Trost kann derzeit bei Borussia Dortmund nicht nur Pierre-Emerick Aubameyang brauchen. Nach der 0:2-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt und dem Absturz auf den letzten Tabellenplatz sagt der Trainer Jürgen Klopp, dass er sich der Verantwortung stellt.

Dortmund - Der Einzige, der mit der schwierigen Situation wirklich Erfahrung hat, ist Michael Zorc. Der Sportdirektor taugt bei Borussia Dortmund immer noch als bestes Verbindungsstück zwischen Vergangenheit und Gegenwart, denn der Mann mit dem Spitznamen „Susi“ hat ja fast alle schwarz-gelben Höhen und Tiefen miterlebt. Etwa stand der unermüdliche Malocher Zorc auch am 1. November 1985 auf dem Rasen des Westfalenstadions, als der BVB nach einer 2:3-Pleite gegen Borussia Mönchengladbach auf Platz 18 stürzte.

 

Damals assistierte er im Mittelfeld Marcel Raducanu, im Sturm agierte Horst Hrubesch und im Tor stand Eike Immel. Eine recht prominente Besetzung also, und doch fanden sich die Westfalen nach 13 Spieltagen auf Tabellenplatz 18 wieder. Damit wäre also die Parallele 29 Jahre später hergestellt, als nach einem 0:2 bei Eintracht Frankfurt passiert ist, was bei der aktuellen Ausgestaltung dieses prosperierenden Großvereins sich niemand hat vorstellen können: Bundesliga-Schlusslicht zu sein.

Weshalb nun eben Zeitzeuge Zorc das mahnende „Wort zum Sonntag“ sprach: „Wir müssen uns nichts vormachen. Wir sind mitten im Abstiegskampf angekommen.“ Zudem empfahl der 44-Jährige, alle Rechenspiele zu unterlassen, die noch einen Vorstoß in vordere Regionen inkludieren. Da spürt einer, dass sich die Stimmung gedreht hat. Im Frankfurter Stadtwald wendeten sich erstmals die Anhänger ab – aus echter Liebe ist enttäuschte Liebe geworden, weil selbst der „Blut-Schweiß-Tränen“-Appell von Vorstandschef Hans-Joachim Watzke verpuffte. Die engagiertere Eintracht machte vor, wie echte Arbeiter sich den Punkte-Lohn verdienen.

Mkhitaryan will zu oft zaubern

Mkhitaryan will zu oft zaubern

Bei der Borussia werden hingegen einige Künstler zu viel entlohnt: Protagonisten wie der verspielte Armenier Henrikh Mkhitaryan probieren es lieber noch mit dem Außenristschuss statt mit dem Vollspannstoß. Und wie der verstörte Japaner Shinji Kagawa um sich selbst kreiselt, ist dem einst so vorbildlichen kollektiven Wirken nicht dienlich. Und damit führt die Schaffens- und Sinnkrise direkt auch zum Lehrmeister. Jürgen Klopp gibt in dieser gemeingefährlichen Gemengelage ein ziemlich irritierendes Bild ab.

Hat der Entertainer jemals so hilflos nach Erklärungen gerungen? Spätestens nach dem Champions-League-Finale 2013 galt der charismatische Vordenker als der begehrteste Fußballlehrer auf dem internationalen Markt – und deswegen dehnte der Club den Kontrakt mit Klopp dann auch gleich bis 2018 aus. Doch nun wird mit ihm öffentlich die Variante einer freiwilligen Demission durchgespielt.

Es gibt Raum für Spekulationen

Es gibt Raum für Spekulationen

„Ich habe hier die Verantwortung und solange keiner kommt und sagt, wir haben jemanden, der es besser macht, kann ich doch nicht gehen. Es gibt sicher keine Tendenzen dazu“, beteuerte der 47-Jährige. „Wenn ein Trainerwechsel das Glück zurückbringt, dann soll mich jemand anrufen und mir eine Garantie geben – aber so leicht ist es nicht.“ Ein Nebensatz ließ aber Raum für allerlei Spekulationen: „Ich stehe sicher nicht im Weg.“ Doch der Klopp-Freund Zorc erteilte sofort Rückendeckung: „Dass er sich Gedanken macht, ehrt ihn. Aber wir sind komplett überzeugt, dass wir mit Jürgen Klopp da rauskommen.“

Schon das Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim am Freitag wird damit zum Charaktertest für Trainer und Team. „Die Spielentwicklung führt nicht dazu, dass wir uns Selbstvertrauen holen“, sagte Klopp. Wie der überforderte Matthias Ginter vor dem 0:2 am unmotiviert herauseilenden Torhüter Roman Weidenfeller vorbei köpfte, „passt ins Kuriositätenkabinett“, wie der Coach klagte. „Es ist unwichtig wie gut du kicken kannst, wenn du dir so ins Gebälk haust.“ Er selbst wird aber vorerst nicht hinwerfen. „Die Verantwortung, die ich verspüre, ist groß. Der stelle ich mich.“

Genauso standhaft begab er sich am Montagabend zu einer lange vereinbarten Verpflichtung, um als Privatmann in Frankfurt einen Motivationsvortrag vor Führungskräften aus der Wirtschaft abzuhalten. Und wer gibt Klopp die nötigen Ratschläge? Vielleicht hilft die Einschätzung von Eintracht-Ikone Alexander Meier, der auf die Frage, ob der BVB absteigen könne, antwortete: „Nein! Wenn die einen Lauf bekommen, spielen die noch oben mit.“

Und wenn nicht? Dann könnte sich Dortmund immerhin an die Legende aus 1985/86 erinnern, als in der Relegation gegen Fortuna Köln ein gewisser Jürgen Wegmann in letzter Sekunde ein Wiederholungsspiel erzwang, das der BVB schlussendlich mit 8:0 gewann. Zweifacher Torschütze war damals übrigens Michael Zorc.