Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ohne dass er selbst viel dazu beigetragen hätte, trat er seinen Siegeszug um die Welt an. Er ist wohl einfach zu markant. Und zu rot. Das Titelbild einer Werbebroschüre für die Region zeigt 1939 eine Frau mit Bollenhut. Nach dem Krieg betörte Sonja Ziemann als Schwarzwaldmädel im gleichnamigen Film die Herzen des Kinopublikums. Und natürlich durfte der Bollenhut auch bei Dr. Brinkmann in der „Schwarzwaldklinik“ nicht fehlen. Der Hut prangt auf Ferienkatalogen und Unterkunftsverzeichnissen. Die Ungenauigkeit, dass er nur in drei kleinen Gemeinden getragen wird, nimmt man offenbar gerne in Kauf – im Tausch gegen seine enorme Popularität. Die bekam 1974 auch Gabriele Aberle in den USA zu spüren. Dort wusste man genau, dass sie aus Deutschland kam, als sie den Hut ihrer Heimat erwähnte.

 

Die Frauen müssen mit dem Hut laufen lernen

Bleibt noch, mit einem Irrtum aufzuräumen. Der Name führt in die Irre. Der Verwandte des Strohhuts ist nämlich kein bisschen ungeschlacht. Er erzwingt von seiner Trägerin vielmehr eine Anmut, wie sie sonst nur afrikanische Frauen beim Jonglieren eines Wasserkrugs an den Tag legen. „Die Konfirmandinnen müssen erst das Laufen mit ihm lernen“, sagt Aberle.

Knapp zwei Kilo Hut fordern ihren Tribut. „Weil die Bollen immer größer geworden sind, musste auch der Hut größer und stabiler werden“, erklärt seine Schöpferin. Den Bauern im Schwarzwald ging es Anfang des 20. Jahrhunderts wirtschaftlich besser. Da mussten auch die Hüte der Töchter und Gattinnen größer und schwerer werden, um von der Prosperität ihrer Trägerinnen zu künden. Der Preis für die Angeberei der Männer: fällt der Hut seiner Trägerin vom Kopf, zerbricht er. Man muss also sorgsam mit ihm umgehen. Auch wenn sein Name das nicht vermuten lässt. Das Tragen eines Bollenhutes ist eine durchaus filigrane Angelegenheit. Eigentlich.