Der Geschäftsführer Gerd Hertle entschuldigt sich für die Falschaussage, die Verbraucherzentrale habe an der Erhöhung des Fernwärmepreises nichts auszusetzen.

Böblingen - Gerd Hertle rudert zurück. Aber nur was die Formulierung gegenüber den 8500 Haushalten in Böblingen betrifft, denen er mitgeteilt hatte, dass die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg die Preiserhöhung bei der Fernwärme für okay halte.

 

„Wir entschuldigen uns bei unseren Kunden, die sich dadurch in die Irre geführt fühlen. Und wir entschuldigen uns bei der Verbraucherzentrale“, lässt der Stadtwerke-Geschäftsführer nun verlauten. „Wir haben einen Fehler gemacht. Dies bedauern wir sehr“, heißt es in der Mitteilung weiter.

Die Stadtwerke hätten daraufhin die Konsequenz gezogen und „intern organisatorische Änderungen in der Außenkommunikation vorgenommen“, erklärt Hertle weiter. An der Preiserhöhung bei der Fernwärme zum 1. August 2105 von durchschnittlich insgesamt 21 Prozent aber halten die Stadtwerke fest. Sie begründeten die Anhebung mit den hohen Investitionen in das Fernwärmenetz. „Uns liegt eine offene und transparente Kommunikation am Herzen“, betont Hertle. Man habe der Verbraucherzentrale umfangreiche Informationen zur Preisanpassung zur Verfügung gestellt. Sie habe dann telefonisch erklärt, dass sie in puncto Preisanpassungen nichts unternehmen werde

Zwangsweise an das Netz angeschlossen

Die Verbraucherzentrale in Stuttgart hatte am vergangenen Donnerstag erklärt, dass das Vorgehen Hertles an Dreistigkeit kaum zu überbieten sei. Die Verbraucherschützer hatten sich vielmehr außer Stande gesehen, gegen die drastische Preisanhebung von durchschnittlich 21 Prozent „im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Rechtsinstrumente vorzugehen“.

Eckhard Benner von der Verbraucherzentrale erläutert das jetzt noch näher: „Wir haben keine Möglichkeit, dagegen zu klagen, weil die Stadtwerke für die Verbraucher keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen verfasst haben.“ Ein Vertragsverhältnis bestehe quasi durch die Lieferung der Fernwärme. Peter Aue von der Böblinger Interessengemeinschaft Fernwärme bestätigt das: „Es gibt keine Verträge. Viele von uns wurden vor Jahrzehnten von der Stadt Böblingen zwangsweise an das Fernwärmenetz angeschlossen und sind seitdem Abnehmer.“

Verbraucherschützer: Keine Möglichkeit für eine Klage

Die jetzigen Stadtwerke sind Ende des Jahres 2012 neu gegründet worden und Anfang 2013 an den Start gegangen. Die Stadt, die vorher alleine für die Stadtwerke verantwortlich war, ist an ihnen nun mit 59 Prozent beteiligt, der Energiekonzern EnBW hält 41 Prozent. Zwar haben sich die neuen Stadtwerke eine Satzung gegeben, „doch hilft sie uns nicht weiter“, sagt Eckhard Benner. Der Gesetzgeber sehe hier keine Möglichkeit vor, eine Unterlassungsklage einzureichen.

Laut der Stadtwerke-Satzung besteht tatsächlich ein Anschlusszwang. „Die Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wärme verbraucht wird, sind verpflichtet, diese Grundstücke an die öffentliche Wärmeversorgung anzuschließen, wenn sie an eine öffentliche Straße mit einer betriebsfertigen Versorgungsleitung grenzen oder ihren unmittelbaren Zugang zu einer solchen Straße über ein privates Grundstück haben“, heißt es dort. „Die Kunden können sich kaum dagegen wehren, weil sie auf die Wärmelieferung angewiesen sind“, weiß der Verbraucherschützer Benner.

Keine Alternative in den Wohngebieten

Viele könnten nicht auf eine andere Energiequelle umsteigen, auch wenn sie selbst viel Geld in eine neue Heizung investierten. „Weil es in den Wohngebieten zum Beispiel keine Gasleitungen gibt“, bemerkt Peter Aue. Dem CDU-Landtagsabgeordneten Paul Nemeth stieß dies auch schon einmal sauer auf. Das seien ja Verhältnisse wie in der DDR, kritisierte er.