Volkmar Denner ist überzeugt davon, dass der Diesel technisch in der Lage ist, sämtliche Grenzwerte einzuhalten. Das kostet aber Geld, sodass sich der Aufwand für kleine Autos nicht lohnen wird.

Stuttgart - Volkmar Denner ist Naturwissenschaftler. Um genau zu sein: Physiker. Dies allein mag erklären, weshalb der 60-Jährige fast unter körperlichen Schmerzen zu leiden scheint, wenn er den aktuell grassierenden Modebegriff „postfaktisch“ hört. Und deshalb kann der Bosch-Chef auch rein gar nichts mit emotional aufgeladenen Debatten anfangen, die die Fakten ignorieren – zum Beispiel, wenn es um den Diesel geht.

 

Sollte das Sterbeglöckchen für den Selbstzünder erklingen, dann hat das nach Ansicht des Bosch-Chefs nichts mit den Fakten zu tun. Dass das Thema Feinstaub, dem Stuttgart seit geraumer Zeit kontinuierliche Medienpräsenz verdankt, mit dem Diesel in Verbindung gebracht wird, zeugt aus Denners Sicht vor allem von einem: von Unkenntnis. Denner hat vor einem Jahr mit dieser Aussage für Aufmerksamkeit gesorgt: „Dieselfahrzeuge sind Luftreinigungsmaschinen“; die Qualität der abgegebenen Luft ist besser als die der angesaugten. Das bezog sich (was aber nicht jedermann gehört hat) ausschließlich auf die Partikelemissionen, die dank des Einsatzes von Filtern nicht in die Umwelt gelangen – bei Einsatz moderner Motoren nach der aktuellen Norm Euro 6, die aber nur für Neufahrzeuge gilt. Dass auch Benzinmotoren künftig einen Partikelfilter erhalten, ist aus Denners Sicht unumgänglich.

Ohne Diesel ist der CO2-Grenzwert nicht zu schaffen

Lediglich 20 Prozent der Feinstaubemissionen entfallen auf den Straßenverkehr, davon wiederum ein Drittel auf Dieselmotoren in Personenwagen – insgesamt also sieben Prozent. Davon werden nach Angaben des VDA 42 Prozent von betagten Fahrzeugen verursacht, die nur die Abgasstufen Euro 1 und Euro 2 schaffen.

Lange galten Dieselmotoren als Öko-Maschinen, weil sie besser als Benzinmotoren in der Lage sind, das CO2-Problem in den Griff zu bekommen. Rolf Bulander, Vorsitzender des Bosch-Unternehmensbereichs Mobility Solutions (früher: Kraftfahrzeugausrüstung): „Ohne den Diesel ist der Grenzwert von 95 Gramm CO2/km nicht zu schaffen. Dieser neue Grenzwert gilt ab 2020 für alle neu zugelassen Autos.

Bei Bosch hängen 15 000 Jobs in Deutschland am Diesel

Der VW-Abgasbetrug in den USA hat für jedermann sichtbar gemacht, dass Dieselmotoren ein Problem mit Stickoxid (NOx) haben. Bulander hält es für durchaus möglich, die Dieselmotoren so zu verbessern, dass sie die Grenzwerte einhalten – nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch im Straßenverkehr. Und Denner sagt: „Es ist noch einiges zu tun, aber die Technik dafür ist da.“ Als Beispiel verweist er auf den neuen Mercedes-Dieselmotor mit der internen Bezeichnung OM 654 in der ebenfalls neuen E-Klasse, der keine Probleme mit der Einhaltung von Grenzwerten hat.

Aber auch dem Bosch-Chef ist klar, dass sich nicht jedes Autos mit einem Motor ausstatten lässt, dessen Emissionswerte an die Mercedes-Maschine heranreichen. Die Abgasreinigung ist teuer, und deshalb stellt sich das Unternehmen darauf ein, dass es kleinere Autos aus Kostengründen künftig nicht mehr mit Dieselmotor geben wird. Die Folgen für Bosch werden aus Bulanders Sicht allerdings überschaubar sein: „Die Auswirkungen würden sich im Rahmen der bei uns auch sonst üblichen Schwankungen bewegen.“ Bosch hat 50 000 Beschäftigte, deren Job direkt vom Diesel abhängt, davon 15 000 in Deutschland. Etwa 40 Prozent des Dieselgeschäfts entfällt nach Bulanders Schätzung auf Nutzfahrzeuge, 60 Prozent auf Personenwagen – mit starkem Gewicht auf den großen Fahrzeugen.

An synthetischen Kraftstoffen muss noch viel gearbeitet werden

Der Marktanteil von Dieselfahrzeugen ist im Zuge der Debatte um den Antrieb in Europa um zwei Prozent gesunken, in Deutschland sogar um vier Prozent. Bosch veröffentlicht zwar keine Geschäftszahlen zum Dieselmotor, aber Finanz-Geschäftsführer Stefan Asenkerschbaumer lässt sich doch so viel entlocken: „2016 war die Entwicklung für den Diesel positiv.“

Nach Denners Worten wird Bosch nicht nur in die Elektromobilität investieren, sondern auch in die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors. Denn die Maschinen werden künftig vielleicht nicht nur mit Benzin oder Diesel fahren, sondern umweltfreundlich mit synthetischen Kraftstoffen. Der Bosch-Chef weiß aber, dass hieran noch viel gearbeitet werden muss.