Ingersheim, Du hast es besser? Das dortige erste Windrad im Landkreis zieht nach drei Jahren positive Bilanz. In Bönnigheim gelten die gewünschten Standorte im Wald als problematisch. Noch hat die Region aber nicht endgültig Nein gesagt.

Bönnigheim - Man darf davon ausgehen, dass Hermann Lang allzu gerne mit Dieter Hallmann tauschen würde. Letzterer ist Vorsitzender der Energiegenossenschaft Ingersheim und zieht eine weitgehend positive Bilanz nach drei Betriebsjahren des ersten Windrads im Landkreis Ludwigsburg (siehe „Idealismus trotzt Dauerflaute“). Pläne für ein weiteres Rad sind bereits in der Schublade. So weit ist Hermann Lang noch längst nicht.

 

Der Sprecher der Windrad-Initiative in Bönnigheim befürchtet vielmehr, dass seine Projekte bald im politischen Abseits landen könnten. Zwei Windräder will die Initiative am nördlichen Rand des Kreises Ludwigsburg bauen. Mitten im Wald, unweit des Freizeitparks Tripsdrill gelegen, aber in Sachen Arten- und Naturschutz nicht so schlimm, wie Gegner oft behaupten – so jedenfalls sieht es Hermann Lang: „Wir sind davon überzeugt, dass Konflikte mit dem Naturschutz lösbar sind.“

War das Verfahren „völlig intransparent“?

Doch inzwischen sieht sich die Initiative zusehends an die Wand gedrängt. Nicht nur von der starken Front der Windkraftgegner aus Freudental, sondern vielmehr von einer Allianz der unscharfen Zuständigkeiten, bestehend aus dem Land, dem Landkreis und – vor allem – der Region Stuttgart. „Völlig intransparent“ laufe das Verfahren der Standortsuche für den Regionalplan, kritisiert Lang. Nach einer Monate währenden Hängepartie sei erst in der jüngsten Sitzung des Planungsausschusses der Region klar geworden, wann die Standorte wirklich beschlossen werden sollen (im Juli 2015). Lang und seine Mitstreiter befürchten, dass ihr Standort Rotenberg/Saukopf einer derjenigen sein könnte, die aus dem Regionalplan gestrichen werden sollen, „weil es sich um eine artenschutzrechtliche Prüffläche handelt“, sagt Lang.

„Bönnigheim ist nicht dabei“, versichert hingegen Thomas Kiwitt, Chefplaner der Region. Die Probleme mit dem Artenschutz hätten sich dort ebenso wenig als K.-o.-Kriterium erwiesen wie der Landschafts- und Naturschutz. „Die planerischen Hürden sind dennoch hoch.“ Kiwitt räumt gerne ein, dass die Region im Sommer 2013 aus unzutreffenden Gründen die Standorte zunächst nicht in den Regionalplan aufgenommen hat. Ein historisches Jagdrevier von Herzog Carl Eugen galt den Planern damals als unüberwindliches Hindernis – tatsächlich war es aber nur eine steinerne Jagdhütte. Doch das habe keineswegs zu einer Verzögerung des Vorhabens beigetragen. Der komplette Windrad-Plan sei zwischendurch wegen Abstimmungsproblemen mit dem Land auf Eis gelegen.

„Lasst Euch nicht aufhalten!“

Dennoch sieht Kiwitt positive Beispiele von Initiativen, die auf eigenes Risiko weitergeplant haben – etwa in Lauterstein (Kreis Göppingen). „Wir haben immer gesagt: lasst euch nicht aufhalten von unserem Planungsverfahren.“ Ungeachtet dessen sieht Kiwitt Probleme auf die Bönnigheimer zukommen: Der Michaelsberg sei als Landmarke schützenswert, zudem sei das Abholzen von Bäumen im waldärmsten Kreis des Landes problematisch. „Der Standort ist und bleibt einer der eher kritischen“, sagt Thomas Kiwitt.

Idealismus treibt das Windrad an

Ingersheim - Eine Tatsache ist schon seit Jahren bekannt: der Landkreis Ludwigsburg ist in Sachen Windkraft kein Standort, in dem sich Großinvestoren die Klinke in die Hand geben. Die einzige Chance, trotzdem einen Rotor zu errichten, sind Genossenschaften, getragen vom Idealismus ihrer Mitglieder. Als Paradebeispiel dafür gilt die Energiegenossenschaft Ingersheim. Sie wurde vor fünf Jahren gegründet und nahm vor drei Jahren ihr Windrad in Betrieb – das erste im Kreis Ludwigsburg. „Wir sind sehr zufrieden, der Standort ist gut“, sagt Dieter Hallmann, einer der Vorsitzenden. Dabei seien zwei Betriebsjahre des Rotors von außerordentlich niedrigen Winderträgen geprägt gewesen. Vor allem 2014 sei in ganz Süddeutschland „ein miserables Windjahr“ gewesen. Die ersten drei Monate dieses Jahres hätten laut Hallmann aber wieder ein Wind-Plus von 25 Prozent aufgewiesen.

Vor schlechtem Wind müsse die Initiative keine Angst haben. Im Gegenteil: trotz der zeitweisen Dauerflaute habe der Rotor neun Millionen Kilowattstunden Strom produziert, das Darlehen der Genossenschaft sei bereits zu 15 Prozent getilgt, an die 362 Mitglieder seien Genossenschaftsanteile zurückgezahlt worden. Trotzdem habe man noch eine Rendite ausgeschüttet. 1,5 Prozent seien für Großinvestoren vielleicht nicht viel, „damit sind unsere Leute aber sehr zufrieden“, sagt Dieter Hallmann. Überzogene Renditeversprechen habe es bei der Genossenschaft nie gegeben. „Wir und viele Leute freuen uns einfach, wenn Wind da ist und unser Windrad sich dreht.“