Die Borussia empfängt zum Start der Rückrunde am Freitag den FC Bayern. Trainer Favre bleibt trotz der schwierigen Saisonphase weiterhin optimistisch.
Mönchengladbach - Auf dem Trainingsgelände am Borussia-Park ist von einer drohenden Apokalypse wenig zu spüren. Zwanzig ältere Herren verfolgen seelenruhig die letzte öffentliche Übungseinheit der Gladbacher vor dem Bundesliga-Rückrundenstart am Freitag (20.30 Uhr/ARD) gegen Bayern München. Als sich die Veranstaltung langsam dem Ende entgegenneigt, geht Patrick Herrmann hinter einer Werbebande in Deckung. Eine Schutzmaßnahme gegen die letzten auf dem Platz verbliebenen Kollegen, die nun pausenlos Bälle auf das 20-jährige Fliegengewicht aus dem Borussen-Mittelfeld dreschen. Aber keiner trifft, Herrmann lacht, die älteren Herren gehen zu ihren Autos. Und klar ist: Weltuntergangsstimmung sieht anders aus.
Ebenso klar ist allerdings auch, dass das Überraschungsteam der Vorrunde seine bisher schwierigste Saisonphase erlebte, als der Ball gerade mal nicht rollte. In der Winterpause gab der Tabellenvierte kurz hintereinander die Abgänge von Nationalspieler Marco Reus (nach Dortmund) und von Mittelfeldmann Roman Neustädter (zu Schalke) zum Sommer bekannt. Vor allem im Fall Reus löste dies in einigen Medien ein Katastrophenszenario aus, ein nahendes Adieu von Gladbachs Traumtrainer Lucien Favre gab es inklusive.
"Es kann nicht immer in eine Richtung gehen"
"Das hat uns geärgert - weil die Wahrnehmung im Verein eine andere war", echauffiert sich der Manager Max Eberl auch zwei Wochen später noch, wohingegen Monsieur Favre betont: "Das war für uns alle sehr schwierig. Für mich, für das ganze Trainerteam, für alle. Ohne Ausnahme." Nicht einfacher machte den Start ins Jahr 2012 für den Schweizer die Erinnerung an seine Berliner Zeit. Im Frühjahr 2009 führte er die Hertha erst auf Rang vier, dann musste der Club aus finanziellen Gründen wichtige Spieler wie Andrej Woronin, Marko Pantelic oder Josip Simunic abgeben. Favre schwankte beim Gedanken an eine Vertragsverlängerung, blieb aber - und wurde Ende September entlassen.
Diese unschöne Geschichte kennt inzwischen auch Senhor Dante. Gegen die Bayern ist der Innenverteidiger, der die Zukunftsperspektiven des Clubs stets besonders kritisch beäugt, gesperrt. Nun steht der Brasilianer vor dem Borussia-Park und sagt: "Unser Trainer hat ja erzählt, was ihm bei Hertha passiert ist." Und dann fügt Dante hinzu: "Es kann nicht immer in eine Richtung gehen. Was bei der ganzen Sache rauskommt, sehen wir im Mai."
Marco Reus als Dreh- und Angelpunkt
Um die Stimmung hochzuhalten, ist die Clubspitze gerade dabei, den Trainer Favre ("Es wird in der Rückrunde schwerer für uns, das ist meine Intuition") früher als geplant zu einer Verlängerung seines bis 2013 laufenden Vertrags zu bewegen. Mehr als freundliche Diplomatie ist dem Chefcoach aktuell aber nicht zu entlocken. "Ich freue mich über die Anerkennung meiner Arbeit, außerdem stehe ich mit den Verantwortlichen in kontinuierlichem Dialog", lässt der 54-Jährige lediglich ausrichten.
Den Weg in ihre fulminante Hinrunde ebneten sich die Fastabsteiger des Vorjahres im August mit einem 1:0-Sensationssieg in München. "Psychologisch ist das jetzt eine ganz andere Situation, aber trotzdem nicht neu für uns", findet Favre, der betont: "Wir haben keine Angst vor den Bayern und werden unser Spiel machen." Ein Spiel mit dem - auch von den Münchnern lange umworbenen - künftigen Dortmunder Reus als Dreh- und Angelpunkt.
"Wir hoffen, dass Marco nicht überdreht, dann kann er das Spiel auch entscheiden", glaubt Max Eberl. Die 17,5 Millionen Euro aus dem beschlossenen Reus-Transfer, beruhigt der Sportdirektor seinen Trainer, werden "zu 100 Prozent" in die sportliche Entwicklung des Teams gesteckt. Außerdem, ergänzt Eberl forsch, werde es "eine Herausforderung sein, im Sommer dann den nächsten Schritt zu machen".