In der Coronakrise wurde der höchste Stand seit 2001 erreicht. Damals war der Boom allerdings nur von kurzer Dauer. Warum es dieses Mal anders sein könnte.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die Zahl der Aktienbesitzer in Deutschland ist auf den höchsten Stand seit 20 Jahren gestiegen. Laut einer Umfrage des Deutschen Aktieninstituts (DAI) erhöhte sich die Zahl der Bundesbürger, die in Aktien oder Aktienfonds investieren, im vergangenen Jahr auf 12,4 Millionen. Das sind 2,7 Millionen mehr als noch 2019.

 

Während die Coronakrise Solo-Selbstständige in Existenznöte bringt und die Arbeitslosigkeit insbesondere in der Gastronomie erhöht hat, halten sich die Einkommenseinbußen der meisten Haushalte noch in Grenzen – auch dank Kurzarbeitergeld. Gleichzeitig gingen die Ausgaben für Reisen und andere Freizeitaktivitäten erzwungenermaßen zurück.

Kurseinbruch im Frühjahr wurde für Einstieg genutzt

Zudem verbrachten die Menschen mehr Zeit zuhause. Viele hätten die Gelegenheit genutzt, „sich mit ihren Finanzen zu beschäftigen“, erklärte das Aktieninstitut. „Vor allem im März und April nutzten viele die niedrigen Börsenkurse als Chance für den Einstieg in den Aktienmarkt.“

Die Zahl der Aktienbesitzer liegt jetzt nur noch knapp unter dem Höchststand von 2001, damals betrug sie laut DAI 12,9 Millionen. Allerdings kehrten schon im Jahr darauf viele Anleger der Börse enttäuscht den Rücken. Denn nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 gingen die Aktienmärkte weltweit in die Knie. Die Hoffnung, sich von den beim Platzen der Dotcom-Blase erlittenen Verlusten wieder zu erholen, gaben damals viele Menschen auf.

Trend zu Fondssparplänen und ETF

Finanzprofessor Andreas Hackethal vom vom Frankfurter Leibniz Institut SAFE sieht indes gute Chancen, dass der neue Aktienboom von Dauer ist. Zur Begründung verweist er auf den Trend zu Fondssparplänen, die nicht auf den schnellen Gewinn, sondern langfristig ausgerichtet sind. „Diese Anlageform wird mittlerweile von so vielen Menschen genutzt, dass sie nichts Exotisches mehr hat“, sagte Hackethal. „Es spricht sich herum, dass Aktien nicht nur für Reiche, Spekulanten und Experten geeignet sind.“

Zwar war nach den Zahlen des DAI die Zahl der Aktienfondsbesitzer im Jahr 2001 ähnlich groß wie heute. „Wegen des Hypes um die damals neuen Internet- und Technologiefirmen dürften damals aber viele Fonds mit diesem Anlagefokus dabei gewesen sein“, sagt Hackethal. Mittlerweile setzen Anleger zunehmend auf börsengehandelte Indexfonds (ETFs), über die das Geld in eine Vielzahl von Aktien in verschiedenen Ländern fließt. Dadurch werden Risiken stärker gestreut.

ETF-Volumen hat sich in 15 Jahren verzehnfacht

Laut Zahlen des deutschen Fondsverbands BVI belief sich das in ETFs investierte Vermögen Ende 2020 auf rund 170 Milliarden Euro. Zum Vergleich: 2006 waren es 18 Milliarden Euro, in den Jahren davor tauchten ETFs in der BVI-Statistik noch gar nicht auf.

Laut DAI stellen Besitzer von ETFs und anderen Fonds unter den Aktionären aller Altersstufen die größte Gruppe. Bei den Jüngeren unter 40 stieg 2020 allerdings das Interesse an Einzelaktien merklich. Der Erfolg von Smartphone-Apps für den Aktienhandel sowie der Einfluss Sozialer Medien dürften hierbei eine wichtige Rolle gespielt haben, schreibt das DAI.

Das augenfälligste Beispiel sind die über Internetforen konzertierten Käufe der Gamestop-Aktie, die seit Wochen für heftige Kursschwankungen sorgen. Hackethal sagte dazu: „Natürlich sind unter den neuen Anlegern auch Zocker, und einige von ihnen haben sich bereits die Finger verbrannt.“ Solange die überwiegend jungen Gamestop-Fans keine großen Summen einsetzten, bestehe aber Hoffnung, dass diese Enttäuschung ihnen die Aktienanlage nicht vergälle.