Der Insolvenzverwalter der Firma Gungl hat nun Ansprüche von insgesamt 19,1 Millionen Euro gemeldet bekommen. Von den Erdhebungen sind auch die Stadt und die Stadtwerke betroffen.

Böblingen - Fast bis zu einem halben Meter hat sich die Erde in Böblingen bereits gehoben – die Risse an 200 Häusern werden größer und die Wasser- und Gasleitungen sind nicht mehr überall sicher.

 

„Binnen kürzester Zeit hatten wir 25 Wasserrohrbrüche“, sagt Gerd Hertle, der Geschäftsführer der Stadtwerke Böblingen, die für die Frischwasserversorgung zuständig sind. Im Insolvenzverfahren gegen die Firma Gungl, deren schadhafte Bohrungen für die Erdhebungen verantwortlich gemacht werden, hat Hertle Ansprüche in Höhe von rund einer halben Million Euro geltend gemacht. Noch mehr Probleme hat die Stadt Böblingen mit ihren Abwasserrohren. Sie machte beim Insolvenzverwalter 2,5 Millionen Euro geltend. Ähnliches gilt für die Gasleitungen der EnBW, die zur Sicherheit 15 Anschlüsse austauschte und ebenfalls Ansprüche meldet.

Was besonders ins Geld gehe, sei die ständige Überwachung sämtlicher Leitungen, sagt Hertle. Die Stadtwerke und die Stadt dokumentieren regelmäßig die Hebungen und kontrollieren die Schächte. Auch die EnBW inspiziert fast täglich ihre Leitungen. Die geänderten Hausanschlüsse seien von Metall auf Kunststoff umgestellt worden, berichtet der EnBW-Pressesprecher Hans-Jörg Groscurth, „damit die Leitungen flexibler sind.“ Ob für die Haushalte eine Gefahr besteht, darüber möchte er sich nicht äußern. „Was wir tun, sind alles Vorsichtsmaßnahmen.“ Ein Haus musste allerdings ganz vom Netz genommen werden: Das Eigenheim von Antonio La Marra, der im Dezember 2013 ausziehen musste, weil das Gebäude wegen der Schäden durch die Erdhebungen einsturzgefährdet ist. „Zum Glück hat es noch keine Personenschäden gegeben“, sagt Hertle mit Blick auf den Fall der Familie La Marra.

Auch die EnBW hat Forderungen

Die EnBW habe gegenüber dem Stuttgarter Insolvenzanwalt Thomas Luger bisher eine Forderung im „niedrigen, sechsstelligen Bereich“ gestellt, sagt Hans-Jörg Groscurth. Wie Luger erklärt, könnten im Laufe des Verfahrens jederzeit weitere Beträge angemeldet werden. Bisher seien bei ihm insgesamt 19,1 Millionen Euro geltend gemacht worden. Wie berichtet, stellt das Landratsamt Böblingen Sanierungskosten für 17 schadhafte Bohrlöcher in Höhe von rund fünf Millionen Euro in Rechnung.

Im Leitungsnetz der Stadtwerke, das in den betroffenen Wohngebieten fünf bis sieben Kilometer lang sei, gebe es überall Verschiebungen und Spannungen. Viele Wasserrohre müssten ausgetauscht werden. „Die halbe Millionen Euro, die wir geltend machen, sind erst der Anfang“, sagt Hertle. Um nicht weitere Wasserrohrbrüche zu erleben, müssten früh genug Vorsorgemaßnahmen getroffen und mögliche Bruchkanten gesichert werden.

84 Gläubiger im Insolvenzverfahren

Auch die 200 geschädigten Hausbesitzer müssen bald wenigstens die nötigsten Reparaturen vornehmen. Wie viele auf Geld hoffen, weiß Luger noch nicht. 84 Gläubiger zählt er aktuell, die meisten davon jedenfalls seien Gebäudeeigentümer. Auf sie entfalle auch der Löwenanteil der Gesamtforderung von 19,1 Millionen Euro.

Die Interessengemeinschaft der Hausbesitzer, in den die meisten der Betroffenen organisiert sind, hat nun zusätzlich ebenfalls einen kleinen Anspruch geltend gemacht. Aber die Insolvenzmasse beträgt wohl höchstens 150 000 Euro. „Wichtig ist, dass die Leute ihre Ansprüche nicht verlieren. Wenn wir sie nicht gegen Gungl richten, dann können wir sie später auch nicht bei den Versicherungen der Firma geltend machen“, erklärt Hans-Peter Braun, ein betroffener Hauseigentümer.