Der Ministerrat und das Europaparlament einigen sich auf ein großes Reformpaket. Erstmals werden die Institute verpflichtet, Liquidität für mindestens 30 Tage bereit zu halten. Und ein Bonus darf bald nicht höher sein als das Festgehalt.

Brüssel - Für die 8200 Banken in der Europäischen Union gelten von 2014 an strengere Regeln. Darauf einigten sich das Europaparlament und der irische Ratsvorsitz in der Nacht zum Donnerstag. „In der Finanzkrise mussten die Steuerzahler Banken rekapitalisieren“, sagte Dublins Finanzminister Michael Noonan, „die Überarbeitung unserer Bankengesetze stellt sicher, dass die Institute künftig über genug Kapital verfügen, um Schocks standzuhalten.“ Die EU-Botschafter der Mitgliedstaaten sollten das Verhandlungsergebnis zu dem Gesetzespaket, mit dem die internationalen Vorgaben der G 20 und des Baseler Ausschusses umgesetzt werden, noch am gestrigen Abend annehmen. Mit der offiziellen Zustimmung durch das Plenum des Europaparlaments wird für Mitte April in Straßburg gerechnet.

 

Mehr Eigenkapital gegen die Krise

Die Geschäfte der Banken müssen künftig mit einem größeren und besseren Kapitalstock abgesichert sein. Von den an der Bilanzsumme gemessenen acht Prozent Eigenkapital, die schon bisher bereits zu halten waren, hatten nur zwei Prozent aus hartem Kernkapital zu bestehen. Das besteht unter anderem aus Aktien der Bank oder einbehaltenen Gewinnen und steht im Krisenfall ganz zur Verfügung, um Verluste auszugleichen. Die Pflichtquote steigt nun erst auf 4,5 Prozent, später gar auf sieben Prozent. Der Anteil anderer Kapitalbestandteile, die mit einem höheren Ausfallrisiko behaftet sind, sinkt entsprechend.

Mit zusätzlichen Sicherheitspuffern geht die Eigenkapitalquote von 2016 an über die Achtprozentmarke hinaus. Staaten mit besonders großen Bankensektoren wie Großbritannien und Schweden können noch höhere Vorgaben machen – nach Absprache mit der EU-Kommission. Weitere, um mindestens 1,5 Prozentpunkte höhere Kapitalrücklagen werden auch vermeintlich systemrelevanten Banken aufgezwungen. Dies regelt die EU-Bankenaufsicht.

Mittelstandskredite gibt es günstiger

Die Gesetzesnovelle definiert zudem, wie gefährlich welche Geschäfte sind und wie viel Kapital für sie hinterlegt sein muss. Während viele Finanzprodukte künftig höhere Risikobewertungen erhalten, ist dies für Mittelstandskredite nicht der Fall. „Das wirkt wie ein kleines Konjunkturprogramm“, sagte der deutsche SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann nach der langen Verhandlungsnacht. „Die Kreditvergabe an Mittelständler wird für Banken mit den neuen Regeln attraktiver und billiger“, so sein CSU-Kollege Markus Ferber.

Auf dem Cashkonto muss genug Geld sein

„Erstmals überhaupt in der Weltgeschichte“, so EU-Kommissar Michel Barnier, werde es Regeln dafür geben, wie viel „Cash“ eine Bank vorhalten muss. Künftig muss gewährleistet sein, dass ihre Liquidität reicht, um mindestens 30 Tage lang allen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Bei mehreren Bankpleiten im Zuge der Finanzkrise war die Kapitalausstattung in Ordnung gewesen, doch hatte es an sofort verfügbaren Geldmitteln gefehlt.

Neue Obergrenzen für Bonuszahlungen

„Zum ersten Mal werden in der EU und weltweit die Bonuszahlungen für Banker gedeckelt“, sagte der österreichische Christdemokrat Othmar Karras, der Verhandlungsführer des Parlaments. An diesem Punkt waren die Verhandlungen zuvor mehrfach gescheitert. Am Ende stimmten die EU-Regierungen einer Deckelung der erfolgsabhängigen Vergütung auf Höhe des Festgehalts zu. Bis zur zweieinhalbfachen Höhe dessen kann ein Bonus nur dann betragen, wenn eine Aktionärsversammlung dem ausdrücklich zustimmt und für die Sonderzahlung auch der langfristige Erfolg einer Bank berücksichtigt wird. „Das bedeutet eine Revolution im Finanzmarkt, wo die Verzehnfachung des Gehalts keine Seltenheit ist“, so der SPD-Parlamentarier Bullmann. Er geht davon aus, dass damit bei der Commerzbank in rund 50 und bei der Deutschen Bank in rund 500 Verträge eingegriffen wird. Der Verband der privaten Banken kritisierte den Beschluss dementsprechend als „unangemessene Bevormundung der Eigentümer“.

Die Regelung gilt auch für alle in Europa tätigen Banken aus Drittstaaten und für alle Auslandsstandorte europäischer Institute. Auch die britische Tory-Abgeordnete Vicky Ford sieht daher eine gewisse „Gefahr, dass europäische Banken ihren Standort verlagern“, doch trage sie den Kompromiss mit, da eine Revisionsklausel schnelle Nachbesserungen möglich mache.

Mehr Transparenz

Alle international tätigen Banken in der EU müssen von 2015 an für jedes Land auflisten, welche Gewinne erzielt, wie viel Steuern gezahlt und ob Staatshilfen empfangen wurden. Nun könnten „den Steuervermeidungsstricks der international tätigen Banken Grenzen gesetzt werden“, sagte Detlev von Larcher vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac. Der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold verwies jedoch auf eine „Hintertür“: Die EU-Kommission soll eine Folgenabschätzung vorlegen. Fällt sie negativ aus, könnte die Vorschrift noch kippen.