Wie bekommt man Fachkräfte in die schwäbische Provinz? Bosch versucht es mit einem Bus.

Renningen - Spencer ist einer der Mitarbeiter am Bosch-Campus in Renningen. Der 1,93 Meter große Roboter ist so intelligent, dass er einmal Passagieren an großen Flughäfen helfen könnte, den richtigen Weg zu finden. Das Forschungslabor Robotik und das Bosch-Center für Künstliche Intelligenz (KI) sind dabei nur zwei der Bereiche am Forschungsstandort des Autozulieferers in Renningen.

 

1900 Mitarbeiter aus 60 Nationen tüfteln und forschen mittlerweile auf dem Campus mit dem großen, markanten Hochhaus. „Unsere Herausforderung ist es dabei, junge, qualifizierte Mitarbeiter zu finden“, sagt die Bosch-Personalreferentin Andrea Lanno. Das gelte gerade für den Bereich Künstliche Intelligenz. „Wir stehen dabei in starker Konkurrenz zu Apple und Google.“

Renningen statt Kalifornien

Spencer führt bereitwillig durch die modernen Räume in Renningen. Junge Ingenieure aber dafür zu gewinnen, dass sie eben nicht nach Santa Clara oder Cupertino in Kalifornien abwandern, sondern in die schwäbische Provinz kommen, ist die ständige Herausforderung der Standortleitung. Eine der Ideen, die dabei entstanden sind, ist der „CityLink“. Blau-glänzend und per Aufschrift für den „Campus Renningen“ werbend, fährt er nun seit mittlerweile genau einem Jahr durch die Region. Der Geschäftsleiter der Bosch-Forschung in Renningen, Thomas Kropf, zieht eine positive Bilanz: „Dass der Bus so voll ist, hat uns überrascht.“

Rund 600 Mitarbeiter sind aktuell registriert, mehr als 120 davon sitzen jeden Tag im CityLink. Der Bus verbindet die Stuttgarter Stadtmitte vom Rotebühlplatz aus mit dem Bosch-Campus in Malmsheim. Schließlich wohnen viele der Renninger Bosch-Mitarbeiter in den urbanen Stadtteilen Stuttgart-Mitte, -West und -Süd. Bei einem Workshop zum betrieblichen Mobilitätsmanagement ist daher die Idee zu dem Bus entstanden, die das breite Angebot an die Mitarbeiter ergänzt. Per App können die Pendler zum Beispiel auch Fahrgemeinschaften finden. In Verhandlungen mit dem VVS hat Bosch bereits für eine gute Anbindung des öffentlichen Nahverkehrs an den S-Bahnhof in Renningen gesorgt.

Keine Konkurrenz zu den Öffentlichen

„Wir wollen nicht in Konkurrenz zum ÖPNV gehen“, sagt Thomas Kropf. Dass Pendler aber in einer halben Stunde von der attraktiven Wohngegend in Stuttgart-Mitte nach Renningen kommen, ist unschlagbar. Der Malmsheimer Standortleiter ist darum von diesem Angebot überzeugt. „Unsere Mitarbeiter könnten alle im Silicon Valley arbeiten“, sagt er. „Da helfen solche Maßnahmen, Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten.“

Eckart Mayer-John ist einer dieser Mitarbeiter, die täglich im CityLink sitzen. „Das ist für mich hier ein vollwertiger Arbeitsplatz“, berichtet der Ingenieur. Per WLAN im Bus loggt er sich unterwegs ins Bosch-Netz ein. Aber nicht nur das gefällt ihm. „Man trifft hier Kollegen aus ganz anderen Bereichen“, sagt Eckart Mayer-John. Vorher sei er mit dem Auto nach Renningen gefahren. „Das brauchen wir dafür jetzt nicht mehr“, erzählt der Bosch-Mitarbeiter.

Mitarbeiter zahlen nichts

Fünfmal täglich fährt der CityLink morgens von Stuttgart nach Renningen, nachmittags wieder fünfmal zurück. Für die Mitarbeiter sind die Fahrten kostenlos. Wie viel sich Bosch den Komfort kosten lässt, will man nicht verraten. „Wir sehen es auch als Beitrag an, die Schadstoffe und die Staus in der Region zu verringern“, sagt Thomas Kropf. Mit den CityLink-Pendlern habe man schließlich gleichzeitig weniger Autos auf der Straße.

Seit einem Jahr fährt der CityLink nun zwischen Stuttgart und Renningen, zunächst war er auf ein halbes Jahr befristet. Bosch wollte herausfinden, ob die Mitarbeiter das Angebot überhaupt annehmen. Aufgrund der positiven Resonanz hat man die Testphase bis Ende 2019 verlängert, um weitere Erfahrungen mit dem Angebot zu sammeln.

„Schließlich haben immer weniger junge Leute ein eigenes Auto“, stellt die Personalreferentin Andrea Lanno fest. Immerhin 120 Mitarbeiter kommen jeden Tag mit dem Fahrrad auf den Bosch-Campus in Renningen.

Pendlerströme

Verkehrsmittel: Sindelfingen zählt zu den stärksten Arbeitsmarktzentren in Baden-Württemberg: Fast ein Drittel aller Arbeitsplätze befinden sich in 15 Städten. Laut dem Statistischen Landesamt pendelten im Jahr 2017 werktags 52 614 Menschen in dieStadt ein. Auf Platz zwei steht Böblingen mit mehr als 29 000 Pendlern von außerhalb, in Leonberg sind es fast 14 000 und in Herrenberg nur 8500. In Weissach arbeiten fast 6800 Auswärtige, nach Renningen kommen mehr als 5400 Arbeitnehmer angefahren.

Pendler: Knapp 60 Prozent der Baden-Württemberger arbeiten an einem anderen Ort, als sie wohnen. Um zu ihrem Job zu gelangen, benutzten im Jahr 2016 laut dem Statistischen Landesamt 84 Prozent von ihnen das Auto, 13 Prozent fahren mit öffentlichen Verkehrsmittel und knapp drei Prozent bewegen sich zu Fuß oder mit dem Fahrrad fort.