Böblinger Ehepaar Herbert und Kornelia Protze Das Ende eines amerikanischen Traums

So lässt es sich leben: Herbert Protze nutzt das schöne Wetter auf Pine Island in Florida für Radtouren. Foto: Herbert Protze

Herbert und Kornelia Protze aus Böblingen haben ein Jahrzehnt lang mehrere Wochen im Jahr in Florida gelebt. Doch wegen der hitzigen politischen Lage im Land haben sie ihre Zelte in den USA abgebrochen.

Wenn Kornelia Protze in Erinnerungen schwelgt, kommen ihr immer noch die Tränen: die morgendlichen Ausflüge ins Schwimmbad, die Fahrradtouren, die herzlichen Menschen. „Florida ist herrlich“, sagt auch ihr Mann Herbert Protze. Sand, Sonne, Meer. Doch jetzt heißt es „Game over“.

 

Mehr als zehn Jahre lang haben Herbert und Kornelia Protze aus Böblingen in den USA und in Deutschland gelebt, beruflich ließ sich das für die jetzigen Rentner stets gut vereinbaren – Herbert Protze war selbstständiger Berater für Verlage, seine Frau Kornelia arbeitete als Spracherzieherin im Kindergarten. Ihr Haus in Florida ist zu ihrem zweiten Zuhause geworden, ihre amerikanischen Freunde wurden zu ihrer Familie. Doch die politischen Differenzen mit ihren Freunden seien über die Jahre immer weiter gewachsen. „Da hätte es irgendwann geknallt“, ist sich Herbert Protze sicher.

Vor rund zwei Jahren hat das Ehepaar den Rückzug aus den USA angetreten, im März 2023 verkauften sie ihr Haus in Brooksville nahe Tampa. Ihnen sei schon lange klar gewesen, dass Donald Trump Ende 2024 wieder ins Weiße Haus einziehen würde, die politisch aufgeheizte Stimmung in dem Land hätten sie über Jahre hautnah miterlebt. Auch ihre engsten Freunde seien Trump-Wähler. Für das Ehepaar sei die schlimmste Zeit aber nicht die erste Präsidentschaft Trumps gewesen, sondern die darauffolgende Zeit mit Joe Biden im Oval Office. Als Trump Präsident war, seien ihre Freunde zufrieden gewesen, während Bidens Präsidentschaft hätten sie unablässig geschimpft, erinnern sich die beiden Böblinger.

„No politics“, so hieß die Devise

Über politische Themen konnten sie mit ihnen fortan kaum noch sprechen, daran hätte die Freundschaft zerbrechen können, da ist sich das Ehepaar sicher. Immer wieder brachen sie politische Diskussionen ab. „No politics“, hieß es dann. Doch das funktionierte nicht immer, denn unter Freunden werde schließlich nicht nur Small Talk gehalten. „Ich konnte manchmal kaum an mich halten“, erzählt Herbert Protze. Die politischen Behauptungen seien teilweise „hanebüchen“ gewesen, fügt der 68-Jährige hinzu. Und trotzdem: „Das sind herzensgute Menschen“, sagt Herbert Protze, der seit rund zehn Jahren Awo-Vorsitzender beim Kreisverband Böblingen-Tübingen ist und für die SPD im Böblinger Gemeinderat saß.

Kornelia und Herbert Protze haben ihre Zeit in Florida genossen, doch jetzt ist Schluss. Foto: Stefanie Schlecht

Auch im Präsidentschaftswahlkampf in 2024 sei es nicht mehr um Inhalte gegangen. Es habe nur noch gezählt, den politischen Mitbewerber fertig zu machen. Der Ton sei im Vergleich zur ersten Präsidentschaft Trumps auch nochmals rauer geworden, erzählt Kornelia Protze. Vielerorts sei während des Wahlkampfes Trump-Merchandise verkauft worden. „Das war teilweise unterste Schublade.“ Sprüche wie „Fuck Biden“ oder „Lock her up“ (zu deutsch: „Sperrt sie ein“) – ein Satz mit dem Donald Trump fordert, seine frühere politische Gegnerin Hillary Clinton verhaften zu lassen – seien immer wieder zu lesen gewesen. Ständig Themen umschiffen zu müssen, damit der Freundschaftssegen nicht schief hängt – das war für das Böblinger Paar auf Dauer keine Lösung. „Es ist auch eine Art Selbstverleugnung“, sagt Herbert Protze.

Die Entscheidung, ihren Wohnsitz in Florida aufzugeben, reifte in ihnen über mehrere Monate hinweg. Ihren Freunden haben sie den tatsächlichen Grund für den Rückzug bis heute allerdings nicht erzählt. Jetzt kommen sie zweimal im Jahr zu Besuch und telefonieren jede Woche – ein Weg für sie, die Freundschaft über die politischen Gräben hinweg aufrechtzuerhalten. Letztendlich würden die Anhänger von Trump manipuliert, ist Herbert Protze überzeugt. Der konservative Nachrichtensender Fox News laufe bei vielen von morgens bis abends.

An Heiligabend fanden sie ihr Haus

Über Bekannte waren Protzes im Jahr 2012 überhaupt auf die Idee gekommen, ein Haus in den USA zu kaufen. „Wir sind manchmal ein bisschen crazy“, sagt Kornelia Protze und lacht. Denn zu diesem Zeitpunkt hatten sie noch nie einen Fuß auf den amerikanischen Kontinent gesetzt gehabt. Im Internet begannen die Böblinger mit der Häusersuche, zunächst ohne Erfolg. An Heiligabend fanden sie schließlich doch noch ihr Haus in Brooksville, vollständig möbliert. „Wir sind nur mit einer Zahnbürste eingezogen“, sagt Kornelia Protze. Nun sind sie wieder ausgezogen, die Erinnerungen an ihren amerikanischen Traum haben sie mitgenommen.

Der Bundesstaat Florida

Lage
Florida liegt im äußersten Südosten der USA und grenzt im Norden an Georgia und Alabama. Durch die langen Küstenabschnitte ist der Staat ein beliebtes Ziel für Touristen, wird aber auch immer wieder von extremen Wetterereignissen heimgesucht.

Wahlverhalten
Florida ist ein umkämpfter Staat. Im Laufe des letzten Jahrhunderts hat er sich in seinem Wahlverhalten von hauptsächlich demokratisch zu republikanisch gewandelt. Die Ergebnisse der beiden Parteien lagen in den vergangenen Wahlen allerdings nah beieinander. Seit 2000 gewannen die Republikaner den Staat viermal bei Präsidentschaftswahlen, die Demokraten zweimal.

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