Der Kreis denkt wegen Streit mit dem Tierschutzverein über eine alleinige Übernahme der Einrichtung nach. Der Verein will hingegen mit einem Mediator die Querelen beilegen.

Böblingen - Die Querelen in und um das Böblinger Tierheim nehmen kein Ende. Im Kreistag wächst der Unmut über den Mitgesellschafter Tierschutzverein, der gemeinsam mit dem Kreis Träger der Einrichtung ist. Eine drohende Pleite des Tierheims sowie ständige Querelen innerhalb des Vereins hatten 2009 den Kreis zum Einstieg als Gesellschafter bewogen. Mittlerweile werden Stimmen laut, die fordern, der Landkreis solle das Tierheim in Alleinregie übernehmen. „Immerhin zahlen wir jährlich inklusive der Katzenkastration 275 000 Euro. Das sind 70 Prozent der laufenden Kosten. Da können wir gut noch etwas mehr übernehmen und haben dann das alleinige Sagen“, meint etwa Walter Arnold von der CDU-Fraktion, der für den Kreis im Aufsichtsrat des Tierheims sitzt.

 

Die Gegenseite, der Tierschutzverein, sieht das anders. „Es gibt keinen partnerschaftlichen Umgang zwischen den Gesellschaftern“, kritisiert Andreas Kempf, der momentan als Sprecher des Vereins fungiert. Der Journalist betreibt in Sindelfingen eine Kommunikationsagentur. Der Tierschutzverein hat den 53-Jährigen als Berater engagiert, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Kommunikationsprobleme sieht Kempf nicht nur innerhalb des Vereins und zwischen Geschäftsführung und Tierheimleiterin, sondern auch zwischen den Gesellschaftern. „Der Kreis hat im Aufsichtsrat das Sagen. Bei Stimmenpatt zählt die Stimme des Aufsichtsratschefs Wolf Eisenmann doppelt. Der Verein kann seine Linie nicht durchsetzen“, moniert Kempf.

Streit über Sanierung von Hundehäusern

Wolf Eisenmann, der als Ex-Vizelandrat das Amt des Aufsichtsratschefs auch im Ruhestand weiterführt, sieht den Kreis im Recht. „Wir zahlen den größten Teil im Tierheimbetrieb. Da müssen wir auch mehr zu sagen haben.“ Der Berater Andreas Kempf hält dagegen: „Man muss auch die Gegenrechnung aufmachen: Der Verein ist Eigentümer des Tierheim-Areals und -gebäudes. Zudem ist der Kreis gesetzlich verpflichtet, für den Tierschutz zu zahlen.“

Der neueste Streitpunkt zwischen dem Landkreis und dem Tierschutzverein ist das geplante neue Hundehaus. 400 000 Euro soll die Sanierung kosten. Dafür kann der Landkreis 100 000 Euro Zuschuss vom Land beantragen, wenn er selbst 100 000 Euro beisteuert. Im Juli beschloss der Kreistag deshalb, einen Teil des jährlichen Kreiszuschusses von 275 000 Euro für den laufenden Betrieb des Tierheims für die Sanierung des Hundehauses umzuwidmen. Damit sichert der Kreis die 100 000-Euro- Förderung durch das Land. Gemeinsam mit dem Tierschutzverein wurde ein Architekt beauftragt, der Pläne gemacht hat. Doch im letzten Moment machte der Tierschutzverein einen Rückzieher.

Auf Kreisseite ist die Empörung darüber groß. Laut Eisenmann hätte der Verein nur noch einige wenige Fragen klären müssen, um den Zuschuss zu erhalten. „Doch der Verein hat das organisatorisch nicht hinbekommen. Das ist sehr ärgerlich, weil wir das Landesgeld für dieses Jahr gesichert hatten. Nächstes Jahr müssen wir von vorne beginnen, ohne Gewähr, dass wir den Landeszuschuss bekommen“, kritisiert Eisenmann. „Wenn sich der Verein um solche wichtigen Dinge kümmern würde, statt sich ständig zu streiten, dann hätte er auch mehr Erfolg“, schimpft Walter Arnold.

Andreas Kempf hingegen führt andere Gründe für den Rückzug des Vereins an. Zum einen nennt er die Kosten. „Der Verein hätte 300 000 Euro für die Sanierung zahlen müssen. Das ist sehr viel.“ Zum anderen aber hätte der neue Vorstand erkannt, dass man ein Gesamtkonzept brauche – sowohl für die Sanierung des Tierheims, in dem es noch andere Baustellen hätte, als auch für die Zusammenarbeit mit dem Landkreis. Letzteres soll der Mediator Kempf bewerkstelligen.

Mediator rät Kreis von Alleingang ab

Die Vertreter des Kreises stehen einer Mediation grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Walter Arnold gibt jedoch zu bedenken: „Die bekommen das doch alleine nicht hin. Nur deshalb sind wir 2009 als Gesellschafter miteingestiegen.“

Arnold hält es für notwendig, dass der Mediator zunächst vereinsintern schlichtet. Das hat Kempf vor, erwartet aber auch vom Kreis, dass er sich auf den Verein zubewege. Von einem Alleingang beim Tierschutz rät er dem Kreis ab: „Ein Tierheim braucht nicht nur Sachverstand, sondern auch Ehrenamtliche mit Herzblut.“ Nun gelte es, beide Seiten in den Dialog zu bringen. „Ob uns das gelingt, ist offen.“

Komplizierte Strukturen

Träger
Das Tierheim hat komplizierte Strukturen. 2009, als die Einrichtung vor der Pleite stand, stieg der Kreis als Gesellschafter ein. Er ist gemeinsam mit dem Tierschutzverein (1400 Mitglieder) zu gleichen Teilen Träger des Heims. Die Entscheidungen trifft der Aufsichtsrat. Dieser ist paritätisch besetzt mit jeweils vier Vertretern des Tierschutzvereins und des Kreises. Bei Stimmenpatt ist die Stimme des Aufsichtsratschefs Wolf Eisenmann vom Kreis ausschlaggebend. Es gibt zwei Geschäftsführer: einen vom Kreis, einen vom Verein sowie zehn fest angestellte Mitarbeiter und viele ehrenamtliche.

Finanzierung
Der Kreis zahlt jährlich 250 000 Euro für den laufenden Betrieb plus 25 000 Euro für die Katzenkastration. Der Verein steuert 130 000 Euro bei und ist Eigentümer von Haus und Gelände.

Probleme
Innerhalb des Vereins gibt es seit Jahren Querelen. Die Vorstände und Geschäftsführer des Vereins wechseln häufig, ebenso die Tierheimleiter.