barbara Mischke, die Leiterin der Abteilung Umwelt und Grünflächen. Die Verwaltung will den Graugänsen deshalb die Insel im Oberen See nehmen. Das ist ihre Brutstätte.

 

Seit fünf Jahren legen die Graugänse von Februar bis September eine Zwischenstation in Böblingen ein. Gleich am Anfang hatte sich die Verwaltung bei Spezialisten und anderen Kommunen Lösungsvorschläge eingeholt. „Die bisherigen Maßnahmen waren aber eher weniger erfolgreich“, sagt Barbara Mischke. Die effektivsten Methoden zur Vertreibung der Tiere sind ausgeschlossen: Sie zu jagen ist zwar erlaubt, aber eben nicht in der Stadt. Das gleiche gilt für den Einsatz eines Greifvogels als natürlichen Feind der Gänse. Und die Bürger hätten sich weder durch Schilder und Aufrufe noch durch Kontrollen von Mitarbeitern des Ordnungsamtes vom Füttern der Tiere abhalten lassen, weshalb diese auch ihre Scheu verloren hätten.

Jede Variante hat Nachteile

Viele Menschen füttern die Nilgänse. Foto: Pixabay
Zwei Gegenmittel zeigten allerdings etwas Wirkung: eine Ausstiegsbarriere aus Ästen an einem Ufer und das Zurückschneiden der Sträucher auf der Insel. Für den Eiertausch, wie er bei Tauben praktiziert wird, gibt es keine Genehmigung, weil die Graugans geschützt ist. Barbara Mischke schöpft deshalb aus einer weiteren Erkenntnis Hoffnung: „Seen, die keine Insel haben, sind für Gänse als Aufenthaltsort nicht so interessant und werden nur auf dem Durchzug kurz angenommen.“ Drei Möglichkeiten schlägt ihre Abteilung vor: Die Insel könnte gerodet, mit Steinen belegt und mit einer Wasserfontäne versehen werden. Sie könnte mit Trittsteinen für Mensch, Marder und Fuchs zugänglich gemacht werden. Oder sie könnte einfach abgetragen werden.

Dass jede Variante Nachteile hat, ist Barbara Mischke klar. Die Fontäne kostet mit 230 000 Euro am meisten Geld. Die Scheuchwirkung ist zwar groß, aber wenn Frost in der Brutzeit im März herrscht, kann sie gar nicht angeschaltet werden. Dass die Trittsteine zu „einer unkalkulierbaren Anziehungskraft für Jugendliche“ darstellen und das Eiland dann zum Treffpunkt missbraucht werden könnte, ist die Befürchtung bei der zweiten Variante. Die Insel abzutragen und eine Flachwasserzone einzurichten, käme auf 180 000 Euro. Dabei handele es sich für das Gewässer um eine große ökologische Aufwertung. „Die Insel als stadtprägendes Element geht allerdings verloren“, sagt die Abteilungsleiterin über die von der Verwaltung favorisierte Lösung.

Genau mit diesem Argument erteilten die Stadträte im Ausschuss für Umwelt, Technik und Verkehr dem Vorschlag eine Absage. Markus Herms von den Grünen fand ihn zu drastisch und forderte, noch andere Varianten auszuprobieren. Eine Entscheidung wurde vertagt. Die Verwaltung soll eine Idee von Ralf Sklarski (Freie Wähler) ausarbeiten: Sie lautete, die Insel erst komplett zu roden und dann nur einen Baum darauf zu pflanzen.