Bisher hat die Polizei noch keine Hinweise auf den Anrufer, der mit einer Bombendrohung das Gaggenauer Rathaus für einige Stunden lahmgelegt hat. Derweil kochen international die Emotionen immer höher.

Gaggenau - Nach der Bombendrohung im Rathaus von Gaggenau (Kreis Rastatt) sucht die Polizei weiter nach dem anonymen Anrufer. Eine heiße Spur gebe es noch nicht, sagte ein Sprecher am Samstag. Die Drohung hatte am Freitagvormittag den Betrieb in der Stadtverwaltung für Stunden lahmgelegt. Die Polizei hatte das Rathaus geräumt, den Marktplatz gesperrt und Sprengstoffspürhunde eingesetzt, die jedoch nichts Verdächtiges fanden.

 

Einen Tag zuvor war die Gründungsversammlung eines türkischen Verbandes mit dem Justizminister des Landes, Bekir Bozdag, in der Veranstaltungshalle von Gaggenau wegen Sicherheitsbedenken abgesetzt worden. Die türkische Seite reagierte erbost, auch weil ein Auftritt von Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci nicht wie geplant in Frechen bei Köln stattfinden kann - der Betreiber will die Halle nicht zur Verfügung stellen.

Weitere Nachwirkungen der Gaggenauer Entscheidung erwartet Bürgermeister Michael Pfeiffer (parteilos) allerdings nicht mehr. „Ich gehe davon aus, dass wir jetzt wieder zum Alltagsgeschäft übergehen können“, sagte er am Samstag. Es habe lediglich noch einmal ein Gespräch mit der Polizei und dem aus dem Urlaub zurückgekehrten Oberbürgermeister Christof Florus (parteilos) gegeben.

Auf internationaler Ebene kochen die Emotionen dagegen hoch. Justizminister Bozdag sprach von Menschenrechtsverletzungen und „faschistischen“ Methoden deutscher Behörden. Ministerpräsident Binali Yildirim bezeichnete die Absagen als „sehr unglückliche Entscheidung gegen Freiheiten und die Demokratie“.

Einen Höhepunkt der Angriffe lieferte Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan am Freitagabend, als er den in der Istanbul inhaftierten deutsch-türkischen „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel als „deutschen Agenten“ bezeichnete. Deutsche Politiker nannten die Angriffe „völlig überzogen“ und „abwegig“.

In der Türkei wird am 16. April bei einem Referendum über das Präsidialsystem abgestimmt, das Erdogan deutlich mehr Macht verleihen und das Parlament schwächen würde. An der Volksabstimmung können auch im Ausland lebende wahlberechtigte Türkeistämmige teilnehmen, darunter rund 1,41 Millionen Menschen in Deutschland.