Der Übergangscoach André Schubert verändert einiges bei Borussia Mönchengladbach – und schon läuft es wieder besser als unter seinem Vorgänger Lucien Favre.

Mönchengladbach - André Schubert redet gern und viel – doch ein Wort gefällt dem kahlköpfigen Fußballlehrer so gut, dass er es besonders häufig benutzt: „Konzentration“. Die ist bei dem gebürtigen Kasseler so allgegenwärtig, dass sie während des wilden 4:2 über Augsburg selbst die schönsten Momente überlagerte. Ob er Spaß gehabt habe bei seiner stürmischen Bundesligapremiere, speziell an den vier Treffern der plötzlich entfesselten Borussen in den ersten 21 Minuten, wurde er gefragt. „Genießen ist in solchen Spielen immer schwer. Ich habe konzentriert meinen Job gemacht“, erklärte Schubert. Dabei schaute er mit leicht flackernden Augen in die Runde und sagte: „Was ich genossen habe, war die Arbeit mit der Mannschaft.“

 

Denn die ist von der Zeit her endlich. Das machte Sportdirektor Max Eberl klugerweise sofort deutlich, als nach dem Schock über den Rücktritt von Gladbachs Traumzeit-Trainer Lucien Favre die wichtigste Personalentscheidung getroffen war. André Schubert ist ein Übergangscoach, ohne Wenn und Aber, jeder weiß das – und diese Gewissheit ist der Sache offensichtlich sehr dienlich. Da muss keiner den aus den Fugen geratenen Borussen-Kosmos mit aller Macht neu zusammensetzen. Es muss kein überdimensioniertes Trainer-Ego befriedigt werden. Es musste nur jemand mit Mechanikerblick den Trümmerhaufen Gladbach inspizieren – und anschließend, wie Schubert erwähnte, „an ein paar Stellschrauben“ drehen.

Die Wandlung von Granit Xhaka

Vor allem in den Köpfen der Spieler saßen zuletzt einige Muttern und Schrauben arg quer. Die Angst, etwas verkehrt zu machen, war in der Endphase der lange glorreichen Favre-Ära das prägende Merkmal des VfL-Fußballs gewesen. „Wir haben trotz André Schubert immer noch das Favre-System im Kopf. Aber er hat zwei, drei Dinge im Mentalbereich verändert – dass wir auch Fehler machen dürfen und mehr Mut zeigen müssen.“ Der Mann, der das nach den ersten Gladbacher Saisonpunkten sagte, war Granit Xhaka. Gegen Augsburg sozusagen der Inbegriff der Stellschraube.

Denn in Vertretung des verletzten Amtsinhabers Tony Jantschke durfte Xhaka erstmals als Kapitän in den Borussia-Park einlaufen. Für den ehrgeizigen Schweizer ging „ein Traum in Erfüllung“, sein neuer Trainer setzte damit in erster Linie einen wichtigen Gedanken um. Im Vergleich zum 0:1 in Köln hatte er die halbe Mannschaft ausgetauscht. Doch während Schubert („Es gab keine speziellen Gründe für die Wechsel“) diese Großrotation scheinbar nach dem Zufallsprinzip vornahm – definitiv gezielt war die Übergabe der Spielführerbinde an Favres Landsmann Xhaka.

Denn das mitunter schlampige Genie mit dem leicht entflammbaren Gemüt soll als Fußballer langsam erwachsen werden, findet Schubert. „Granit hat Qualität, aber er muss auch irgendwann Verantwortung übernehmen. Seine Emotionen im Spiel sind wichtig, er kann lenken und mitreißen – aber bitte: Er muss auch diszipliniert spielen und sich zusammenreißen“, interpretierte der 44-jährige Übungsleiter Xhakas Kapitänsjob als eine Art Räuberleiter in der Karriereplanung.

Der nächste Gegner ist der VfB Stuttgart

Auf das Glück, nach den zu Beginn völlig desolaten Augsburgern auch beim nächsten Kellerkinderduell, am Samstag beim VfB Stuttgart, wieder einen dankbaren Gegner serviert zu bekommen, wird der sachliche Bundesliganovize sicher nicht vertrauen. Gegen den FCA kam Schubert zudem zugute, dass die drei Rückkehrer Alvaro Dominguez, Fabian Johnson und Patrick Herrmann dem Team gleich so viel Stabilität gaben, dass auch Spielmacher Raffael entschlossen aus seinem Leistungsloch kletterte – und alle vier Borussen-Treffer vorbereitete.

„André hat es ein Stück weit geschafft, die Jungs frei zu machen“, reichte Max Eberl die rote Laterne des Tabellenletzten anschließend erleichtert weiter nach Hannover. Dann setzte der Sportchef die Suche nach einem neuen Trainer fort – und Schubert, der Bank-Vorstand auf Zeit, griff schnell wieder zum Schraubenschlüssel.