Der deutsche Leitindex Dax hat die Anfangsverluste des Jahres wettgemacht, aber der Aufschwung steht auf dünnem Boden.

Frankfurt - Der deutsche Aktienindex Dax hat dank der seit einigen Wochen laufenden Sommer-Rallye zumindest die Verluste der ersten Monate des Jahres wettgemacht. Zeitweise kletterte das Börsenbarometer auf mehr als 10 800 Punkte, sackte dann aber wieder leicht ab. Dennoch halten es die Börsenexperten für möglich, dass schon bald die Marke von 11 000 Punkten geknackt wird und auch das Allzeithoch von 12 391 in Angriff genommen werden könnte. Immerhin hat der Dax nach dem „Brexit-Schock“ schon wieder 1500 Punkte gut gemacht. „Die Stimmung ist generell gut, aber die Umsätze sehr mau, da einfach Ferienzeit ist“, sagte ein Händler.

 

Unterstützt wurden die Kursgewinne von der Hoffnung auf neue Konjunkturmaßnahmen in China. Die Anleger dort setzten darauf, dass die Regierung in Peking der Wirtschaft mit weiteren Hilfen unter die Arme greift, nachdem am Freitag veröffentlichte Konjunkturdaten vom Juli enttäuschend ausgefallen waren. Grundsätzlich aber wird der derzeitige Höhenflug von den niedrigen Zinsen und dem üppig fließenden Geld der Notenbanken rund um den Globus befeuert. Da etwa Bundesanleihen nur noch Renditen rund um den Nullpunkt abliefern, die durchschnittliche Dividendenrendite deutscher Aktien aber bei gut drei Prozent liegt, müssen die Anleger in Unternehmenspapiere investieren.

In den USA erreichen die Kurse bereits Allzeithochs

Inzwischen werden allerdings die ersten Stimmen laut, die fragen, ob die gute Stimmung auch durch handfeste Daten unterlegt ist. Beim Blick auf den deutschen Aktienmarkt sind Analysten noch relativ gelassen, da sich die Bewertung anhand des Kurs-Gewinn-Verhältnisses der Unternehmen noch lange nicht am oberen Rand der Spanne der vergangenen fünf Jahre befindet. In den USA, wo die Kurse derzeit bereits Allzeithochs erreichen, sieht das anders aus. Dort ist die Luft nach Ansicht vieler Analysten dünn geworden. Das scheint die Anleger aber bisher nicht zu interessieren.

Die steigenden Erdölpreise haben am Montag den Dow-Jones-Index der Standardwerte zur Eröffnung um 0,3 Prozent höher auf 18 637 Punkte getrieben. Der breiter gefasste S&P-500 legte 0,2 Prozent auf 2188 Zähler zu. Der Index der Technologiebörse Nasdaq gewann ebenfalls 0,2 Prozent auf 5242 Punkte. Spekulationen auf eine Fördergrenze bei Rohöl gaben den Preisen für den Rohstoff Auftrieb. Die Nordsee-Sorte Brent und US-Leichtöl WTI verteuerten sich um bis zu zwei Prozent. Gestützt wurde der Anstieg von Aussagen des russischen Energieministers Alexander Nowak, er sei zu Gesprächen über eine mögliche Deckelung der Produktion bereit.

Allerdings gibt es in Deutschland durchaus Argumente dafür, als Anleger mittlerweile äußerste Vorsicht walten zu lassen. So sind beispielsweise die Handelsvolumina selbst für eine Ferienzeit ausgesprochen dünn, der Höhenflug ist also kaum untermauert. Der September ist ferner traditionell der schlechteste Börsenmonat für den Dax. Im Schnitt hat sich der Index seit dem Jahr 1960 im September einen Verlust von 1,5 Prozent eingefangen. Und die Folgen, die ein EU-Austritt der Briten haben würde, sind nach wie vor kaum einzuschätzen. Die Analysten der DZ Bank sprechen von einer „immensen Sorglosigkeit“. Neben der politischen und ökonomischen Perspektive Großbritanniens sehen sie noch weitere politische Risiken, die es einzupreisen gilt: Sie verweisen auf die US-Präsidentschaftswahl, die Misstöne im Verhältnis mit der Türkei, die Russland-Sanktionen, das für den Herbst anstehende Verfassungsreferendum in Italien sowie die Wahlen in Frankreich und in Deutschland.

Brexit-Votum kann deutschem Wachstum kurzfristig nichts anhaben

Vorerst jedoch dürfte die gute Stimmung unter den Anlegern anhalten. Auch die Bundesbank ist der Ansicht, dass die Brexit-Abstimmung den Wachstumsaussichten für Deutschland kurzfristig nichts anhaben kann. Die Folgen des Anti-EU-Votums dürften sich in engen Grenzen halten, prognostizieren die Zentralbank-Volkswirte in ihrem am Montag vorgelegten Monatsbericht. Nach dem Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 0,4 Prozent im Frühjahr dürfte die Wirtschaft demnach im Sommer sogar recht kräftigen Rückenwind spüren.

Die Briten hatten sich am 23. Juni für einen Austritt aus der EU ausgesprochen. Das Vereinigte Königreich ist der drittgrößte Exportmarkt für Deutschland. Volkswirte befürchten, dass Großbritannien wegen der Unsicherheit über die künftigen Handelsbeziehungen mit der EU in eine Rezession abgleiten wird. Beunruhigend ist die Tatsache, dass es auch zwei Monate nach der Abstimmung noch immer keinen konkreten Fahrplan gibt, wann das Land aus der EU austritt. Premierministerin Theresa May ließ über ihren Sprecher mitteilen, dass sie den Prozess der Loslösung von der EU formal nicht vor Jahresende einleiten werde. Sie werde das gesamte politische Gewicht der Regierung in die Waagschale werfen, um das Beste für ihr Land herauszuholen.