Die Arbeitsagentur und die Industrie- und Handelskammer informieren Jugendliche über die vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten. Handwerksbetriebe wiederum werben verstärkt um die Fachkräfte von morgen.

Böblingen - Immer mehr Realschüler gehen auf weiterführende Schulen. Jetzt, da sie das Halbjahreszeugnis in der Tasche haben, wissen sie, ob ihr Notendurchschnitt dafür reicht oder ob sie sich doch noch um eine Lehrstelle bewerben müssen. In welchen Branchen es noch offene Stellen gibt, darüber hat die Böblinger Bezirkskammer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart und die Agentur für Arbeit jetzt bei der Aktion „Ausbildung 2014“ die Jugendlichen informiert.

 

„Der Trend geht zu höheren Bildungsabschlüssen“, sagt Horst Awender, der Teamleiter Berufsberatung der Agentur für Arbeit in Böblingen. Weniger als ein Drittel der Realschüler bemühe sich um einen Ausbildungsplatz, berichtet Awender. Die anderen gingen alle auf weiterführende Schulen, weil das oft die Eltern so wollten. Welche Vielfalt es bei den Ausbildungsberufen und welche Möglichkeiten der betrieblichen Wege es gebe, wüssten aber viele gar nicht, sagt Oliver del Fabro, der Ausbildungsberater bei der Böblinger IHK-Bezirkskammer ist. Um zu zeigen, welche Alternativen es gibt, haben IHK und Arbeitsagentur daher alle Haupt-, Werkreal- und Realschulen sowie Gymnasien im Kreis angeschrieben und zu den Beratungen rund um das Thema Ausbildung eingeladen.

1000 unbesetzte Lehrstellen im Handwerk im vorigen Jahr

Dass sich Betriebe verstärkt um Auszubildende bemühen müssen, spricht sich allmählich auch in Handwerkerkreisen herum. Die Betriebe lernten, dass sie für sich werben müssten, sagt Michaela Geya, die Teamleiterin Berufsorientierung bei der Handwerkskammer Region Stuttgart. Sie müssten herausstreichen, was sie den Lehrlingen zu bieten hätten. Denn die rennen den Handwerksunternehmen immer seltener die Türen ein. Bis Ende vergangenen Jahres wurden der Handwerkskammer Region Stuttgart 4107 neu unterschriebene Ausbildungsverträge gemeldet. Das sind 233 weniger als noch zum Stichtag 31. Dezember 2012. 1000 Lehrstellen blieben im vergangenen Jahr unbesetzt. Im Jahr 2011 waren es 593, im Jahr darauf 652.

Gesucht werden zurzeit im Kreis Böblingen vor allem Auszubildende für den Beruf des Anlagenmechanikers für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Gefragt sind nach Angaben der Handwerkskammer auch Elektroniker, Friseure, Mechaniker für Land- und Baumaschinentechnik sowie Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk.

Bei der Arbeitsagentur Stuttgart, die den Landkreis Böblingen mitbetreut, meldeten sich bis Ende Januar 3160 Interessenten für eine Lehrstelle, das seien 8,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der gemeldeten betrieblichen Ausbildungsplätze ging hingegen von 4858 (Januar 2013) auf 4443 (Januar 2014) zurück. Die Zahlen sind jedoch nur eine Momentaufnahme. Denn viele Schüler fahren zweigleisig, interessieren sich sowohl für einen Ausbildungsplatz als auch für eine weiterführende Schule. Auch manche Betriebe entscheiden noch kurzfristig, ob sie im Spätsommer noch einen Lehrling aufnehmen oder nicht.

„Es muss nicht immer ein Studium sein“

Auffallend ist für die Fachleute des Ausbildungsmarktes, wie sich das Image von Studienabbrechern verändert. In ihnen sehe man heute weniger Versager, als vielmehr verlorene Söhne, sagt der IHK-Ausbildungsberater del Fabro und schickt hinterher: „Es muss nicht immer ein Studium sein.“ Das duale Studium sei eine Alternative für Abiturienten und Jugendlichen mit Fachhochschulreife, sagt Horst Awender von der Arbeitsagentur.

Erst jüngst betonte auch Bernd Stockburger, der Geschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart für den Bereich Berufsbildung, ausdrücklich, dass in den Handwerksbetrieben Studienabbrecher willkommen seien, die sich für eine duale Ausbildung begeistern könnten. Immer mehr Abiturienten finden inzwischen den Weg ins Handwerk. Die Quote der Auszubildenden mit Abitur stieg von neun Prozent im Jahr 2011 auf 11,6 Prozent im vergangenen Jahr.