Femos hat zum Monatsende den Pachtvertrag für das Lokal im Mehrgenerationenhaus gekündigt, weil zu wenige Gäste kommen. Die Stadt sucht nun einen Nachfolger.

Böblingen - Nach drei Jahren integrativem Cafébetrieb gibt Femos, eine Tochter der Gemeinnützigen Werk– und Wohnstätten (GWW) GmbH, das Lokal im Böblinger Mehrgenerationenhaus Treff am See auf (wir berichteten). „Wir mussten feststellen, dass sich das Defizit nach drei Jahren stabilisiert hat. Das können wir als gemeinnütziges Unternehmen nicht dauerhaft stemmen“, sagte der Femos-Geschäftsführer Wilhelm Kohlberger, als er gestern das Aus für das Café offiziell verkündete. Zum Monatsende hat das Sozialunternehmen den Pachtvertrag mit der Stadt gekündigt.

 

Vier behinderte oder psychisch kranke Mitarbeiter arbeiten zurzeit im Stadtcafé, außerdem zwei Fachkräfte. „Alle Mitarbeiter werden andernorts unterkommen“, versicherte Kohlberger. Denn Femos werde seinen Geschäftszweig Gastronomie weiter ausbauen. So sei für dieses Jahr die Eröffnung eines Cafés in Calw geplant. Und in Sindelfingen, wo es seit mehreren Jahren die Holankabar am Marktplatz gibt, brumme das Geschäft.

Das Sindelfinger Café ist stets voll

„In Sindelfingen ist das Café stets voll. In Böblingen schwanken die Besucherzahlen hingegen: mal 20 am Tag , mal 120“, sagte Kohlberger. Dennoch müsse man immer ausreichend Personal vorhalten. Das habe sich langfristig nicht gerechnet. Probiert habe man im Laufe der drei Jahre einiges. Doch weder Personalveränderungen noch die Einrichtung einer Kinderspielecke noch eine neue Speisekarte hätten den gewünschten Erfolg gebracht. Wo sieht Kohlberger die Ursachen? Zum einen in der Lage des Lokals etwas abseits der Seepromenade, aber auch in der großen gastronomischen Konkurrenz in der Nachbarschaft.

Die Stadtverwaltung hat deshalb die Böblinger Kreisstelle des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) zu den Aussichten eines Lokals am Standort Treff am See befragt. „Die Fachleute halten es für möglich, hier ein Café wirtschaftlich zu führen“, sagt der Böblinger Finanzbürgermeister Ulrich Schwarz. Und so will die Stadt die Pacht neu ausschreiben. Dabei werde man auch dem neuen Pächter – wie auch bisher schon Femos – entgegenkommen, sagt Schwarz. „Wir sind nicht vorrangig an einer hohem Pachtertrag interessiert.“ Vorstellbar sei zum Beispiel eine geringer Sockelmietbetrag plus einer umsatzorientierten Pacht. „Wichtig ist uns, dass ein Pächter Zeit hat, ein gutes Konzept zu entwickeln.“

Hausleiterin wünscht sich schnell einen Nachfolger

Aus Sicht von Julia Klönne-Bibouche, der Leiterin des Treffs am See, bietet der Standort einem Pächter einen großen Vorteil: „Durch die Kurse und Veranstaltungen in unserem Haus gibt es automatisch einen gewissen Gästestamm.“ Etwa 500 Besucher zählt sie pro Woche im Haus. Ein neuer Betreiber sollte Offenheit mitbringen für andere Kulturen und die Begegnung der Generationen, wünscht sich Klönne-Bibouche. Deshalb habe das integrative Café gut zum Konzept des Hauses gepasst. „Wir bedauern sehr, dass dies jetzt endet“, sagt die Treff-am-See-Leiterin.

Doch die GWW hat signalisiert, auch künftig gelegentlich bei besonderen Projekten im Mehrgenerationenhaus mitzuwirken. „Wir möchten die begonnene Kooperation gerne fortsetzen“, betonte Martin Link von der GWW. So könne man sich vorstellen, bei Aktionen wie beispielsweise dem Kulturabend im vergangenen Jahr, auch in Zukunft wieder einige Programmpunkte zu gestalten.

Die GWW hatte vor drei Jahren den Betrieb des Stadtcafés übernommen. Vor einem Jahr hatte sie es an ihr Tochterunternehmen Femos abgegeben. Die Integrationsfirma setzt auf Arbeitsplätze außerhalb von beschützenden Werkstätten.Die Arbeit in der Gastronomie sei bei vielen Mitarbeitern wegen des Kontakts zu Menschen besonders beliebt, sagte der Femos-Chef Kohlberger.