Erstmals nimmt ein Vertreter der US-Army offiziell Stellung zum Problem des Schießlärms, dem die Nachbarn der Panzerkaserne seit 20 Jahren fast täglich ausgeliefert sind. Laut dem Brigadegeneral Markus Laubenthal steht eine Lösung unmittelbar bevor.

Böblingen – Markus Laubenthal trägt die Uniform der deutschen Bundeswehr. Nur das Abzeichen mit dem flammenden Schwert auf der Oberarm des Brigadegenerals signalisiert, dass er für die US-Army arbeitet. Als neuer Verhandlungsführer für die Amerikaner ist mit ihm endlich Bewegung in den Dauerstreit um den Schießlärm in Böblingen gekommen. Und er steht für eine neue Transparenz der US-Armee. In deren Zentrale in Wiesbaden erläutert der 52-Jährige die neuen Pläne.

 
Herr General Laubenthal, die Böblinger Bürger kämpfen seit 20 Jahren gegen den Schießlärm von der Range der US-Army. Haben Sie Verständnis für deren Empörung?
Ja, habe ich. Ich wohne in Kerpen in der Einflugschneise des Flughafens Nörvenich und kann Lärmbelästigung nachvollziehen.
Wie wurden Sie zum Verhandlungsführer für die US-Army?
Ich wurde erstmals im Dezember 2014 mit dem Böblinger Problem konfrontiert. Das Verteidigungsministerium erhielt einen Brief vom Bundestagsabgeordneten Clemens Binninger. Die verantwortliche Ministerialdirektorin Alice Greyer-Wieninger hat sich meiner erinnert, mich angerufen und gesagt, da müssen wir was tun. Die Historie des Schießlärms in Böblingen kenne ich nicht. Ich halte das auch für müßig. Der Streit, wer hat Schuld, was war zuerst da, das Wohngebiet oder der Schießstand, das bringt uns nicht weiter. Im Übrigen hat die US-Army schon einiges getan. Die Bahnen eins bis drei wurden gedämmt.
Das Problem ist der Lärm der offenen Bahnen vier und fünf. Dafür wurde vor vier Jahren nach langen Verhandlungen ein Konzept zur Dämmung durch eine Kassettendecke beschlossen. Auch die US-Army stimmte diesem zu. Warum wird es nicht umgesetzt?
Was mich immer stört ist, dass in der Öffentlichkeit gesagt wird, die Amerikaner halten sich nicht an die Vereinbarung. Das stimmt so nicht. Erstens war das keine feste Vereinbarung. Denn die können wir vor Ort gar nicht treffen. Die Entscheidung über die Finanzierung einer drei Millionen Euro teuren Kassettendecke fällt der Kongress in Washington. Und der beschloss 2011 eine Haushaltskonsolidierung. Die militärische Infrastruktur der US-Army wird deshalb umgebaut. Wir mussten Standorte aufgeben, sind aus Heidelberg weg, nach Wiesbaden gezogen. Für die Range Böblingen – also den Schießstand – steht die Entscheidung, wie es weiter geht, noch aus.
Das heißt, die Army gibt diese Range vielleicht auf?
Das wissen wir hier vor Ort nicht. Und solange das nicht feststeht, können wir nicht für drei bis vier Millionen Euro sanieren. Kein Mensch investiert in ein Haus, bei dem er nicht weiß, ob es in fünf Jahren noch steht.
Das bedeutet, die Anwohner müssen vielleicht noch Jahre mit dem Schießlärm leben?
Nein. Wir arbeiten intensiv an einer anderen Lösung. Und wir sind nahe dran. Wir wollen eine Lösung, die finanzierbar und schnell umsetzbar ist. Deshalb haben wir jetzt ein Konzept, das finanzierbare Teillösungen vorsieht.
Wie sieht dieses aus?
Das neue Konzept sieht die schrittweise Lärmdämmung vor. Und wir wollen uns zunächst auf eine Schießbahn konzentrieren. Dazu hat das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr unter Beteiligung von Thorsten Breitfeld, einem Böblinger Stadtrat und Schallschutzexperten bei Daimler, eine Berechnung vorgelegt. Diese wollen wir jetzt in der Praxis testen. Dazu sind reale Schallmessungen vorgesehen: einmal ohne Schallschutz, einmal mit mobilen Schallschutzwänden, die wir für die Messung aufbauen. Dabei helfen uns die Experten der Bundeswehr.
Wie realistisch ist es, dass dieses Konzept auch umgesetzt wird?
Sehr realistisch. Wir hatten mehrere Verhandlungsrunden, davon auch eine vor Ort an der Range. Da waren Vertreter aller Parteien dabei: Verantwortliche vom Schießstand, von den Kommunen, von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), dem Staatlichen Hochbauamt Reutlingen und dem Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr. Mit dem in der Arbeitsgruppe gemeinsam erstellten Lösungskonzept erreichen wir nach den theoretischen Berechnungen eine Verringerung des Lärms um vier bis fünf Dezibel. Fachleute sagen, das käme für das menschliche Gehör einer Halbierung des Lärms gleich. Das wäre eine enorme Verbesserung.
Und diese Lösung ist finanzierbar?
Die Kosten dafür lägen im Rahmen unseres Budgets. Wir rechnen aber damit, dass sich auch die anderen Parteien beteiligen – also Böblingen und Schönaich sowie der Bund.