Rund 50 000 Euro gibt die Stadt für ein Verfahren aus, das die Beziehung zwischen den Stadtwerken und ihren Kunden kitten soll. Einen Platz im Aufsichtsrat des städtischen Unternehmens erhält ein Vertreter der IG Fernwärme allerdings nicht.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Ein Satz wird an dem Abend mehrmals ausgesprochen: „Es ist viel Porzellan zerschlagen worden“, findet nicht nur Willi-Reinhart Braumann (CDU). Deshalb hat der Oberbürgermeister mit seinem Vorschlag auch breite Zustimmung erhalten: Stefan Belz will den Streit um die Fernwärmepreise mit einem Mediationsverfahren befrieden. „Das Ganze ist natürlich nicht günstig“, sagte er dem Gemeinderat. „Aber noch ungünstiger wird es, wenn wir den Konflikt weiter schwelen lassen.“ Rund 50 000 Euro sind für den Prozess veranschlagt, den ein neutraler Moderator leiten wird. Einen anderen Schritt wollte das Gremium aber nicht gehen: Den Vorschlag von FDP-Stadtrat Helmut Kurtz, einen Vertreter der Interessengemeinschaft Fernwärme in den Aufsichtsrat der Stadtwerke zu entsenden, lehnten die Stadträte mehrheitlich ab.

 

Der OB hat das Thema zur Chefsache erklärt

„Handeln ist geboten“, findet der Oberbürgermeister. Seit drei Jahren schwele der Konflikt zwischen der IG Fernwärme, den Stadtwerken und der Stadtverwaltung, und er sei bis heute nicht gelöst. Bereits in seinem Wahlkampf hatte Stefan Belz das Thema zur Chefsache erklärt. Er plädierte schon damals für eine Mediation: Mit Hilfe eines neutralen Moderators könne systematisch an einer gemeinsam verantwortbaren Lösung gearbeitet werden, sagte er. Die Mediation besteht aus Gesprächsrunden und Workshops und zieht sich über mehrere Wochen hinweg. Sie wirke von innen heraus – im Gegensatz zu einem von einem Schlichter vorgeschlagenen Kompromiss. Belz rechnet zwar durchaus mit einer „Zähigkeit des Verfahrens“. Er hält aber die Erfolgsaussichten für groß – weil die moralische Verpflichtung am Ende groß sei, die Vereinbarung einzuhalten.

„Es muss etwas passieren“, appellierte Sven Reisch (Grüne) an die Konfliktparteien. Die Fronten seien verhärtet, konstatierte Gudrun Seidenspinner (Freie Wähler). Florian Wahl übte bei der Gelegenheit gleich Selbstkritik: Der SPD-Fraktionschef entschuldigte sich für die Entfremdung zwischen Entscheidungsträgern und Bürgern. Es sei viel Vertrauen verloren gegangen, sagte er. „Ich hoffe, wir bekommen eine Ebene hin, wie man vernünftig miteinander umgeht“, sagte sein Kollegen Hans-Dieter Schühle (CDU). Er bezweifelte jedoch, dass die Mediation dazu führen werde, dass die Bevölkerung die überhöhten Fernwärmepreise akzeptiere. Seiner Meinung nach hängt ein Erfolg außerdem davon ab, ob die Stadtwerke weiterhin auf ihren Geschäftsgeheimnissen beharren.

Die Stadtwerke in der Pflicht

Hans-Dieter Schühle sieht das Unternehmen als Verursacher des Streits auch in der Pflicht, die Kosten für das Verfahren zu übernehmen. Eine Mehrheit konnte er für seinen Ansatz nicht finden. Die Mediation soll zu gleichen Teilen von den Stadtwerken und der Stadt übernommen werden, da letztere ein Interesse an der Beilegung des Konflikts habe, so das Argument. Die IG Fernwärme soll ebenfalls einen Beitrag leisten. Den Antrag von Gottfried Ringwald (SPD), einen symbolischen Euro zu verlangen, lehnte die Mehrheit ab.

Als Reaktion auf den Konflikt wollten die Stadträte Helmut Kurtz (FDP) und Wolfgang Hensel (SPD) des Weiteren den Aufsichtsrat des Eigenbetriebs neu aufstellen. „Man muss Vertrauen in die Stadtwerke bringen“, begründete der Liberale seine Idee, seinen Posten Peter Aue von der IG Fernwärme zu überlassen. Es sei ein Versuch, um den sozialen Frieden wiederherzustellen. Außerdem handele es sich bei dem Sprecher der Interessengemeinschaft um einen sachkundigen Bürger. Peter Aue könne seiner Aufgabe als Aufsichtsrat nicht gerecht werden, argumentierten die Gegner dieser Idee. „Der Interessenkonflikt ist für ihn nicht aufzulösen“, sagte Thomas Breitfeld (CDU). Damit könne die Transparenz in der Firmenpolitik nicht erhöht werden. Stefan Belz wies darauf hin, dass die Aufsichtsratsmitglieder den Interessen der Stadtwerke gerecht werden müssten, keine Klientelpolitik betreiben dürften und zur Verschwiegenheit verpflichtet seien.

Wolfgang Hensel tritt dagegen seinen Sitz an Lukas Rosengrün ab, der nicht nur Mitglied in der SPD, sondern auf bei einem Energieversorger beruflich tätig ist. Der Antrag erhielt eine einfache Mehrheit. Mit dem Vorschlagsrecht der Fraktionen setzte sich Florian Wahl gegen das Argument durch, dass die Stadträte die gewählten Vertreter der Bürgerschaft seien.