Auch im Kreis Esslingen Biosphärengebiet Schwäbische Alb wird deutlich größer

Die Festung Hohenneuffen bietet weite Ausblicke ins Unesco-Biosphärenreservat. Foto: 7aktuell.de/Daniel Jüptner

Bis 2027 wird das Biosphärengebiet Schwäbische Alb um knapp 40 Prozent größer werden. Zuwächse gibt es im Kreis Reutlingen, aber auch im Alb-Donau-Kreis und im Kreis Esslingen. Identität dank Erfolgen bei wirtschaftlichen und ökologischen Themen.

Region: Corinna Meinke (com)

Streuobstwiesen, Burgen und Schlösser, Schluchtenwälder, Felsentäler und Hochebenen sind typisch für das Biosphärengebiet Schwäbische Alb. Tourismus, Ökologie und Wirtschaft sind unter diesem Label eine enge Verbindung eingegangen. Das Erfolgsrezept für das 16 Jahre alte Schutzgebiet, das sich über die Landkreise Esslingen, Reutlingen und Alb-Donau erstreckt, ist auf Wachstumskurs und soll seine Fläche um 40 Prozent ausdehnen.

 

Neue Attraktionen

Damit können künftig weitere touristische Attraktionen wie Schloss Lichtenstein, die Bärenhöhle bei Sonnenbühl sowie der Blautopf bei Blaubeuren mit dem Label Unesco-Biosphärengebiet werben. Bis zum Jahr 2027 dürften die politischen Entscheidungen in den beteiligten Kommunen, die rechtliche Ausweisung und schließlich der neue Unesco-Antrag auf den Weg gebracht sein, kündigte der Tübinger Regierungspräsident Klaus Tappeser (CDU) an.

„Wir sind Älbler“, diese Aussage spiegle das neue Selbstbild der Menschen auf der Schwäbischen Alb, erklärte Tappeser bei der Vorstellung des bereits weit fortgeschrittenen Erweiterungsvorhabens. Laut Tappeser hat das Projekt seit der Ausweisung des Biosphärengebiets im Jahr 2008 eine identitätsstiftende Wirkung entfaltet und die teils auf der Alb herrschende pietistische Zurückhaltung der Menschen in „gesundes Selbstbewusstsein umschlagen“ lassen sowie dafür gesorgt, dass man auf die eigene Leistung stolz sei.

In 19 von 22 Kommunen ist das Einbringen weiterer Flächen in das Biosphärengebiet inklusive Ausweisung von Kern-, Pflege- und Entwicklungszonen beschlossene Sache. Im Kreis Esslingen, der das nördliche Tor zum Biosphärengebiet markiert und über die Autobahn 8 die verkehrliche Anbindung aus dem Stuttgarter Ballungsraum bietet, sind das die Gemeinden Dettingen, die rund 1500 Hektar einbringt, Weilheim (447 Hektar), Bissingen (109 Hektar) und Beuren mit weiteren 56 Hektar.

Volker Häring von der in Münsingen angesiedelten Geschäftsstelle des Biosphärengebiets äußerte sich erfreut über diese Erweiterungen. Mit Dettingen kämen wertvolle weitere Streuobstwiesen ins Gebiet und in Weilheim die attraktive Altstadt. Dettingen betreibe überdies eine vorbildliche Stadtentwicklung samt klimagerechtem Bauen.

Eine Großstadt macht auch mit

Im Landkreis Reutlingen kommen weitere rund 23 000 Hektar und im Alb-Donau-Kreis 5000 Hektar hinzu, wobei in drei Kommunen die politischen Beschlüsse der Gemeinderäte noch ausstehen. Insgesamt wächst das Biosphärengebiet Schwäbische Alb damit flächenmäßig um knapp 40 Prozent auf rund 120 000 Hektar. Und noch ein paar Fakten zum Bevölkerungswachstum: Nach der Gebietserweiterung leben dort künftig 260 000 Menschen, ein Plus von 80 Prozent. Dazu trage vor allem die Großstadt Reutlingen bei.

Bei dem Erweiterungsverfahren, das von einem Lenkungskreis vorangetrieben wird, wurden zunächst 17 Mitgliedskommunen, die nur anteilig im Biosphärengebiet liegen, nach ihrem Interesse an Erweiterung gefragt, außerdem neun neue Kommunen, die direkt an die Gebietskulisse angrenzen und die bereits bei der Erstausweisung des Biosphärengebiets im Jahr 2008 als potenzielle Mitgliedskommunen angefragt worden waren. Nicht alle haben den Weg ins Biosphärengebiet gewählt. „Wir sind das erste Biosphärengebiet mit Loch“ kommentierte Achim Nagel, der Leiter der Geschäftsstelle Biosphärengebiet, die Entscheidung der zentral im Gebiet liegenden Kommune Mehrstetten im Landkreis Reutlingen, nicht beizutreten. Absagen gab es außerdem aus Laichingen und Emeringen aus dem Alb-Donau-Kreis.

Fördermittel fließen

Auch wenn die Beschlüsse in vielen der Kommunen einstimmig fielen, habe es immer wieder kritische Stimmen gegeben, räumte Tappeser ein. Eine große Rolle habe die Sorge vieler Landwirte gespielt, die sich um Bewirtschaftungsauflagen sorgten. Etwaigen Einschränkungen stehen laut Tappeser neue Vermarktungschancen regionaler Produkte gegenüber. Seit 2008 seien 154 Projekte mit durchschnittlich 1,6 Millionen Euro Fördermitteln unterstützt worden, was zu Investitionen in Höhe von insgesamt 4,1 Millionen Euro geführt habe. Profitiert davon hätten Kooperationsprojekte wie die Marke Albgemacht, Bienenstrom, die Erhaltung des Schlachthauses in Westerheim, Mäh- und Kühltechnik, Verkaufsautomaten und Brennereianlagen.

In Baden-Württemberg gibt es zwei derartige Schutzgebiete

Tourismus
 Wie viele Menschen das Biosphärengebiet als Touristen, Ausflügler oder Geschäftsreisende besuchen, ist laut Geschäftsstelle nicht bekannt, da es außer mit Blick auf Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe kaum Daten gebe.

Zählung
 An insgesamt 12 markanten Punkten gibt es immerhin Zählstellen mit Infrarottechnik. Seit 2019 werden beispielsweise die Besucher der Burg Hohenneuffen, am Breitenstein und am Sattelbogen erfasst. Außerdem könne man neuerdings die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer erfassen, die sich am neuen Heidengrabenzentrum in Erkenbrechtsweiler in das digitale Informationsangebot einwählen.

Bedeutung
 Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb ist das größte und älteste Schutzgebiet dieser Art in Baden-Württemberg. 2016 wurde mit dem Biosphärengebiet Schwarzwald das zweite Reservat im Land eröffnet.

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