Die Ankündigung von Strafzöllen durch den US-Präsidenten schürt Angst vor einem Handelskrieg. Sie beschleunigt die Talfahrt des deutschen Leitindex. Auch an den internationalen Börsen geht es bergab. Analysten warnen aber vor Panikverkäufen.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Der Deutsche Aktienindex (Dax) ist erstmals seit August unter die Marke von 12 000 Zählern gefallen. Das Kursbarometer ging am Freitagabend mit einem Minus von 2,3 Prozent bei 11 913 Punkten aus dem Handel. US-Präsident Donald Trump hatte am Vorabend mit der Ankündigung von Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte bereits die Wall Street erschüttert. Nach Handelseröffnung in Asien und Europa gingen die Kurse am Freitag weltweit auf Talfahrt.

 

Die Angst vor einem Handelskrieg verschärfte die ohnehin große Anspannung an den Börsen. Spekulationen über Zinserhöhungen in den USA, die bevorstehende Parlamentswahl in Italien und den Mitgliederentscheid der SPD über eine Wiederauflage der großen Koalition drücken schon seit Tagen die Stimmung. „Es ist ein ganzer Cocktail negativer Nachrichten“, sagte Aktienexperte Frank Klumpp von der LBBW unserer Zeitung.

Dennoch warnen Klumpp und weitere Analysten vor voreiligen Schlüssen. „Trumps aktuelle Entscheidung betrifft zunächst mal nur zwei Prozent der US-Warenimporte“, sagt Timo Schwietering, Kapitalmarktstratege für das Privatkundengeschäft der Metzler-Bank. „Gefährlich würde es, wenn es zu Gegenmaßnahmen der Handelspartner kommt, die USA noch einmal nachlegen und so eine Sanktionsspirale entsteht – dabei würden letztlich alle verlieren.“ Dass es so weit komme, sei aber „überhaupt nicht gesagt – das ist im Moment eher eine diffuse Angst“.

Importzölle bedeuten steigende Preise für US-Bürger

Ähnlich sieht es Tim Albrecht, Leiter für Aktien aus Deutschland, der Schweiz und Österreich bei der Fondsgesellschaft DWS. „Man muss sich fragen: Wie weit kann Trump noch gehen? Wenn er zu viele Importzölle erhebt, treibt das die Inflation in den USA“, gibt er zu bedenken. „Anleger sind gut beraten, einen kühlen Kopf zu behalten. Wir glauben, dass sowohl die Konjunktur als auch der Aktienmarkt noch ein bis zwei gute Jahre vor sich haben.“

Auch Schwietering meint: „Noch sind wir nicht an dem Punkt, wo wir in einen Bärenmarkt abdrehen. Die konjunkturelle Lage ist sehr gut, und das in nahezu allen Weltregionen. Das spiegelt sich auch in den Gewinnaussichten der Unternehmen. Wir gehen davon aus, dass die Unternehmensgewinne in Europa und den USA dieses Jahr zweistellig steigen werden.“

Neben den Stahlproduzenten sind auch Autobauer besonders betroffen

In Mitleidenschaft gezogen werden könnten durch die Strafzölle allerdings einzelne Branchen. Das sind zum einen Stahlproduzenten wie Thyssen-Krupp und Salzgitter. Sie müssen damit rechnen, in den Vereinigten Staaten künftig weniger Abnehmer zu finden, wenn in Europa produzierter Stahl durch Einfuhrzölle verteuert wird. Aber auch Branchen mit einem hohen Stahlverbrauch, allen voran die Autobauer, müssen infolge der Strafzölle Nachteile fürchten: „Für in den USA aktive Autohersteller dürften die Kosten steigen“, sagt Albrecht. Alle großen deutschen Autobauer verfügen über Produktionsstandorte in den Vereinigten Staaten. Albrecht weist allerdings darauf hin, dass sie die steigenden Produktionskosten jedenfalls teilweise an ihre US-Kunden weitergeben könnten – „weil die Konkurrenz das auch tun muss“.

Auch mit Blick auf die Autowerte „sollte man daher nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Wir sehen keinen Grund, hier hektisch auf den Verkaufsknopf zu drücken“, meint Albrecht. Auch Schwietering hält es für unsinnig, von den Strafzöllen betroffene Branchen komplett zu meiden: „Diese Werte werden in solchen Situationen meist über Gebühr abgestraft. Man muss daher konkret auf das einzelne Unternehmen schauen.“

Keine lange Talfahrt erwartet

LBBW-Analyst Klumpp erwartet nach dem jüngsten Kursrutsch eine Gegenbewegung: „Wir glauben nicht, dass dies der Beginn einer langen Talfahrt ist. Schließlich sind Dax-Titel nun wieder günstiger bewertet, was Schnäppchenjäger auf den Plan rufen dürfte.“ Dagegen mahnt Markus Reinwand von der hessisch-thüringischen Landesbank Helaba zur Vorsicht: „Insgesamt scheint die Bereinigung an den Aktienmärkten noch nicht abgeschlossen zu sein. Anleger sollten sich daher mit Käufen vorerst zurückhalten.“ Umgekehrt gebe es aber auch keinen Anlass für „panikartige Verkäufe“. Dass der Dax im Verlauf eines Jahres um rund 20 Prozent schwanke, sei ganz normal – nur sei dies in den jüngsten, sehr ruhigen Jahren in Vergessenheit geraten, sagt Reinwand.