Anthony Modeste soll beim BVB die Lücke schließen, die nach der schweren Erkrankung von Neuzugang Sébastien Haller entstanden ist. Für den Torjäger ist es der zweite Abschied aus Köln. Und wie schon beim ersten Mal sorgt der Franzose beim FC für Unmut.
Bullig, kopfballstark, erfahren - Borussia Dortmund setzt nach dem monatelangen Ausfall des an einem Tumor erkrankten Neuzugangs Sébastien Haller auf Anthony Modeste. Bei der kniffligen und eiligen Suche kam der Angreifer des 1. FC Köln dem Anforderungsprofil des ambitionierten Revierclubs am nächsten. Am Montag unterschrieb der 34 Jahre alte Franzose nach dem Medizincheck in Dortmund einen Einjahresvertrag.
Ablöse scheint überschaubar
Dass er den FC zum zweiten Mal mit Misstönen verlässt, kann die Vorfreude beim BVB nicht trüben. Sportdirektor Sebastian Kehl beschrieb Modeste als „einen gestandenen Profi, der die Bundesliga bestens kennt, der in der vergangenen Saison 20 Tore erzielt hat und der mit seinem Profil genau jene Rolle einnehmen kann, die sich unser Trainer Edin Terzic für den BVB-Fußball vorstellt“.
Nicht nur das sportliche Profil von Modeste, der in der vorigen Spielzeit entscheidend zur Europapokal-Rückkehr der Kölner beitrug, sprach für eine Verpflichtung. Auch die vertraglichen Parameter schürten das BVB-Interesse. Die Ablöse für den nur noch bis 2023 an Köln gebundenen Profi ist mit angeblich fünf Millionen Euro überschaubar und passte in die Vorgabe, nicht mehr als zehn Millionen Euro für das Gesamtpaket auszugeben. Dass Modeste zudem bereit war, nur für ein Jahr zu unterschreiben, bevor Haller nach auskurierter Krankheit wieder zur Verfügung steht, erleichterte die Gespräche.
Zweiter Abschied aus Köln
Für Modeste ist es der zweite Abschied aus Köln. Und wie schon 2017, als er nach einer famosen Saison mit 25 Toren und dem Kölner Einzug in die Europa League überraschend nach China gewechselt war, zog er sich in der Domstadt den Unmut vieler Fans zu. „Man muss ihn fragen, warum er das unbedingt machen will“, sagte FC-Geschäftsführer Christian Keller nach dem 3:1 zum Bundesliga-Auftakt gegen den FC Schalke 04, bei dem Modeste kurzfristig schon nicht mehr zum Kader gehörte: „Aber er kann Champions League spielen. Und er verdient sicherlich zumindest nicht weniger als beim FC.“
Stürmer wendet sich an FC-Fans
Modeste sagte in der BVB-Mitteilung, er sei dem 1. FC Köln „sehr dankbar für die schöne und erfolgreiche Zeit“ und erklärte seinen Schritt: „Mit dem Angebot des BVB hat sich für mich die in meinem Alter einmalige Chance ergeben, auch in der Champions League spielen und mich auf höchstem Niveau beweisen zu können.“ Auch Keller schlug versöhnliche Töne zum Abschied an: „Tony hat Großes für den FC geleistet. Das wird bleiben, darf nicht vergessen werden und dafür sind wir ihm sehr dankbar“, sagte er in einer Club-Mitteilung.
Noch am Ende der vergangenen Saison hatte Modeste wiederholt seine Liebe zum FC und zur Stadt beteuert, obwohl er im Winter eigentlich nach Saudi-Arabien wollte. Zudem ließ er seine Berater stets nach Alternativen Ausschau halten. „Ich hoffe, dass mein Berater aktiv ist. Wenn ich 20 Tore mache und er nicht aktiv ist, muss ich mit ihm reden“, hatte Modeste noch im Trainingslager erklärt. Trotzdem wurde er bei der Saisoneröffnung vor zwei Wochen von den Fans gefeiert.
Kehrt Modeste wieder zurück nach Köln?
Ob Modeste nach einem Aushilfsjob beim BVB ein weiteres Mal zum FC zurückkehrt, bleibt vorerst offen. Medien hatten wiederholt und unwidersprochen berichtet, er habe für die Zeit nach seinem eigentlichen Vertragsende 2023 einen fünf Jahre laufenden Anschlussvertrag als Jugendtrainer. „Ich habe auch viel von dem Anschlussvertrag gehört. Das sieht nachher ein bisschen anders aus, wenn man gelesen hat, was da drinsteht“, kommentierte Keller.
Möglicherweise gilt die Anschlussvereinbarung nur bei einem durchgängigen Verbleib bis zum eigentlichen Vertragsende 2023. Keller wollte die Tür nicht endgültig verschließen: „Tony ist eine Identitätsfigur für den 1. FC Köln, und wenn er irgendwann zum FC zurückkommen möchte, dann denken wir sicher darüber nach.“
30 Schüsse aufs Tor
Trainer Steffen Baumgart will bei seinem Team nun eine Trotzreaktion erzeugen. „Es hat mich im vergangenen Jahr oft geärgert, dass es nur um ihn ging“, sagte der FC-Coach. „Wir werden nicht wegdiskutieren, dass er uns sicher in der ein oder anderen Situation fehlen wird, nur weil wir ohne ihn gewonnen haben. Aber wir gehen den Weg jetzt mit Leuten, die ihn zu 100 Prozent mitgehen wollen. Wir sind letztes Jahr übers Kollektiv gekommen, und das werden wir dieses Jahr auch.“ Gegen Schalke schoss sein Team insgesamt 30 Mal aufs Tor - mehr als in jedem Spiel der Vorsaison mit Modeste.